Review Schelmish – Persona Non Grata

Nach sechsjähriger Pause ein rein mittelalterliches Album im Eigenvertrieb zu veröffentlichen, wenn man nicht gerade Corvus Corax heißt – eine mutige Entscheidung. Doch Schelmish beweisen auf „Persona Non Grata“, dass sich musikalische Experimentierfreudigkeit und auch mangelnde Perfektion gepaart mit unbändiger Spielfreude zu einem stimmigen Ganzen vereinen können.

Weniger authentisch und zeitgenössisch, sondern modern mit Rock-Schlagzeug und dominierenden Sackpfeifen vertonen die Schelme auf ihre eigene Art traditionelles Liedgut, größtenteils instrumental. Der bekannte „Saltarello“ wird dabei beispielsweise zum „Saltarello No. 666 ½“ aufgemotzt und erhält eine völlig neue Frische.
Obwohl die mittelalterliche Marktmusik als zentrales Element für „Persona Non Grata“ dient, scheuen sich Schelmish nicht vor Experimenten: Düstere Chorgesänge bereichern harmonisch neben dem Titeltrack (feat. Maite Itoiz) ebenso die Stücke „Abends wenn die Fremden beten“ und „Ouwe war“. So ein bisschen erinnert dies an die frühen Subway to Sally-Jahre Mitte der 90er – minus Gitarre und plus Dudelsack.
In anderen Stücken wie z.B. dem Abschluss „Quo vadis“ greifen die Westfalen zu Streichinstrumenten (u.a. mit Unterstützung von B.Deutung am Cello) und Flöten, wodurch sie völlig neue Facetten in ihrer Musik präsentieren, die man im Kontext der letzten rotzigen Rockalben nicht unbedingt erwarten konnte. Vereinzelt schimmern auf „Persona Non Grata“ sogar Keyboardsounds durch, doch diese wirken sehr künstlich und weniger stimmig.

Für weniger mittelalteraffine Hörer klingt die Platte oberflächlich betrachtet zu sehr nach einer losen Aneinanderreihung von instrumentalen Zwischenspielen, Intros oder Outros, was besonders am leider größtenteils fehlenden Gesang liegt. Leider in diesem Fall, da Schelmish bei den eben angesprochenen Songs beweisen, dass sie es anders können und dadurch völlig neue Wege möglich sind. So greifen die allermeisten Stücke – wie von vielen anderen Künstlern/CDs bekannt – auf ein instrumentales Hauptthema zurück, welches konsequent in leicht abgewandelter Form wiederholt wird. Ein beliebte Vorgabe vieler traditioneller Marktstücke, doch absolut ungeeignet für Genreneulinge und Gelegenheitshörer. Wer trotzdem ein Ohr riskieren will, sollte dies bei „Illuminatio“, „Lux lucet in tenebris“ oder „Luna pernocte“ tun, denn dort werden die stetigen Wechsel zwischen schnellen und langsamen Sackpfeifenrhythmen angereichert durch Bouzuki und/oder Tin Whistle.
Dass Schelmish insgesamt weniger steril und langweilig als andere Marktbands klingen, haben sie besonders ihrer charmanten und nicht totproduzierten Interpretation zu verdanken: Ab und an schleichen sich schiefe Töne ein, aber gerade durch diese kleinen Makel in Verbindung mit neuzeitlichen Sounds gerät „Persona Non Grata“ ansprechender als viele andere Werke von Genregrößen, an denen sich das Album durch seine Grundausrichtung messen lassen muss. Um Oasis zu zitieren: True perfection has to be imperfect.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert