Klimawandel und Krieg, Rassismus, Hass und Ausbeutung: Tagtäglich werden wir mit negativen Nachrichten aus aller Welt bombardiert. Doch so wichtig es ist, sich mit diesen Problemen auseinanderzusetzen, so wichtig ist es auch, das Positive im Blick zu behalten. Neben dem oft bitter nötigen „Eskapismus durch Musikgenuss“ bietet die Metal-Szene hierfür (bei allen nicht zu leugnenden Problemen) jede Menge tolle Projekte. In unserer Interview-Serie „HEAVY … aber herzlich!“ stellen wir euch sozial, ökologisch oder politisch engagierte Vereine, Veranstaltungen und Personen vor, die uns Mut und die Welt zu einem besseren Ort machen.
Für Teil 6 dieser Reihe sprachen wir mit Sylvain Demercastel, der gemeinsam mit Megadeth-Drummer Dirk Verbeuren die Band SAVAGE LANDS als Non-Profit-Organisation ins Leben gerufen hat, um Aufmerksamkeit und Spendengelder für das gleichnamige Umweltschutzprojekt einzuwerben.
Mehr Informationen zu SAVAGE LANDS findet ihr unter www.savagelands.org, sowie auf Facebook und Instagram.
Vielleicht kannst du dich zunächst ein vorstellen und uns erzählen, wie es zu deinem Projekt SAVAGE LANDS gekommen ist?
Ich bin Sylvain Demercastel. Ich bin Musiker und seit langem auch Umweltschützer. Ich will keine Zahlen nennen. (lacht) Ich habe so ziemlich mein ganzes Leben lang Metal gespielt und war in den 1990er Jahren in einer Band mit Dirk [Verbeuren; Anm. d. Red.], und jetzt ist er bei Megadeth. Nachdem ich lange Zeit keine Musik mehr gemacht hatte und mich nur noch mit Umweltthemen beschäftigt hatte und mit angesehen habe, wie die Welt untergeht, hatte ich die Idee, mich wieder mit Dirk zu treffen und zu versuchen, etwas zu machen, das einen Fuß in der Metalszene und einen Fuß im Wald und im Artenschutz hat. Er fand die Idee sofort gut und wollte, dass wir uns gleich einen Namen überlegen. Er kam auf die Idee mit „SAVAGE“ und ich auf die Idee mit „LANDS“. So fing es also an, SAVAGE LANDS. Wir hätten nicht gedacht, dass es uns so schnell so weit bringen würde, aber ja, das war anfangs eine ziemlich einfache Idee.
Damit sind wir auch schon mitten im Thema. SAVAGE LANDS ist sowohl eine Band als auch ein Umweltprojekt. Was kam zuerst oder war es von Anfang an als diese Kombination angedacht?
Der Umweltschutz war zuerst da. Die Band war nicht wirklich eine Idee. Ich meine, wir wollten die Szene und die Musiker ansprechen, und natürlich war das mit Dirk und seinen Kontakten etwas, worüber wir nachdachten. Aber der Gedanke war eher, dass es cool wäre, wenn wir ein paar Leute zusammenbringen und ein paar Songs schreiben und etwas auf die Beine stellen könnten. Damals hatte ich schon wieder mit der Musik angefangen und komponierte zum Spaß wieder. Ich schickte die Songs an Dirk und er fand das Material cool und wollte direkt loslegen. (lacht) Ganz easy! Ich habe mit [Sebastian] Poun, dem Sänger von Black Bomb A, damals eigentlich an etwas völlig anderem gearbeitet. Das war noch vor SAVAGE LANDS. Aber dann habe ich zu Poun gesagt, OK, Dirk mag die Musik … vielleicht sollten wir sie als Kernstück von SAVAGE-LANDS verwenden, anstatt darauf zu warten, dass jeder verfügbar ist. Große Künstler sind sehr beschäftigt, weißt du. Wir hielten es für eine gute Idee, die Musik bereitzustellen, zumindest die Basis, und dann anderen Leuten anzubieten, sich zu beteiligen. So hat es angefangen.
Lass uns über die Band später sprechen und erst einmal tief in das Thema Umweltschutz eintauchen. Du hast uns bereits erzählt, dass du dich dahingehend schon sehr lange engagierst. Was hat dich dazu gebracht, was war die Initialzündung für dein Engagement?
Ich glaube, das ist der springende Punkt: Womit fängt es an, dass man eine Verbindung zur Natur hat? Und warum willst du etwas tun, um die Natur zu erhalten? Warum ist es wichtig? Ich glaube, das beruht auf persönlichen Erfahrungen, auf etwas, das nicht in den Büchern steht. Für mich war es wahrscheinlich eine ganz einfache Kindheitserfahrung. Ich verbrachte meine Ferien mit meiner Familie auf dem Land, meine Tante nahm mich mit dem Fahrrad mit nach draußen, um Schmetterlinge zu fotografieren … ganz einfache Dinge also, schöne Erinnerungen aus der Kindheit. Dann las ich Bücher und sah Dokumentarfilme und so weiter und beobachtete, wie sich die Dinge veränderten. Als junger Erwachsener will man die Welt verändern. Also geht man in eine Bewegung, und genau das habe ich getan. Ich habe in den späten 1980er Jahren angefangen, Aktivist zu sein, neben meinem Dasein als Metalhead. Es war also schon immer da. (lacht) Aber ja, ich denke, das Wichtigste ist diese Verbundenheit. Mehr als Technologie oder Wissenschaft oder was auch immer. Man muss eine Verbindung zur Natur haben.
