Interview mit Jim Sheppard von Nevermore

Für den ein oder anderen Fan veröffentlichen NEVERMORE mit „The Obsidian Conspiracy“ ihr Opus magnum. Zweifellos Grund genug, ein Interview mit Warrel Dane zu führen, auf den die Fragen als Sänger und Songschreiber zugeschnitten waren. Kurz vor dem Telefonat bekamen wir aber mitgeteilt, dass Dane verhindert sei und deswegen Bassist Jim Sheppard Rede und Antwort stehen würde. Und obwohl dadurch die Hälfte der Fragen entfiel, konnte Sheppard einen sympathischen Zwischenstand zu NEVERMORE bieten.

Hi Jim, danke, dass du für Warrel eingesprungen bist. Wie geht es dir?
Ja, es geht mir gut. Wir haben viele coole Shows gespielt, hatten eine Menge Spaß und ich bin bei guter Gesundheit, was will man mehr.

Seid ihr nur für die Interviewtage nach Deutschland geflogen, oder wart ihr sowieso hier in der Gegend?
Ne, also wir spielen hier eigentlich Festivals und haben uns dann entschieden, das dann gleich mit diesen Interviewtagen zu kombinieren.

Wie läuft Songwriting bei Nevermore generell und im Speziellen für „The Obsidian Conspiracy“ ab? Also wann wurden die ersten neuen Songs geschrieben, wann wart ihr im Studio usw.?
Nun, es ist ja bekannt, dass wir eine ziemlich lange Pause gemacht haben, in welchen Jeff und Warrel mit ihren Soloprojekten beschäftigt waren. Als sie damit fertig waren fingen sie direkt wieder an neue Songs fürs Album zu schreiben, ich glaube, das war so vor anderthalb bis zwei Jahren. Und im Studio waren wir letzten Sommer, in North Carolina, Nashville und Seattle, das war also ein ziemlich langer Prozess.

Aber gelohnt hat es sich!
Ja, wir sind sehr zufrieden damit. Wir haben das Schlagzeug in Seattle aufgenommen, die Gitarren und Teile der Bass- und Gesangslinien haben wir in Nashville gemacht. Also eigentlich haben wir zuerst in North Carolina Gesang Bass und Gitarren zum Teil aufgenommen und das dann in Nashville fertig gemacht.

Führt der Umstand, dass Jeff und Warrel beide sehr selbstbewusste Songwriter sind manchmal dazu, dass beim Songwriting Konflikte entstehen?
Nein, die passen schon sehr gut zusammen. Ich glaube über die Jahre haben das Songwriting immer weiter gemeistert und es wird für sie immer einfacher, etwas zu schreiben. Ich bin ja auch zum Teil am Songwriting beteiligt, dieses mal allerdings nicht, da mich gesundheitliche Probleme davon abgehalten haben, irgendetwas beizutragen. Dementsprechend habe ich von der Musik nicht viel mitbekommen, bevor wir ins Studio sind und ich dachte mir nur „Oh mein Gott! Was habt ihr da wieder zusammengebaut?!“ Ich finde, das Material geht diesmal sehr flüssig ineinander über, also die Songs passen alle sehr gut zusammen, da haben sie sehr gute Arbeit geleistet.

Obwohl Andy Sneap wieder für den Mix zuständig war, hat die Produktion diesmal Peter Wichers übernommen. Wie kam es dazu und wie macht es sich im Endeffekt bemerkbar?
Peter Wichers hat schon mit Warrel an seinem Solo-Album gearbeitet und wir fanden seine Arbeit da so gut, dass wir uns entschieden haben, auch mit ihm aufzunehmen. Leider hat der Aufnahmeprozess deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen, als wir erwartet hatten. Deshalb mussten wir eben nach Nashville gehen, um das Ganze mit einem anderen Produzenten fertig zu machen, Andy Gibson. Bob Waters, ein Freund von uns, war auch dabei, und sie haben das dann eben fertig gemacht. Ursprünglich wollten wir Andy Sneap als Produzent haben, aber der hatte nichts frei und bei uns hat die Zeit langsam gedrängt. Nachdem wir ihn aber trotzdem irgendwie dabei haben wollten, hat er den Mix übernommen.

Was, würdest du sagen, hat sich musikalisch im Vergleich zu „This Godless Endeavor“ verändert?
Ich denke die Songs klingen deutlich simpler als zuletzt, wenn man sie oberflächlich hört, aber wenn man sich wirklich mit dem Zeug beschäftigt merkt man, dass sie ziemlich technisch sind. Ich finde, Jeff hat da großartige Arbeit geleistet, diese technischen Riffs in eine „simplere Form“ zu packen. Und Warrel hat, als er sein Soloprojekt gemacht hat, ganz anders gesungen als davor, und ich glaube, er hat die guten Aspekte mit zu Nevermore gebracht, gerade, was den melodischen Bereich angeht, klingt er noch stärker als davor.

