Review Siebenbürgen – Loreia

Im Jahre 1994 erblickte Siebenbürgen das Licht der Welt. Benannt nach der Landschaft Rumäniens, die auch Transsylvanien genannt wird, ist das lyrische Konzept klar. „Vampyric Metal“ ist die Selbstbezeichnung des Stils, den die Schweden pflegen. Und obwohl ich solche Nischenbezeichnungen meist albern finde, in dem Fall trifft es den Punkt.Mit Gekrächze direkt aus dem Sarg eröffnet das erste Langeisen aus dem Jahre 1997 mit dem Namen „Loreia“. Der Opener „Vampyria“ macht schon mal klar, wo es lang geht: Düsterer Metal, zwischen Black und Gothic, angereichnet mit wahrhaft untoten Vocals im Wechselspiel mit weiblichem Sirenengesang. Besonders Ausschlag gebend ist hierbei die Gitarrenarbeit, die auf melodische Riffs mit Wiedererkennungswert legt. Sogar der Einsatz einer Geige dient zur atmosphärischen Untermalung.
„Nattens Väv“ zeigt etwas mehr Tempo, was sich aber im Allgemeinen nicht sonderlich ins Extrem begibt. Gelegentliche Blastparts oder Doom-Schlepper sind zwar nicht ungewöhnlich, aber dienen generell eher zur Auflockerung. Die Rifflastigkeit der Gitarren erinnert nicht selten an alte Heavy-Klassiker, doch überwiegend spürt man schwarzmetallische Kälte. „Mardröm“ liefert eines der besten Riffs, die ich bisher im Schwarzwurzelbereich gehört habe. Simpel und effektiv, die zahlreichen Wiederholungen bohren dieses Stück Musik tiefer und tiefer in den Gehörgang. Auch wenn man sich hier auf zwei, drei guten Ideen ausruht, gepaart mit Ehlins Grabesstimme zeigt sich einer der besten Songs der ganzen Karriere. „Ungentum Pharelis“ erinnert ab und an mit dem verstärkten Einsatz von Violinklängen dezent an Mittelaltercombos, auch der Frauengesang kommt hier nicht zu kurz. Wie Kollege Thorsten es einst beschrieb: Die Dame setzt ihre Stimme als Instrument ein, textlich überlässt sie fast alles dem Herren Ehlin. Stichwort Text: Die schwedischen Lyrics tun ihr Übriges, um die morbide Athmosphäre zu unterstützen, es klingt einfach noch eine spur finsterer, wenn das „R“ frostig gerollt wird. Mit „…Om Hösten Död“ zeigt sich wiederum eine Nummer, die sich mit erhöhter Geschwindigkeit eher dem klassischen Black Metal verschrieben hat. Aber auch das können die Schweden gut! Ohne stumpf oder ausgelutscht zu klingen, wird hier ein astreiner Blackie aus dem Arm geschüttelt, der auch mal starke Tempowechsel und Breaks bereithält. Der Titelsong wiederum lebt von der engelsgleichen Stimme Lovisa Hallsteds und getragener Rhythmik. Der Name dieses Liedes bezeichnet – wär hätte es gedacht – einen weiblichen Vampir. Ebenfalls eher ruhig beginnt „Att Dricka Någons Blod“, wo sich schnelles Riffing mit langsamem Schlagwerk paaren. Zum Schluss hört man ein Duett des Vokalistenpaares, eine tolle Mischung. Wieder eher traditionell zeigt sich „Vittring Av Liv“, geniales Highspeed-Griffbrett-Gewichse und zackige Drums, ja, das gefällt. Man merkt deutlich, dass die Band so ziemlich spielen kann, was sie will: Es klingt stets sehr düster und gekonnt, auch wenn sich die Songs mitunter stark voneinander unterscheiden. „Morgataria“ zum Beispiel enthält einen starken Chorus und auch wieder ein hervorragendes, tief schneidendes Riff. Auf fast sechs Minuten ausgedehnt, zeigen sich jedoch keine Längen, dafür sorgt die Band, indem sie zum Schluss das Tempo noch einmal anzieht und mit Chorelementen auftrumpft. Gänsehaut pur!
Das abschließende „Dödens Sömn“ versetzt den Hörer aber nicht in den namensgebenden Todesschlaf, sondern zieht alle Register düstermetallischen Könnens. Akustikgitarre und Backgroundgesang verdichten die ohnehin schon tiefschwarze Stimmung, einfach hervorragend.

Mit diesem Album haben Siebenbürgen eine Lücke in der schwermetallischen Musik gefüllt. Schwarz, melodisch, bedrohlich, romantisch, verträumt. Und das alles ohne elektronische Effekthascherei, es ist ein beeindruckendes Klangwerk gelungen. Dass man von produktionstechnischen „Schwächen“ absehen muss, ist bei einer jungen Band fast selbstverständlich. Und auch wenn man eine Bassdrum nur erahnen kann, der räudige Sound trägt seinen Teil zu diesem Werk bei. Die Frage nach Kreativität beantwortet sich nicht nur durch die neue Idee, Black Metal mit weiblichem Gesang und Violine zu bereichern; es sprechen auch die zahlreichen erstklassigen Riffs für sich. Dass viele Songs auf die gleiche Weise anfangen oder einige Breaks austauschbar wirken, ist zwar unübersehbar, aber es macht kein Lied kaputt. „Loreia“ ist ein Album, was hervorragend zu Kerzenschein und Zweisamkeit passt, aber auf keien Fall auf „Mädchenmetal“ reduziert werden darf.

Wertung: 8.5 / 10

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