Glaubst du, dass zu viele Menschen heutzutage diese Verbindung zur Natur verloren haben – ist das ein Teil des Problems, das wir heute sehen, dass zu viele Menschen sich überhaupt nicht mehr für die Natur interessieren?
Ja, das ist wahrscheinlich eine der Erklärungen. Einige Umweltschützer vermitteln das Thema aber auch nicht auf die richtige Weise, zumindest aus meiner Sicht. Meistens haben die Leute nämlich das Gefühl, dass man ihnen sagt, was sie tun sollen, was sie nicht tun sollen, was sie kaufen sollen, was sie nicht kaufen sollen, weniger CO₂ verbrennen, weniger Fleisch essen, bla, bla, bla. Das wirkt eher wie Gängelung. Deshalb sprechen wir bei SAVAGE LANDS zum Beispiel auch nicht über CO₂. Wir versuchen, etwas Positiveres und dennoch sehr Wichtiges zu vermitteln: Wenn man Menschen dazu bringt, einen Baum zu pflanzen oder den Erwerb eines Waldes zu finanzieren, und ihnen dann Inhalte vermittelt, ihnen zeigt, was dort geschieht, fühlt sich die Person sofort gut und der Sache verbunden. Es ist keine Bestrafung, sondern eine positive Handlung. Das ist der erste Schritt – und darauf können wir dann aufbauen. Ich meine, Umweltbewegungen gibt es schon sehr lange. Und welche Ergebnisse haben wir erreicht? Ich will niemandem die Schuld dafür geben, aber vielleicht müssen wir andere Wege finden. Ich sage auch nicht, dass diese Initiativen nicht nützlich sind. Alles ist nützlich, radikale Bewegungen genauso wie erzieherische Initiativen. Aber mein Ziel ist es nicht, die Leute zu überzeugen, die bereits überzeugt sind. Ich will nicht mit Leuten reden, die genauso denken wie ich. Ich möchte lieber versuchen, Menschen zu überzeugen, die auf der völlig anderen Seite stehen. Denn nur so kann man etwas verändern.
Ja, auf jeden Fall. Das ist sicher die größte Herausforderung. Wenn wir also heute über SAVAGE LANDS sprechen, wie sieht es hinter den Kulissen aus, wie viele Leute arbeiten für SAVAGE LANDS? Du allein, oder sind es 10, 100 Leute?
Nein, nein, nein, da bin nicht nur ich. Sonst wäre ich schon tot. (lacht) Es sind schon seit einer Weile ein paar Leute. Es gibt das amerikanische SAVAGE LANDS, das ist das Mutterschiff, Dirk und ich. Und jetzt haben wir den europäischen Ableger gegründet, mit Sitz in Frankreich. Wir haben ein Team, und wir sammeln weitere Leute. Wir haben jetzt ein Orientierungskomitee eingerichtet, das ist eine Art Lenkungsausschuss.
Wir haben auch Künstler, die uns sehr nahe stehen, wie Heilung, die uns übrigens 1 Dollar pro verkauftem Ticket geben, was eine sehr schöne Geste ist. Sie sind auch sehr engagiert, weshalb sie in den Lenkungsausschuss berufen werden. Und noch etwas Wichtiges … das haben wir in Costa Rica getan, und das tun wir jetzt in Frankreich: Wir versuchen, eine Koalition mit anderen Nichtregierungsorganisationen zu bilden. Ich freue mich sehr, denn ich habe es schon fast geschafft, vier französische Non-Profit-Organisationen davon zu überzeugen, sich uns unter dem Banner „Army Of The Trees“ anzuschließen. Gemeinsam werden wir Metal-Wälder schaffen. (lacht) Das ist ziemlich cool, weil die nichts mit Metal zu tun haben, aber sie fanden cool, was wir ihnen präsentiert haben, und sie wollen sich verbünden. Und das ist das Wichtigste, was wir erreichen wollen – eine Art Bewegung zu schaffen, bei der die Leute gerne mitmachen und die immer größer und effizienter wird. Das ist der einzige Weg, denn selbst wenn wir wachsen, können wir nicht alles tun, was getan werden muss, also müssen wir andere Menschen und andere Organisationen mit ins Boot holen.
Der Start eines solchen Projekts ist wahrscheinlich der schwierigste Teil, weil man erst einmal Kontakte knüpfen muss. Was würdest du sagen, sind die größten Schwierigkeiten oder Hürden, die ihr bei diesem Projekt bisher überwinden musstet?
Nun, tatsächlich hatten wir Beziehungen, dank Dirk, und ich habe eine Menge Hintergrundwissen zu diesem Thema. Wenn die Leute uns also treffen, haben sie beide Seiten, sie haben den berühmten Künstler und seine Connections, und sie haben den Typen, der ernsthaft über die Umwelt sprechen kann und keinen Unsinn redet … hoffe ich zumindest. (lacht) Wir haben also „Verführungspotenzial“, würde ich sagen, weil wir anders sind. Wir sind nicht einfach nur die nächste Umweltorganisation. Wir sind Metalheads, wir sind Musiker, und wir nutzen Musik … wir sind die erste gemeinnützige Organisation, die von einem Plattenlabel unter Vertrag genommen wurde, das ist schon was! Das bedeutet, dass die Einnahmen aus jedem verkauften Album direkt an die gemeinnützige Organisation gehen: Es geht nicht an eine Band, die dann einen Anteil abgibt, sondern die Non-Profit-Organisation ist die Band. Das macht uns im Moment ziemlich einzigartig, und das ist wahrscheinlich unsere Stärke. Ich hoffe, dass wir dadurch mehr Leute ansprechen können, denn das wird uns helfen, auf dem Schlachtfeld mehr zu erreichen.
