Review The Locust – New Erections

Wenn es einer Band nach eigener Aussage um die Zerstörung der Musik im Allgemeinen geht, sollte einem klar sein, dass es die Band verdammt ernst meint. Und dabei könnte alles so lustig sein. Da hätten wir zum einen die grotesken Kostüme der Band aus San Diego. Bizarre Ganzkörpereiner mit starkem Insektentouch dominieren das Bild. Hier zeigt sich eindeutig, das der Vierer ganz übel einen an der Klatsche haben muss. Die Herren um Justin Pearson sind noch in einer ganze Reihe anderer ähnlich orientierter seltsamer und verstörender Bands aktiv, die Bekannteren dürften die mehr im Hardcore angesiedelten Some Girls oder die Death-Grind Kapelle Cattle Decapation sein. Das Hauptaugenmerk der Musiker dürfte allerdings auf THE LOCUST liegen. Man muss sich nur mal vor Augen halten das man auf Labels wie Mike Pattons „Icepac Recordings“ oder wie dieses neueste 2007er Machwerk „New Erections“ auf dem experimentellen Ableger des absoluten Edelpunklabels „Epitaph“ veröffentlichte und veröffentlicht. Dann dürfte einem gewiss sein, dass man es mit einer Krachtruppe zu tun hat, wie sie im Buche steht. Aber auch Niveau ist dann fast schon zu erwarten. Zum gesellschaftskritischen Ton gehören natürlich diverse Boykotte von diesem und jenem, sowie die dazugehörigen Texte. Man will aufzeigen wir kaputt diese Welt ist und diese provozieren. Spastisch wirkende Matchcore-Salben wechseln sich mit langsamen Industrialpassagen ab. Letztere unterstreichen die kraftvollen, eindringlichen Worte. Die Gitarre hat einen extrem verzerrten, und dadurch auch einmaligen Klang. Die komplexe Rhythmusarbeit passt zu dieser absurden Mischung. Und ehe man sich versieht ist der Spaß auch schon wieder vorbei, denn das Album geht nur 23 Minuten. Aber das ist immerhin das längste Album der Band-Geschichte. Der Titel „New Erections“ dürfte einigen Jungspünden noch schmutzig vorkommen. Das mit unzähligen Fallussymbolen im wahrsten Sinne des Wortes gut bestückte Cover unterstreicht die provozierende Attitüde. Ein interessantes musikalisches Konzept, kann dies aufgehen? Bringt dieses Noise-Kollektiv die Säulen der modernen Welt zum Einstürzen?

Diese Frage kann man leider nicht klar beantworten, da das Album eine verdammt zwiespältige Angelegenheit ist. Man ist wirklich verdammt nahe an der Kakophonie, was voll beabsichtigt ist, und die sie so auch sehr eigen, und leider auch eigenwillig macht. Im Aufzeigen einer unkoordinierten Welt ist die Band fantastisch. Aber: Muss dieser innovative Ansatz wirklich dermaßen unhörbar sein? Eine Band namens Fear before the march of Flames nutzt einen ähnlichen Ansatz, schafft dabei aber hörbare Werke. Noch im Opener „Aopotkin“, der am Anfang einem jedem Mathcore-Liebhaber ein breites Grinsen aufs Gesicht zaubern dürfte, taucht dieses langsame Dröhnen auf, und gebetsartig wird einem irgendwas vorgekaut. Beim ersten Lied mag man das verkraften. Aber genau dies zieht sich durch die komplette Platte, und nervt einfach. Die Gitarrenpassagen wie die eben erwähnte, gleich am Anfang des Albums, sind die klare Stärke der Scheibe. Durch den abrupten Wechsel in den Industrial gehen diese aber komplett unter, und kommen im Endeffekt sowieso zu selten vor. Hin und wieder mag die ein oder andere Elektroeinlage, ohne gesprochenes Wort, entspannend wirken, aber erstens hört man diese Platte wohl kaum zur Entspannung und dann entpuppen diese sich bei läppischen 23 Minuten Laufzeit als ärgerliches Füllmaterial. Neben dem Opener erweist sich “One Manometer Away from Mutually Assured Relocation” dank interessantem Spiel mit dem Rhythmus als echter Lichtblick. Und auch das letzte Liedchen „Tower of Mammal“ weiß zu gefallen, sogar in doppelter Hinsicht, denn es bedeutet ja immerhin das letzte Album des Liedes.

Als Fazit könnte man ziehen, dass sich The locust ihrem Ziel der Zerstörung der Musik wie wir sie kennen immer weiter nähern. Denn Sprechpassagen mit kaum hörbarer Untermalung geht kaum noch als Musik durch. Das Album lässt nicht den Hauch einer Emotion zu, und ist auch nicht wirklich aggressiv, sondern einfach nur kalt. Eine Zielgruppe spricht man auch nicht wirklich an, da reine Industrialhörer wohl von den wilden Rhythmen und Gitarrensalven entnervt werden würden, für Mathcore-Hörer ist hier zu wenig Musik im eigentlichen Sinne, und viel zu viel Geräusch. Für Masochisten, Leute die eintöniges Gerede fasziniert oder Menschen die aus Spaß den wilden städtischen Verkehr betrachten, könnte dieses Album eine echte Wohltat sein. Alle Anderen seien vor diesem Album gewarnt. Denn eine erfreulich experimentierfreudige Band, konnte leider keine neuen Extreme ausloten, sondern nur auf ganz hohem Niveau Nerven töten. Schade eigentlich, aber dies ging eindeutig mit Anlauf in die Hose.

Redakteur: Lukas Schildknecht

Wertung: 2 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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