Festivalbericht: Das Spectaculum rockt 2012

18.05.2012 Parsberg


Das Spectaculum rockt – auch 2012. Zum insgesamt dritten Mal. Wobei ein genauerer Blick auf das diesjährige Line-Up schnell verrät, dass „rockt“ in mittelalterlichen Musikgefilden wieder einmal als Synonym bzw. Überbegriff für verschiedenste Stilrichtungen zu sehen ist: So frönen die bayerischen Freibeuter VROUDENSPIL den folkig-rockigen Klängen, während RABENSCHREY sich inzwischen eher im (Folk-)Metal zu Hause fühlen und TANZWUT jenen Stilmix aus historisch-modernen Klängen noch mit ihren eigenen Elektroelementen auffrischen. So ergibt sich auch in Parsberg ein buntes Sammelsurium verschiedenster Genres – präsentiert von den unvergleichlichen PAMPATUT.


Max von Gluchowe und Holger Hopfenstreich Hoffmann sind es dann auch, die das recht zahlreiche Publikum am frühen Nachmittag herzlich begrüßen und mit ihren kleinen Scherzen das tun, was sie am besten können – Lust auf mehr machen. Zwar verzichten die beiden Spielleute in Parsberg zunächst auf ihren Allerwälzstimmungshit „Feuerwasser“ als Anheizer, doch geraten ihre Ankündigungen dennoch extrem unterhaltsam, kurzweilig und frech. So bemerkt Max nach ausbleibenden Reaktionen bei einer Publikumsumfrage, dass die Suche nach einer über 13-jährigen Jungfrau in Parsberg wohl erfolglos bleibt. Doch selbst dieser in Teilen herbe Humor ist so charmant präsentiert absolut begrüßenswert. Nachdem Pill und Pankratz bereits vor längerer Zeit ihren Dienst quittierten und das Niveau in Form von Sören Vogelsang und Martin Spieß erst langsam in diese Sphären vordringen, sind PAMPATUT als unterhaltsame Spielmänner und gleichzeitige Präsentatoren derzeit einzigartig hinsichtlich ihrer Qualitäten. Von den spielerischen und musikalischen Fähigkeiten des Duos konnten sich die Spectaculum-Besucher später auf der After-Show-Party einen Eindruck verschaffen.


So eröffnen VROUDENSPIL nahe ihrer Heimat den musikalischen Teil des Programms auf der Hauptbühne und nehmen direkt „Kurs aufs Leben“. Die Entwicklung der Szenenewcomer ist bei jedem Auftritt aufs Neue bemerkenswert: Neben teils neuen Bühnenklamotten wird mit dem Seewolf wieder einmal ein neuer Akkordeonspieler präsentiert, doch die regelmäßigen Besetzungswechsel scheinen der Formation derzeit keinesfalls zu schaden. Ihr Freibeuter-Folk mit Stücken wie dem zweistimmig-traditionellen „Spielmannsweise“, dem beschwingten „Lebenselixier“ mit Mitsingrefrain und der obligatorischen Bandhymne „Meute toter Narren“ funktioniert auch in Parsberg hervorragend: So tanzen die Anwesenden zum instrumentalen „Säbeltanz“ schließlich gemeinsam den russischen Kasatschok und selbst die Musiker scheinen in der allgemeinen Begeisterung ihre Spielzeit etwas aus den Augen zu verlieren. So müssen sie letztlich auf ihren gewohnten Abschlusssong „Ein unwichtiger Bösehold“ verzichten. Allerdings nur ein kleiner Makel in einer insgesamt sehr guten Opener-Show, die musikalisch deutlich softer und melodischer als der Rest des Abends ausfällt.


