Interview mit Kra Cillag von Neraeon

Die französischen Black-Metaller von NERAEON legten mit ihrem Debüt „N.H.S.H.“ ein Album hin, welches ganz in der Tradition des 90er-Black-Metal steht – nicht mehr, und nicht weniger. Und mehr wollte die Band laut Aussage des Sängers und Gitarristen Kra Cillag auch gar nicht. Was er sonst noch so über die Entstehung des Albums, den Inhalt der Texte und künftige Projekte zu erzählen hat, lest ihr hier.

Die meisten unserer Leser wissen vermutlich noch nicht viel von euch. Stell die Band und eure Musik doch bitte mal kurz vor.
Also, alles begann während des Winters 2016. Ich habe ein paar Gitarrenspuren aufgenommen, wofür ich meinen alten Computer verwendet habe. Es waren vor allem allein stehende Riffs und ein paar Experimente mit dem Klang. Diese Ideen wurden zu Songs, und in einem Moment war das Album geboren. Mit der Hilfe einiger Leute, die ich kenne, konnten wir es dann aufnehmen.
Das Hauptziel war, etwas zu haben, das nach 90er-Produktionen klang. Ein alter und massiver Sound, sehr rau. Ich bin so gelangweilt von heutigen Produktionen, die klingen alle gleich, sehen alle gleich aus… ich vermisse die „guten alten Tage“ wirklich. Ich wollte einfach ein Black-Metal-Album machen und für mich sollte Black Metal so klingen, um am besten zu sein. Ich denke aber nicht, dass ich alle heutigen Produktionen vollends hasse, ich mag die Musik unabhängig vom Jahr, in dem sie veröffentlicht wurde.

Ihr spielt eben ganz traditionellen Black Metal, wie du selbst beschreibst. Was bedeutet dir das Genre an sich? Gefällt dir einfach „nur“ diese Art von Musik, oder fühlst du dich da auch  zum Beispiel philosophischen oder ideologischen Aspekten verbunden?
Ich bin seit über 20 Jahren mit dieser Musik verbunden. Es ist schon etwas anderes, als etwa Death Metal zu hören. Das mag jetzt klischeehaft klingen, aber diese Musik führt mich durch das Leben, auch heute noch. Ich wuchs damit auf, all diese Bands zu hören und so fühlte ich mich am besten, umgeben von diesem „mystischen Nebel“, den es nirgendwo anders gab. Ironischerweise fand ich dort am meisten Leben und Menschlichkeit, womit ich reale Personen meine. Ich bin natürlich nicht blöd, ich weiß, dass Black Metal auch seinen Anteil an unseriösem Zeug hat, aber das interessiert mich nicht wirklich.
Und was die Philosophie angeht, weiß ich nicht wirklich etwas zu antworten, denn meistens, wenn Leute das fragen, zielen sie auf unsere Sichtweise über Kirchenverbrennungen, Morde, den Teufel ab… gewissermaßen die Frage, was Mainstream im Black Metal ist. Alles, was ich zu sagen habe ist, dass diese Musik eine wahre Bedeutung in meinem Leben hat, abseits von diesem medialen Blödsinn.

Um entsprechend bei der Musik an sich zu bleiben, was macht NERAEON deiner Ansicht nach anders als andere Bands dieses Genres?
Ich versuche gar nicht, anders zu sein, und ganz ehrlich, ich hab mich auch nie gefragt, was ich tun könnte, um das zu erreichen. Ich versuche nur, das zu erschaffen, was ich für Black Metal halte.

Und was hältst du dann von Subgenres innerhalb des Black Metal oder Mischformen mit anderen Genres? Beispielsweise DSBM, Progressive Black Metal oder Symphonic Black Metal?
Persönlich mag ich das progressive Zeug oder die Mischungen aus Black Metal und der „intellektuellen“ Szene nicht. Du weißt schon, all dieses Shoegaze-Black-Metal, Sludge-Black-Metal, Lofi-Black-Metal… ich muss aber zugeben, dass mir einige moderne Sounds gefallen haben, leider nicht auf lange Sicht. Es ist wie mit diesem Typ, der auf jeder Party zu finden ist, der immer versucht, dich dazu zu bringen, sich seine neuesten Entdeckungen aus dem Internet anzuhören, der typische „so etwas hat man noch nie gehört, also ist es zwangsläufig gut“-Typ. Man will dann nicht unfreundlich sein, also nimmt man sich die Zeit, es sich anzuhören, und es ist auch nicht schlecht, man genießt es vielleicht sogar, aber wenn man selbst dran ist, auszuwählen, spürt man die Notwendigkeit, „back to the roots“ zu gehen. Wie auch immer denke ich, dass es jede Menge gute Sachen in allen Black-Metal-Subgenres gibt, ohne eine spezielle Vorliebe oder eine bestimmte Band zu nennen.