Was war aus deiner Perspektive bisher der größte Erfolg, den du mit SAVAGE LANDS als Projekt erzielt hast?
Zunächst einmal sind wir nicht die Art von Organisation, die mit Zahlen um sich werfen will, denn davon gibt es genug. Manche tun Gutes, aber manche machen auch nur Mist. Manche behaupten zum Beispiel, sie würden eine Milliarde Bäume pflanzen. Die französische Regierung gibt das vor. Sie pflanzen zwar Bäume, aber sie kümmern sich nicht weiter darum. Wenn dann 50% oder 80% der Bäume absterben, ist das nur Greenwashing. Wir sind eher daran interessiert, etwas zu tun, das sehr inspirierend und symbolträchtig ist, anstatt mit Zahlen um uns zu werfen, die keine Bedeutung haben. Eine der Sachen, auf die wir wirklich stolz sind, ist, dass wir uns ein Stück Land in Costa Rica durch eine ökologische Dienstbarkeit gesichert haben. Das bedeutet, dass wir etwas Geld in das Land von jemandem stecken – gar nicht so viel, weißt du – und uns damit gewisse Rechte an dem Wald sichern. Wir werden das nun auch in Frankreich tun und sind in Kontakt mit verschiedenen Organisationen. Im Grunde genommen werden wir also Waldstücke in Frankreich und bald auch in anderen Ländern kaufen – ich würde das gerne auch in Deutschland tun!
Ich würde gerne kommen und zum Beispiel die Leute vom Wacken treffen, weil ich sicher bin, dass sie ähnlich wie das Hellfest mit uns zusammenarbeiten und Projekte mit der Metal-Community starten könnten. Aber worauf wir grundsätzlich wirklich stolz sind, ist, dass wir die Metal-Community angesprochen haben und dass wir Resonanzen bekommen haben. Und wir haben tolles Feedback von Künstlern und vom Publikum bekommen! Das ist etwas, was uns stolz macht, weil wir aus dieser Community kommen, und es ist eine sehr gute Community für dieses Projekt.
Was diesen Kauf von Landnutzungsrechten angeht, oder besser gesagt den Kauf des Rechtes, das Land nicht zu nutzen, klingt das natürlich zunächst toll. Das tun viele der Projekte, die du als „geenwashing“ bezeichnest, aber auch. Wie stellt ihr sicher, dass die Verträge eingehalten werden, dass die Bäume auf diesen Flächen also wirklich sicher sind und nicht illegal gerodet werden?
Also zunächst einmal ist das eine offizielle Sache, es ist kein Handschlag-Deal, sondern rechtlich abgesichert. Aber du hast Recht, man muss immer aufpassen, was man tut. In Frankreich wird es einfacher sein, weil es dort ein Gesetz gibt – wenn der Typ Geld annehmen und dann die Bäume fällen würde, bekäme er eine wirklich hohe Strafe. Aber das Wichtigste ist, dass man sich mit anderen Organisationen zusammenschließt, denn eine Organisation kann nicht alles alleine machen. Deshalb nennen wir es die „Army Of The Trees“: Wir müssen auf jeden Fall eine Armee von Menschen und Organisationen aufstellen und unsere Augen überall haben, sowie immer neue Ideen und Projekte umsetzen.
Du hast völlig Recht, das ist das Wichtigste. Andernfalls würden einige Projekte wirklich zu Ergebnissen führen, wie das, von dem ich erzählt habe: dass die französische Regierung eine Milliarde Bäume pflanzt … aber was nützt das, wenn die Bäume nach zwei Jahren sterben? Das Follow-up ist also der wirklich wichtige Teil, und das wird oft vergessen. Wenn du zum Beispiel 50 Dollar spenden willst, fragst du mich: Wie viele Bäume wirst du dafür pflanzen? Einige Organisationen werden sagen, dass sie damit fünf oder zehn Bäume pflanzen können. Ja, das stimmt, wenn man sie einfach nur pflanzt. Aber das bedeutet nicht, dass sie überleben werden. Ich würde dir sagen, dass wir vielleicht zwei Bäume pflanzen und uns dann darum kümmern, denn es kostet viel Geld, die Bäume zu bewässern, den Boden um sie herum zu säubern, wenn sie jung sind, weil sie sonst von anderen Arten überwuchert werden könnten … deswegen ziehe ich es vor, auf spezifischen Projekten zu bestehen, sehr inspirierenden Projekten mit den richtigen Leuten. Wir haben uns zum Beispiel mit Jane Goodall verbündet – sie ist eine Ikone des Umweltschutzes, und ich glaube, dass ein kleineres Projekt mit Jane Goodall mehr Wirkung hat als ein größeres Projekt im Alleingang. Das ist der Grundgedanke.
Aber arbeitet ihr auch mit Einheimischen zusammen, etwa in Costa Rica? Ich schätze, die Einbindung der Menschen, die in dem Gebiet leben, das ihr schützen wollt, ist ein sehr wichtiger Faktor für den Erfolg?