Ist „The Obsidian Conspiracy“ ein Konzept-Album, und wenn ja, worum geht es?
Es ist nicht wirklich ein Konzept-Album, aber… Das ist halt eine Frage, die für mich schwer zu beantworten ist, weil ich die Texte ja nicht schreibe. Warrel legt die Texte so an, dass sie für jede Person etwas anderes bedeuten können. Wenn ich mir das Zeug anhöre, klingt es für mich wie sehr atmosphärischer, finsterer Stoff. So wie ich es wahrnehme, ist es eine Prophezeiung einer ziemlich dunklen Zukunft.

Ihr haben einen neuen Gitarristen namens Attila Vorosch verpflichtet. Wie läufts mit dem, und ist er der Richtige für die Zukunft?
Das hoffe ich, er spielt wirklich großartig. Er kam von Budapest, Ungarn an die Westküste Amerika, um sich Nevermore anzuschließen. Er spielte auch mit Warrel auf seinem Soloprojekt. Ich habe auf der anschließenden Tour so ein Mittelding aus Merch-Mann und Tourmanager gemacht, und habe die Shows dementsprechend jeden Abend gesehen. Nach der zweiten oder dritten Show habe ich unsern Gitarristen Jeff angerufen und ihm gesagt, dass wir die Suche nach einem neuen Gitarristen beenden können, er steht vor mir auf der Bühne. Und sein Name war Attila, wir nennen ihn den „Killer“ (lacht). Und er passt wirklich gut in die Band, er ist jung und hat Bock auf die Musik. Ich hoffe wirklich, dass er bis zum Schluss dabei bleibt.

Nevermore ist heutzutage eine Band, die vielen anderen jungen Truppen als Inspiration dienen dürfte. Aber was waren die Bands, die euch damals dazu gebracht haben, mit dem Musik machen anzufangen?
Hm, das ist eine ziemlich weite Spanne. Warrel ist ja ein bisschen älter als wir, bei ihm waren es Iron Maiden oder Black Sabbath. Jeff bringt da eher neuere Einflüsse, bei ihm sind es Sachen wir Pantera. Wir haben alle verschiedene Einfüsse im Metal, aber gleichzeitig hören wir viel Musik außerhalb des Metal, was unserer Musik viele verschiedene Facetten hinzufügt.

Eine Person, die auf jeden Fall als Inspiration gedient haben könnte, war Ronnie James Dio, der am 16. Mai verstarb. Was waren deine ersten Gedanken, als du von seinem Tod hörtest?
Unser Tourmanager in Amerika, ein guter Freund von uns, war auch ein sehr guter Freund von Dio, und auch dessen Tourmanager. Als ich davon hörte, musste ich daran denken, wie ich Dio in Seattle getroffen habe. Und Dio war so höflich, wirklich ein sehr netter Kerl, hat mir die Hand geschüttelt und „Es ist mir eine Freude, dich kennenzulernen.“ und viele solche Dinge gesagt. Dio war eine Person, auf die man wirklich stolz sein kann, er hatte so eine lange Karriere und hat so viele großartige Dinge gemacht, mit Black Sabbath oder Dio. Es ist traurig, dass viele Leute erst jetzt, durch seinen Tod, auf ihn aufmerksam werden. Wir werden vermutlich irgendetwas Tribute-mäßiges am Bang Your Head-Festival machen.
Als wir davon gehört haben, hat Warrel in der selben Nacht „Heart Collector“ Dio gewidmet, und das hat so gut funktioniert, dass wir den nun auf jeder Show der Tour spielen.

Fast sind wir durch. Könntest du uns vielleicht noch deine Meinung zu den Umständen sagen, die zur Ölkatastrophe am Golf von Mexiko führte, und wie wichtig ist dieses Thema in den US-Medien?
Nun… Ich glaube, das reicht ein bisschen dahin zurück, als Warrel anfing, „The Obsidian Conspiracy“ zu schreiben. Obsidian ist ein dunkles, vulkanisches Gesteinsglas, und kaum hatten wir die Aufnahmen fertig, gab es eine Vulkanaschewolke und eine Ölpest…
Mir kommt das alles ein bisschen fragwürdig vor. Die Bush-Regierung war irgendwie beteiligt, weil sie BP in den Golf gelassen hat. Was mich an der ganzen Sache wirklich ärgert ist, dass wir so viel Zeit verschwendet haben, in der wir das Leck um jeden Preis hätten stopfen müssen, aber anstattdessen lassen wir BP weiter nichts tun, und das Loch ist immer noch offen.Und irgendwie passt es alles zur Atmosphäre des Albums und ich denke mir dauernd Warrel, du dummer Arsch, wenn du aufhörst, über dieses Zeug zu schreiben, vielleicht passiert es dann auch nicht. Es passt schon irgendwie, es ist traurig und tragisch und irgendwie ein Vorbote, was noch alles auf uns zukommen wird, wenn wir nicht anfangen, und umzustellen. Ich glaube, das ist das, worauf Warrel mit den Texten des Albums hinaus will, er will eine Warnung aussprechen.

Gut, dann wären wir soweit fertig. Jim, danke dir für die Beantwortung meiner Fragen!
Kein Problem, gerne, ich hoffe, ich konnte Warrel gut ersetzen, und danke dir auch fürs Interview.

Publiziert am von Marius Mutz

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