Welche Bands oder Musiker würdest du als deine Favoriten und, beziehungsweise oder größten Einflüsse bezeichnen?
Von Motörhead bis zu Laibach. Genau so einfach ist das.

Ok, gehen wir weiter zu „N.H.S.H.“, eurem Debütalbum – Gratulation hierzu! Wofür steht zunächst der Titel und was bedeutet er?
Danke für das Feedback. „N.HS.H.“ steht für den Namen der Schlange „Nahash“ aus der Bibel. Dieser Name war sehr offensichtlich für mich und wer die Jewelcase-Version des Albums hat, kann im Booklet sehen, dass Nahash auch sehr präsent ist. Was die Bedeutung darüber hinaus angeht, lasse ich den Hörer seine eigene Sichtweise bilden.

Das Album hat sechs recht lange Songs. War es beabsichtigt, es so zu handhaben, anstatt mehrere kürzere Songs zu produzieren? Welche Vorteile siehst du in dieser Variante?
Das war absolut nicht beabsichtigt. Aber ich habe lange Nummern den kurzen schon immer vorgezogen. Ich nehme mir gerne Zeit, um in einen Song hineinzukommen. Es ist wie eine Reise, du hast viel Zeit, deine Emotionen zu entfalten, sie kommen zu sehen und zu empfinden. Ich bin mit dem Ergebnis des Albums sehr zufrieden, obwohl ich zugeben muss, dass manche Parts kraftvoller gewesen wären, wären sie kürzer. Das werde ich beim nächsten Album besser machen. Der Entstehungsprozess ist immer gleich, ich stelle Verbindungen her zwischen den Riffs, die ich geschrieben habe und denke über die Stimmung nach, die ich für den Song möchte. Ich mache mir nie Gedanken über eine minimale oder maximale Länge.

Und worum geht es in den Lyrics des Albums?
Geisteszustände, eine Mischung aus persönlichem und erfundenem Leben. Die Texte zu schreiben ist für mich so wichtig, wie die Musik zu schreiben. Und es ist deutlich mehr intim, deshalb spreche ich nicht wirklich über die Bedeutungen dahinter. In dieser Situation ist es einfacher, dem Hörer seine eigenen Interpretationen zu lassen, sogar die, die komplett falsch sind.

„N.H.S.H.“ wurde via Asgard Hass veröffentlicht, einem Schweizer Label. Wie funktioniert die Zusammenarbeit?
Es ist großartig! Der Chef des Labels ist ein echter Freund von mir geworden. Ich bin sehr stolz, dass NERAEON auf Asgard Hass sind. Es ist das erste Mal für mich, dass alles glatt läuft, keine Probleme, alles funktionierte von Beginn an. Wir haben echte und ehrliche Austäusche und Diskussionen.

Wie sieht das bisherige Feedback zur Platte aus?
Heutzutage ist es etwas schwierig, Feedback zu bekommen, da es jeden Monat so viele Releases gibt. Irgendwo sind wir halt nur ein weiterer Black-Metal-Release. Aber alle, die das Album gehört haben, gaben mir positive Rückmeldungen.

Was steht denn, nachdem das Album draußen ist, als Nächstes auf eurem Plan? Du hast ja vorher schon etwas von einem nächsten Album erwähnt…
Ich habe endlich das Line-Up aufgestellt, das ich wollte, und ja, wir schreiben Songs für das nächste Album. Momentan ist nicht der Songwriting-Prozess das Schwierige, sondern Zeit zu finden, uns zu treffen und zu proben.

Wie sieht es an der Live-Front aus?
Wie gesagt müssen wir Zeit zum Proben finden und auch andere Session-Musiker speziell für die Live-Sache, wenn es dazu kommt. Die einzige Sache, die sicher ist, ist die, dass wir nur Termine außerhalb Frankreichs akzeptieren.

Dann kommen wir zum Ende und schließen mit unserem Metal1-Brainstorming ab. Was kommt dir bei diesen Sachen in den Sinn?
Mayhem:
Burzum.
Französische Metal-Szene:
Recht gut, sie hat ihre eigene Persönlichkeit.
Alcest:
Molière.
Der Herr der Ringe:
Ich interessiere mich für gar nichts von Tolkien.
Dein französisches Lieblingsessen:
Schnecken und Frösche.
Kaffee oder Tee? 
Kaffee.

Die letzten Worte überlasse ich dir.
Wenn du es bis zum Ende des Interviews geschafft hast, bist du möglicherweise an unserer Musik interessiert. Nimm dir die Zeit, unsere Songs auf unserer Bandcamp-Page anzuhören. Und das Beste kommt erst noch!

https://www.facebook.com/neraeon.fr/videos/1391777740852737/

Publiziert am von Pascal Weber

Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

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