Genau, das ist sehr wichtig. Ich habe gerade über die Projekte gesprochen, die wir mit Jane Goodall starten werden: Eines davon ist in Frankreich und eines in Afrika. Bei zweiterem geht darum, in Burundi einen biologischen Korridor zu schaffen. Besonders in Ländern, in denen die Menschen nicht viel Geld haben, ist es sehr wichtig, die lokale Wirtschaft mit einzubeziehen. Manchmal geht es bei einem Projekt also nicht nur um die Natur, sondern auch um die Menschen, denn wenn die Menschen kein Geld haben und nicht genug zu essen, werden sie natürlich die Tiere töten oder das wertvolle Holz verkaufen. Das wissen wir. Die Frage ist also berechtigt, und es ist sehr wichtig, beides zu tun und die Menschen mit ins Boot zu holen. Auch hier geht es um die emotionale Bindung. Sobald die Menschen etwas tun und Zeit in ein Projekt investieren, fällt es ihnen schwerer, es zu zerstören. Insofern ist das wirklich ein sehr wichtiger Aspekt.
In Costa Rica gibt es ein Problem mit der Gentrifizierung – reiche Leute ziehen dorthin und die Grundstückspreise steigen. Eine Idee wäre also, dass wir, SAVAGE LANDS und andere Organisationen, Geld sammeln, um ein größeres Gebiet zu kaufen, sagen wir 100 oder 500 Hektar, um daraus ein Naturreservat zu machen – aber auch einen Teil dieses Gebiets zu nutzen, etwas Land zu roden, um es zu einem sehr niedrigen Preis an die lokale Bevölkerung zu verkaufen, exklusiv und natürlich mit einem Schutzabkommen, und zu versuchen, sie in den Prozess einzubeziehen. Natürlich wollen wir keinen Teil dieses Gebiets zerstören, aber das wäre eine Möglichkeit, dem Land etwas zurückzugeben und den Menschen zu zeigen, dass die Umwelt ihnen helfen kann. Ich denke, das wäre ein sehr symbolträchtiges und wichtiges Projekt.
Wir haben jetzt viel über Costa Rica gesprochen. Welchen Bezug hast du persönlich zu Costa Rica oder warum hast den Fokus auf dieses Land gelegt?
Das war nur der Anfang, wir werden natürlich weiter sehr aktiv sein. Nächstes Jahr werden wir viel in Europa machen. Aber Costa Rica war schön. Erstens lebe ich schon lange dort und die Gesetzgebung dort hat uns geholfen. Es ist dort einfacher als in Europa, wo der Verwaltungsaufwand sehr hoch ist.
In Deutschland habt ihr diesbezüglich wahrscheinlich die gleichen Probleme wie wir in Frankreich. Es war also einfacher und kostengünstiger, in Costa Rica zu arbeiten. Und es hat auch Symbolcharakter. Außerdem gibt es eine Sache, die ich immer wieder anspreche, wenn mir jemand sagt, dass wir etwas in Europa machen müssen, damit die Leute das Gefühl haben, dass wir auch hier etwas tun, ganz in ihrer Nähe. Dem stimme ich zu, aber wir dürfen nicht vergessen, dass Biodiversität rund um den Planeten existiert, und der tropische Wald enthält mehr Arten pro Quadratmeter als der europäische Wald. Wir müssen das natürlich auch in Europa machen – aber die Arbeit in den Tropen hat eine ganz eigene Wichtigkeit.
Wird es einfacher oder schwieriger für euch, wenn ihr euch nicht mehr nur auf Costa Rica konzentriert, sondern an Projekten rund um den Globus arbeitet? Bedeutet das nicht auch viel mehr Verwaltungs- und Organisationsarbeit?
Das muss nicht sein. Wenn man so wächst, muss man natürlich auch die richtigen Leute finden, aber dann hat man auch mehr Möglichkeiten. Die Koalition mit anderen Non-Profit-Organisationen, von dem ich vorhin gesprochen habe, wird uns zum Beispiel helfen, weil jede von diesen Organisationen ein Spezialgebiet hat. Eine von ihnen kauft landwirtschaftliche Flächen und ist auf die Wiederaufforstung solcher Flächen spezialisiert. Die andere kauft Wälder wegen ihrer Bedeutung für die biologische Vielfalt. Wir werden also mit allen zusammenarbeiten, sie werden Projekte einbringen und uns bei der Verwaltung der Projekte helfen. Ich glaube also, je mehr wir wachsen, desto einfacher wird es. Am Anfang war es schwer, weil es nur Dirk und mich gab und wir alles machen mussten, aber mit der Unterstützung von Umweltschützern, Musikern und Freunden wird es tatsächlich … ich will nicht sagen „einfach“ (lacht), aber es hat tatsächlich mehr Potenzial.
In den USA erleben wir unter dem Trump-Regime einen alarmierenden Rückschritt jeglicher Form des Naturschutzes von politischer Seite. Und das ist keineswegs nur ein amerikanisches Problem. Wir sehen einen ähnlichen Trend in vielen Ländern, die ihre Klimaziele der Wirtschaft opfern oder Investitionen in den Naturschutz kürzen, statt die Mittel zu erhöhen. Kann eine Nicht-Regierungsorganisation etwas erreichen, wenn die Regierungen solche Bemühungen unterminieren? Wie kann man positiv auf das schauen, was man im Kleinen erreicht, wenn man im Großen das Gefühl bekommen könnte, dass die ganze Welt brennt?