„Hart, aber ehrlich“ – so lautet der Titel des neuen RABENSCHREY-Albums, welches in Parsberg von den vier Musikern eigentlich exklusiv präsentiert werden sollte. Eigentlich. Denn durch Krankheiten und einige weitere Verzögerungen belässt es die Band schließlich bei zwei Livepremieren, ähnlich wie auf den Ragnarök Festival. Kein tragischer Verlust, wirken die neuen Stücke doch zu gewollt noch mehr auf Metal/Proll-Rock getrimmt und zu sehr mit textlichen Plattitüden gefüllt als der Vorgänger „Exzessivus“. Das Soundbild ändert sich im Vergleich zu Vroudenspil merklich: So ist der gesamte Mix deutlich basslastiger und lauter. Direkt vor der Bühne fallen die teils vorhandenen Melodieinstrumente wie Donars Flöte in „Tanze dir“ schließlich völlig unter den Tisch. Fernab der Musik versucht der Frontmann mehrfach seinen Gitarristen Ragna an den Mann bzw. an die Frau zu bringen, da dieser angeblich seit rund sechs (oder eher sex?) Monaten enthaltsam lebt. Anfangs noch halbwegs lustig, mutiert dieser geplante „Running Gag“ des Auftritts immer mehr zum Rohrkrepierer, bis ihn Donar schließlich kommentarlos einfach fallenlässt und nicht weiter darauf eingeht. Lediglich an einer Stelle sorgen RABENSCHREY für improvisierte Unterhaltung: Als die Kirchturmuhr Punkt 21 Uhr schlägt, stimmen die überzeugten Heiden spontan die ersten Takte von AC/DCs „Hells Bells“ an und ernten dafür spontanen Szenenapplaus. Für weit weniger Begeisterung sorgt wiederum Donar, der das Publikum u.a. als „Pack“ bezeichnet, nachdem seiner Meinung nach bei „Bilder auf der Haut“ zu wenige Feuerzeuge (bzw. „Taschendrachen“, O-Ton Donar) und Handydisplays zu sehen sind. Neben einigen etablierten Klassikern wie „Templerschaf“, „Hey, wir sind Heiden“ und „Asgard“ ist die Setliste in Parsberg frei von nennenswerten Highlights. Besonders neuere Kompositionen wie „Brenne“ oder „Kraftvoll“, die stilistisch irgendwo zwischen Rammstein und den Onkelz angesiedelt sind, zünden wenig bis gar nicht. Dazu wurde älteres Material wie „Königreich des Schmerzes“ von RABENSCHREY noch mehr auf Härte als auf Melodik getrimmt und Donar hat sangestechnisch ebenfalls schon weit bessere Tage gesehen.


Die von Rabenschrey eingeschlagene Marschrichtung behalten TANZWUT als Headliner des dritten Spectaculum Rockt bei. Lediglich am Klangbild wird etwas gefeilt, so dass sich zu E-Gitarre und Bass auch noch einige Keyboard- und Dudelsackklänge gesellen – für Fans von Teufel und Co. ein gewohntes Bild. Die Musiker rund um den charismatischen Frontmann mit seinen beiden roten Hörnern wirken allesamt spielfreudig, besonders Thrymr am Dudelsack, der am Bühnenrand und auf einem Podest mehrfach den Kontakt zum Publikum sucht. Der Sound bessert sich ebenfalls merklich und so gelingt TANZWUT mit dem Opener „Weiße Nächte“ von ihrem gleichnamigen letzten Album direkt ein gelungener Einstieg. Die Songauswahl vom neuesten Longplayer der Szeneveteranen – sie hätte kaum besser aussehen können. Mit „Gift“, „Folge deinem Herzen“, „Rückgratreißer“ und „Phönix aus der Asche“ ist die Setliste in der ersten Hälfte gespickt mit den stärksten Tracks der letzten Studioproduktion, mitunter aufgelockert durch ältere Stücke wie das unvermeidbare „Ihr wolltet Spaß“. Besonders im Vergleich zum letztjährigen Schlosshof Festival steigert sich die Combo merklich. Nur Teufel passiert der gleiche Fehler wie letztes Jahr in Höchstadt: So kündigt er verheißungsvoll den bereits erwähnten „Rückgratreißer“ an, nur um dann im nächsten Song doch rhetorisch „Was soll der Teufel im Paradies?“ zu fragen. Immerhin entschuldigt er sich dieses Mal im Anschluss für diesen Fauxpas. Stimmlich merkt man Teufel als langjähriger Szenekenner immer mehr an, dass er in die Jahre gekommen ist. Besonders das ältere Material in der zweiten Hälfte des Auftritts wie „Vulkan“ oder „Lügner“ klang früher stimmlich deutlich frischer und weniger betagt. Dennoch überspielt er diese kleineren Mängel durch eine Menge guter Laune und Ausstrahlung. Der Lohn an diesem Abend ist die TANZWUT-Version des Ärzte-Klassikers „Bitte, bitte“, welche nennenswert gut gelingt. Teufel am Mikrofon und eine spielfreudige Band mit gutem Sound vor einem etwas trägen Publikum bescheren den Berlinern unter dem Strich einen gelungenen Headliner-Spot, der schließlich durch die einzig erwähnenswerten Zugaben des Abends gekrönt wird.

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Publiziert am von und Uschi Joas

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