Griechische Bands sind irgendwie rar gesät, jedenfalls kann ich mich nur an wenige Besprechungen und noch weniger positive Besprechungen aus dem unsere Nachrichten dominierenden Land erinnern. Umso erfreulicher ist es, mal wieder ein Album aus Hellas vorliegen zu haben, erst recht, da die äußere Aufmachung im sehr schön gestalteten Digipack schon mal ordentlich was her macht. Wollen wir also mal hören, was uns der griechische Ambient-/Black-Metal-Künstler Ayloss mit dem dritten Album „Sentinel“ seines Soloprojektes SPECTRAL LORE so bietet.
Schon die ersten Klänge machen deutlich: Das könnten verdammt lange 75 Minuten werden. Recht monotoner Blastbeat mit einer völlig verhallten, keifenden Stimme weit im Hintergrund ist nicht gerade die Art von Musik, die mich hinter dem Ofen hervorlockt. Doch die Gitarrenläufe werden zunehmend verschrobener, das Ganze löst sich auf und der Hörer findet sich in einem eher ruhigen, düsteren Klanggemisch irgendwo zwischen extrem verhallten Gitarrenriffs, Noise und Ambient wieder. Der Ansatz klingt recht vielversprechend, verliert sich aber auch recht schnell in völliger Beliebigkeit, was die Melodieführung oder Struktur angeht, sodass die penetrant programmierte und wild trommelnde Snaredrum hier nicht mehr viel an Atmosphäre zerstören kann. In den letzten vier Minuten des ersten Stückes verlieren sich dann noch ein paar Gitarrenmelodien im Rauschen von verzerrten Gitarren. SPECTRAL LORE bieten hier nichts, was man nicht so oder so ähnlich schon zigmal – und häufig deutlich besser umgesetzt – gehört hätte.
Leider sind die Schwächen des ersten Stückes sehr repräsentativ für die restliche Spielzeit. Trotzdem hat „Sentinel“ aber auch starke Momente: „The Dejection Of Arjuna“ wartet in der Mitte mit einem recht folkigen Gitarrenriff auf, das leichte Erinnerungen an Bathory weckt, und auch „Quest For The Supramental“ bietet mit recht düsteren, schleppenden Melodien eine wirklich schöne Atmosphäre. Über weite Strecken schafft es der Künstler jedoch nicht den Zuhörer zu fesseln. Da helfen auch die über 30 Minuten Spielzeit des abschließenden Tracks „Atlus (A World Within A World)“ nichts. 30 Minuten von auf Rauschen basierenden Klangkollagen, haben, z. B. eingebettet in Videoinstallationen, durchaus ihren Reiz. Auf diesem Album unterstreichen sie nur den missglückten Versuch künstlerischen Anspruch mit künstlerischen Fähigkeiten zu vereinen.
Ayloss gibt sich sichtlich Mühe mit SPECTRAL LORE etwas Besonderes, Tiefgründiges und Einzigartiges zu schaffen. Dass ihm dies trotz sehr gelungener grafischer Umsetzung nicht gelingt, lieg zum einen an der etwas sterilen und künstlich klingenden Produktion und zum anderen an der wahllosen Aneinanderreihung von mittelprächtigen Teilen, die weitgehend lediglich zwischen Ambient/Noise und Blastbeat in Kombination mit viel Hall wechseln. Die wenigen guten Ansätze lohnen keinen Kauf. Wer undergroundigen Black Metal liebt und gerne abseits der gewohnten Hörpfade unterwegs ist, kann natürlich auch hier mal ein Ohr riskieren.
Wertung: 3.5 / 10