Wenn ich ehrlich bin, bin ich nicht wirklich optimistisch. Aber wir müssen ehrenhaft kämpfen. (lacht) Die Sache mit Trump … natürlich geht das nicht in die richtige Richtung, aber manchmal hat es auch den gegenteiligen Effekt, denn es könnte einige Leute aufwecken, Leute, die geschlafen haben. Ich denke auch, dass diese Sache mit Kanada, dass er will, dass Kanada ein Teil der Staaten wird … vielleicht ist das so, weil er weiß, dass die globale Erwärmung und der Klimawandel real sind und sie nach Norden ziehen müssen. Das könnte es sein. Sie wollen es nicht aussprechen, aber sie beharren so sehr darauf … sie können nicht so dumm sein. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es darum geht. Wenn man sich ansieht, was jetzt mit der Ukraine passiert: Es geht nur um die Ressourcen. Wie auch immer, was auch immer passiert – es geht nicht darum, ob wir erfolgreich sein werden oder nicht, sondern darum, dass wir nicht untätig bleiben können. Die Zeit, in der man nur jammert und kritisiert, ist vorbei. Lange Zeit haben Künstler das getan, Dinge angeprangert und so weiter. Jetzt müssen wir handeln. Es liegt in unser aller Verantwortung – und man muss ja auch nicht den ganzen Tag agieren. Auch deshalb gibt es SAVAGE LANDS. Der Typ, der einfach nur zu unserer Musik headbangen will, hilft schon, denn die ganzen Tantiemen, wennschon das nicht viel ist, gehen an die Non-Profit-Organisation. Lasst uns handeln! Lasst uns aufhören, Fragen zu stellen und Ideen zu zerreden. Ich sehe so viele Umweltbewegungen, die miteinander streiten: Nein, ihr liegt falsch, wir sollten dies tun, wir sollten das tun. Kommt schon, wir haben keine Zeit mehr für so etwas! Lasst uns etwas Einfaches tun. Biodiversität ist einfach. Gebt der Natur Raum, forstet auf, und ihr werdet Ergebnisse sehen. Das ist auch ein Grund, warum wir nicht über den Klimawandel sprechen, denn wie soll man die Menschen für ein Ergebnis motivieren, das man vielleicht erst in 50 Jahren sieht – oder später. Bei der biologischen Vielfalt siehst du schon im nächsten Jahr ein Ergebnis. Wenn du in deinem Garten nichts zurückschneidest, hast du im nächsten Jahr mehr Insekten und vielleicht Frösche und andere Dinge darin. Es ist also motivierend, weil man Ergebnisse erzielt, weil man etwas sieht.
Apropos „Effekt“: Wenn es um SAVAGE LANDS als Band geht, hast du gerade gesagt, dass die Tantiemen nicht so hoch sind. Musik zu produzieren kostet Geld, Tonträger verkaufen sich nicht mehr in großer Zahl und die Erträge von Streaming kann man wohl vernachlässigen. Ist die NGO-Band, die mit ihrer Musik die Umwelt unterstützt, also eher ein symbolisches Projekt, um den Namen bekannt zu machen, oder ist es wirklich ein relevanter Geldbetrag, der etwas zu dem Projekt beiträgt?
Ich kenne die Zahlen nicht, aber ich glaube, die Vorbestellungen und so weiter sind ziemlich gut, zumindest in Europa. Natürlich ist es wenig Geld, aber wenn wir das Geld effizient einsetzen … mit dem Vorschuss, den wir vom Label bekommen haben, konnten wir dieses Stück Land in Costa Rica kaufen, es bringt also schon etwas. Übrigens, es ist besser, das Vinyl zu kaufen: Es ist ein Bio-Vinyl, eine limitierte Auflage, es ist also ziemlich cool! Aber natürlich setze ich nicht darauf. Es ist mehr ein Werkzeug, um die Botschaft zu verbreiten und etwas Besonderes zu sein. Wenn man bedenkt, dass es dieses Projekt vor zwei Jahren noch gar nicht gab, und niemand die Band kannte oder Musik von ihr gehört hat … ist das doch schon ziemlich cool.
Auf jeden Fall, ja. Glückwunsch dazu! Lass uns an dieser Stelle nun über euer Album „Army Of The Trees“ sprechen. Eine Menge Gastmusiker haben an diesem Album mitgewirkt, von Andreas Kisser über Alicia White-Gluz und Heilung, wie du bereits erwähnt hast, bis hin zu Lord Of The Lost aus Deutschland. Das ist eine ziemlich wilde oder diverse Konstellation, zumindest vom musikalischen Hintergrund her. Wie ist das zusammengekommen?
Es läuft jedes Mal anders ab. Der erste Gast, den wir hatten, war Andreas, weil er uns beim ersten Hellfest unterstützt hat, als wir mit einer Gitarre kamen, die er signiert hat. Diese Gitarre war aus einem toten Baum gemacht, der in Costa Rica umgefallen war, und er spielte die Gitarre auf der Bühne, also war das schon eine coole Verbundenheit. Und dann, als ich Dirk den Song vorstellte, sagte er, dass er gerne die Stimme von John Tardy [Obituary] bei dem Song hören würde, aber er hatte keinen Kontakt zu ihm, also hat er einen Freund vom Decibel Mag gefragt und eine E-Mail geschickt und 24 Stunden später kam von John Tardy die Antwort: „Lass es uns machen!“ Das war ziemlich cool. Lord Of The Lost haben wir auf dem nächsten Hellfest getroffen, immer noch mit der Gitarre, und auch sie haben sie signiert. Ich habe dort einfach versucht, Leute zu treffen, und ich sprach mit den Leuten von Napalm Records und sie sagten, wenn du Lord Of The Lost treffen willst, nur zu: Sie sind ziemlich cool! Wir hatten einen guten Draht zueinander, und umgekehrt war es genau so: Sie waren super glücklich, die Gitarre zu signieren, die schon von Gojira und Sepultura signiert war. Ich fand das wirklich nett von ihnen, dass sie nicht so getan haben, als ob sie große Stars wären. Die Zusammenarbeit mit ihnen war sehr gut. Tatsächlich ist das der Song, der die meisten Streams erzielt. Der Sänger ist ein verdammter Performer und sie sind coole Leute. Alicia hat Dirk kontaktiert, weil sie Veganerin ist und sich für Tierrechte einsetzt und so, und sie hat sofort zugesagt.
Es war nur sehr kompliziert, den einen Termin und die Zeit für die Aufnahmen zu finden und dann noch um das Video zu drehen … in Costa Rica, in der Regenzeit im Dschungel, gesundheitlich angeschlagen … du solltest es dir ansehen, denn es war wie „Apocalypse Now!“. Es war also ziemlich einfach, diese Leute sind super cool, sie sind einfach nur extrem beschäftigt. Jetzt haben wir Kontakte zu anderen Leuten, wie Bill von Mastodon und ich möchte jeden Musiker einladen, uns zu kontaktieren, denn wir werden weiterhin Singles veröffentlichen. Wir haben gerade vor einem Monat neues Material mit Dirk in Los Angeles aufgenommen, es geht also munter weiter!
Du hast gerade den Namen Gojira fallen lassen: Ich war etwas überrascht, weil sie nicht Teil des Projekts sind, obwohl sie dafür bekannt sind, sich auch an Umweltprojekten zu beteiligen – gibt es dafür einen Grund oder ist es nicht einfach nicht ausgegangen?
Fragt sie! (lacht)
Hast du sie denn gefragt, ob sie mitmachen wollen?
Nein, nein, aber sie haben die Gitarre unterschrieben …
Aber musikalisch, als Gast auf eurem Album?
Ja, das hätte ich gerne gemacht, aber sie sind sehr beschäftigt. Ich glaube, sie machen lieber ihre eigenen Sachen, was ich respektiere. Und vielleicht nehmen sie sich auch die Zeit, um sicherzustellen, dass dieses Projekt ein gutes Projekt ist. Ich denke, alles kommt, wenn es an der Zeit ist. Wir kennen uns, Dirk kennt Mario sehr gut, aber sie sind mehr als nur ausgelastet. Es war schon mit Alicia kompliziert, weil sie einen verrückten Zeitplan hat. Ich denke, mit Gojira wäre es noch schlimmer. (lacht) Aber es könnte in der Zukunft passieren, wir werden sehen.
Es gibt immer noch viele Leute, die der Meinung sind, dass Musik nicht politisch sein sollte, und ich vermute, dass euer Engagement für die Umwelt aus ihrer Sicht auch politisch ist. Was würdest du also diesen Leuten antworten – warum ist Metal oder Musik im Allgemeinen so gut geeignet, um eine Botschaft wie die eure unter die Leute zu bringen?
Nun, zunächst einmal spricht Musik die Emotionen an. Das ist eine gute Sache. Ich verstehe in gewisser Weise auch, dass die Leute nicht wollen, dass Musiker ihnen sagen, was sie zu denken haben. Aber das ist nicht wirklich das, was wir tun. Wir versuchen nur, etwas zu sagen … weißt du, man kann rechts oder links sein und trotzdem die Natur und die biologische Vielfalt lieben. Nach Costa Rica kommen zum Beispiel Menschen aus allen politischen Richtungen. Ich habe Idioten auf beiden Seiten gesehen, aber auch kluge, interessante und nette Leute auf beiden Seiten. Wenn man sich auf die Umwelt konzentriert … Wenn man die Debatte auf Ökonomie und des Kapitalismus ausweitet und darauf, wie das mit dem Schutz der Natur zu vereinbaren ist, wird es natürlich komplizierter. Aber wir versuchen erst einmal, etwas Positives zu initiieren. Davon ausgehend können die Menschen dann ihre eigenen Überlegungen anstellen und sehen, was dabei herauskommt. Es gibt viele Dinge, über die wir in der Umweltdebatte nicht sprechen. Zum Beispiel die Bevölkerung – sind wir zu viele? Oder sind wir nicht zu viele? Das ist das typische Tabu in der Umweltbewegung. Denn jeder hat eine andere Antwort. Ich beobachte einfach, was mit der Natur geschieht, welcher Raum für die Natur zur Verfügung steht, und versuche, den Menschen klarzumachen, dass wir ein Teil davon sind und sie auch brauchen. Denn wenn einige Arten weiter verschwinden, könnten wir sehr seltsame Ereignisse erleben. Wir arbeiten mit Wissenschaftlern zusammen, die uns sogar sagen, dass der Zusammenbruch der Artenvielfalt noch gefährlicher sein könnte als der Klimawandel.
Lass uns über die Hellfest-Kollaboration sprechen, die du bereits erwähnt hast, und über euer Konzert bei der letztjährigen Ausgabe, das man immer noch auf YouTube sehen kann. Mit all diesen Gästen auf der Bühne muss es ein Alptraum gewesen sein, die Show zu organisieren … wie seid ihr das angegangen, habt ihr mit allen geprobt oder war es mehr oder weniger improvisiert?
Wir hatten Proben mit Andreas und Chloe [Trujillo], und eine Probe am Morgen vor dem Konzert mit Daniel [de Jongh] von Textures und Shane [Embury] von Napalm Death. Aber ja, Mann, das war eine Herausforderung! (lacht) Man kann es auf den Live-Aufnahmen nicht so gut sehen, aber auf den Bildschirmen ist eine Menge Material zu sehen. Das ist eigentlich das Hauptziel: Wenn wir live spielen, muss es mit der Leinwand sein, weil der ganze emotionale Inhalt und die Botschaft, die wir verbreiten wollen, dort ist. Es geht nicht um uns auf der Bühne. Das Entscheidende sind nicht wir. Es sind die Gemeinnützigkeit, die Bilder und die Musik. Aber ja, ich habe vor dem Hellfest ziemlich lange nicht geschlafen, das kann ich dir sagen! (lacht)
War es einfach, die Hellfest-Jungs davon zu überzeugen, euch den Platz auf der Hauptbühne für dieses experimentelle Projekt zu geben, oder wie kam es dazu?
Nein, tatsächlich haben sie es uns angeboten, weil wir das Projekt sozusagen dort gestartet haben – ich meine, wir haben in Costa Rica und in den USA angefangen, aber der eigentliche Geburtsakt war das Hellfest, weil wir dort sichtbar wurden. Nachdem sie also zwei Jahre lang gesehen hatten, wie ich meine Sachen machte, wie ich die Gitarre signieren ließ, bla bla bla, tippte Ben Barbaud, der Mann, der Hellfest ins Leben gerufen hatte, mir auf die Schulter und sagte: Hey, wir müssen über dein Projekt reden!
Ich muss verstehen, was du machst, ich muss fühlen, ob es etwas Vernünftiges ist. Also sagte ich: OK, komm nach Costa Rica, verbringe zehn Tage mit mir und du kannst beurteilen, ob es Blödsinn ist oder ob es sich lohnt. Und nach diesen zehn Tagen sagte er: OK, ich bin dabei, lass uns zusammenarbeiten. Ihr werdet auf der Hauptbühne spielen, wir werden einen Stand haben und wir werden etwas zusammen machen. Das hat mich beeindruckt! Hoffen wir, dass all die anderen Festivals dem folgen werden, das wäre großartig – zu sehen, dass die Metalwelt bei einem solchen Projekt mitzieht und eine Veränderung herbeiführt. Denn ich denke, wenn alle großen Festivals mitmachen, könnten wir wirklich etwas bewirken.
Seid ihr schon mit anderen Festivals darüber im Gespräch und wie könnte eine Zusammenarbeit mit anderen Festivals aussehen?
Dieses Jahr spielen wir auf zwei weiteren Festivals, einem in Frankreich und einem in den Niederlanden. Es kann jede Art von Zusammenarbeit sein, solange die Non-Profit-Organisation etwas davon hat und nicht die Band. Ich meine, die Band muss die Kosten decken und so weiter, aber die Band tourt nicht, um sich oder das Album zu promoten. Wenn wir auf der Bühne stehen, dann nur, weil es eine Partnerschaft zwischen uns und dem Festival gibt. Manche Festivals geben uns einen Dollar pro Ticket, manche Festivals können mehr tun, weil sie größer sind, uns einen Slot und ein Publikum geben, oder wir können ein gemeinsames Projekt auf die Beine stellen … es gibt eigentlich keine Regeln, solange sie etwas machen wollen und uns als Lautsprecher auf der Bühne brauchen können. Und wir müssen nicht einmal auf der Bühne stehen … wir können zuerst etwas über die Umwelt machen, und dann vielleicht später ein Konzert geben. Aber wir haben dieses Konzept, das wir veröffentlichen werden … wir werden „Army Of The Trees“, den Namen des Albums, unter eine freie, offene Lizenz stellen. Das bedeutet, dass Bands ein T-Shirt mit ihrem eigenen Namen und „Army Of The Trees“ und einer Grafik ihrer Wahl machen können, in ihrem Stil. – Einige Bands machen das schon, Benighted zum Beispiel. Und dann spenden sie uns, was sie wollen. Das kann 1% sein, es kann 100% sein. Aber wir wollen zeigen, dass es eine offene Bewegung ist. Und das könnten auch Festivals tun: Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass eine limitierte Auflage eines „Wacken – Army Of The Trees“-T-Shirts zur Unterstützung des Waldes ein erster Schritt sein könnte. Die „Army Of The Trees“-Lizenz, das ist eine der Ideen, damit die Leute etwas Einfaches machen können. Ich meine, das ist nicht so einfach, aber zumindest ist es cool, weil sie ja ihre eigene Community ansprechen wollen. Wenn eine Black-Metal-Band „Army Of The Trees“ verwenden will, wird sie es wahrscheinlich nicht auf die gleiche Weise tun wie eine Deathcore-Band oder so. Aber das ist die Idee: Jeder nimmt das von uns, und benutzt es, um die Bewegung wachsen zu lassen. Es ist ein cooles Symbol.
Welche anderen Ideen für Kooperationen oder Möglichkeiten der Unterstützung habt ihr? Kann jeder etwas tun, oder lohnt es sich nur mit wirklich großen Kooperationspartnern?
Nichts ist zu klein! Ich gebe immer dieses Beispiel von diesem Typen in Frankreich, Olivier Leclerc: Er hat ein Burger-Restaurant [La Cuisine de Comptoir] und hat letztes Jahr den Preis für den besten Burger gewonnen. Er ist ein Metalhead, er war auf dem Hellfest, und er hat mich kontaktiert und gesagt, ich will einen SAVAGE-LANDS-Burger machen. Ich dachte mir, ok, vielleicht ein vegetarischer Burger … das ist besser für die Geschichte. Aber ich dachte: OK, das bringt nichts, oder höchstens eine coole Geschichte. Er macht also diesen Burger, ein schwarzes Brot mit dem SAVAGE LANDS-Logo darauf. Mann, weißt du, wie viel er mit diesem Burger in sechs Monaten einnehmen wird? Er wird uns 6.000 Euro geben. Stell dir vor, du hast zwei oder drei Restaurants pro Land, ein oder zwei T-Shirt-Aktionen … das kann ganz schön Lärm machen, weißt du? Es gibt keine kleinen Aktionen. Wenn man es mit Herz macht, wenn man etwas Kluges und Cooles macht, denke ich, dass die Metal-Gemeinde diese Art von Sachen wirklich mitmacht und unterstützt. Das ist es, was wir wirklich anregen wollen.

Ich frage mich, warum ausgerechnet die „bösen“ Metalheads so zuvorkommende, freundliche Menschen sind? Sind sie aufgeschlossener oder empathischer als „Normalos“?
Auf jeden Fall … klüger. (lacht) Ich mache keine Witze! Es gibt eine Studie in Frankreich, die besagt, dass man nicht völlig dumm sein kann, wenn man diese Art von Musik hört, weil es eine komplexe Musik ist, die man bewusst anhören und analysieren muss. Deshalb darf man nicht völlig dumm sein. Das ist ein Filter. Wir nehmen in der Metal-Szene nur die besten Leute. (lacht) Die Metalwelt ist sehr brutal und die Leute sind es meistens nicht.
Lass mich dir eine lustige Geschichte über das Bild, das die Leute von Metal haben, erzählen: In Costa Rica sind die Menschen sehr religiös. Als wir also anfingen, Vereinbarungen für eine Zusammenarbeit für das Video mit Alicia zu treffen, meinten einige Leute, dass sie ein Satanist sei, weil sie das Pentagramm gesehen haben und blah blah blah. Einige Verträge konnten wir deshalb nicht abschließen! Ich habe das Alicia erzählt und sie hat gelacht. Und dann ist das erste, was sie tut, als wir in diesen Park gehen – der übrigens ein Kooperationspartner ist, sie unterstützen uns. Du siehst ihn im Video, diese Metallbrücken … es ist ein privater Park, der einer costaricanischen Familie gehört, und sie sind sehr religiös. Und auf der Rückseite ihrer Regenjacke war ein riesiges Pentagramm mit der Aufschrift „Satanic Motherfucker“. (lacht) Perfekt! Aber sie hatten schon unterschrieben, also war es okay. Und ich habe ihnen erklärt, dass es eher Show ist, mehr als eine Überzeugung.
Aber ist es generell ein Problem, dass Leute, die mit der Metal-Szene nichts zu tun haben oder keinen Kontakt zur Metal-Szene haben, vielleicht Vorstellungen von Metalheads haben, die man erst überwinden muss, bevor man sie davon überzeugen kann, dass Metalheads auch helfen können?
Ja, aber es liegt jetzt auch mehr im Trend. Ich weiß nicht, wie es in Deutschland ist, aber in Frankreich will definitiv jeder einen VIP-Pass für das Hellfest. Das geht in beide Richtungen … die Leute sind neugierig. Sie fragen: Was ist das? Und dann erklärst du es ihnen und zeigst es ihnen. Wenn ich Leute treffe, die keine Ahnung von Metal haben, erzähle ich ihnen von unserer Gemeinnützigkeit und dass wir in der Musik und im Wald aktiv sind, und sie sagen, oh ja, ok. Dann zeige ich Bilder oder Live-Material von unserem Konzert auf dem Hellfest … und selbst wenn sie überhaupt nichts mit dieser Musik am Hut haben, kommt ein erstauntes „Was?!“ und dann habe ich ihre Aufmerksamkeit: „Das sind wirklich viele Leute, OK, lass uns reden!“
Wenn ihr auf anderen Festivals spielt, wie in den Niederlanden, wie sieht das dann aus? Spielt ihr „nur“ mit einer Kernband oder sind dort auch Gastauftritte geplant?
Wir versuchen immer, Gäste dabei zu haben. Natürlich ist das eher zufällig, denn man kann nicht sicher sein, dass es klappt. Bei den großen Sachen wie dem Hellfest ist es einfacher, weil das so relevant ist, dass man die Leute bitten kann, zu kommen. Aber auch bei kleineren Festivals schaffen wir es immer, Features zu bekommen, entweder weil die Leute eh dort spielen oder weil sie in der Nähe wohnen. Und ich glaube, es wird einfacher, wenn wir weitermachen, weil die Leute so langsam das Konzept verstehen, dass es nicht nur eine einmalige Sache ist. Wir bekommen jetzt Kontakte.Die Leute kontaktieren uns, weil sie etwas machen wollen. Wir haben natürlich die Kernband, weil wir etwas abliefern müssen. Aber wir haben auch immer Gäste.
Gibt es schon Pläne für Shows in Deutschland, zum Beispiel für das Wacken Open Air?
Ich kenne niemanden vom Wacken, aber die Leute vom Metal Hammer haben letzten Monat eine Story über uns und ein Poster. Ich denke, sie werden uns helfen, mit den Leuten in Kontakt zu kommen und ihnen zumindest eine Präsentation zu geben und ihnen zu zeigen, worum es geht. Deutschland ist ziemlich sensibel für die Umwelt, wahrscheinlich mehr als Frankreich. Ich sehe also keinen Grund, warum es nicht klappen sollte. Vielleicht können wir mit ihnen ein Konzept ausarbeiten. Ich bin sicher, dass wir etwas auf die Beine stellen können.
Nochmals vielen Dank für das Gespräch und deine Zeit!
Danke Moritz und hoffentlich sehen wir uns mal in echt, im wirklichen Leben! Mach’s gut!
Fotos: © SAVAGE LANDS (Nutzung mit freundlicher Genehmigung)
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Dieses Interview wurde per Telefon/Videocall geführt.