Konzertbericht: Die Johannes-Passion

04.01.2010 Breckerfeld, Ev. Jakobus-Kirche

Antje Bischof – Sopran
Angela Froemer – Alt
Thomas Iwe – Tenor
Christian Palm – Bass
Thomas Herberich – Bass

Ev. Jakobus-Chor Breckerfeld
Kantatenchor Gevelsberg
Wittener Bach-Chor
Philharmonisches Orchester Ennepe-Ruhr

Da wurde mal wieder das Jacket aus dem Schrank gezaubert und das kann nur heißen: es war Zeit, einen Blick über den Tellerrand zu werfen. Chor, Orchester und Solisten führten in der evangelischen Jakobus-Kirche im bergischen Breckerfeld die „Johannes-Passion“ auf, welche Johann Sebastian Bach zum Anlass seines ersten Osterfestes als Thomaskantor in Leipzig komponiert hatte. Zudem hätte man meinen können, dass sich eine gute Gelegenheit ergab, mal als männlicher Groupie aufzulaufen, bestehen derartige Chöre und Orchester in der Regeln doch aus einem gewaltigen Frauenanteil, ganz im Gegensatz zu den üblichen Metalbands. Ein Blick in die Runde verriet aber: der Altersschnitt liegt wohl bei jenseits der 60, somit fiel dieser scheinbare Vorteil also weg. Bleibt immerhin die musikalische Horizonterweiterung.

Den lyrischen Inhalt der Passion zu vermitteln, scheint an dieser Stelle nicht notwendig, kennt doch jeder die Geschichte von der Verhaftung Jesu im Garten Gethsemane bis zum Tod auf Golgatha, viel interessanter ist selbstverständlich die musikalische Umsetzung des Ganzen. Ich muss zugeben, dass ich üblicherweise kein großer Bach-Fan bin. Teilweise ist es mir zu schwülstig, dann wieder zu überladen. Da sind mir die Erhabenheit eines Smetana, die Einfachheit eines Grieg oder die Wucht eines Wagner schon lieber. Andererseits gibt der textliche Stoff nun auch nicht unbedingt das Fundament für eine Aggression a la „Der Ring des Nibelungen“. So blieb es bei vereinzelten Ausbrüchen, für die sich der Chor verantwortlich zeichnen konnte, denn auch das Orchester, um seine Blechbläser geschröpft und mit viel Flöten- bzw. Cello/Contrabasseinsätzen ausgestattet, spielte in der Regel eher klagend-leise auf. Spannend bei solchen Konzerten ist immer, wie professionell die Musiker und vor allem (Solo-) Sänger auftreten. Da hört man praktisch nie eine falsche Note – womit ein fundamentaler Gegensatz zu Metalkonzerten herausgearbeitet wäre. Vor allem die männlichen Solisten waren sehr gut, zugegebenermaßen sieht das Stück auch fast nur männliche Parts vor, Alt und Sopran haben gerade einmal jeweils zwei Arien zu singen. Allerdings waren mir die beiden etwas zu expressiv, da war zu viel Gestik und Mimik im Spiel, während der Tenor, sowie die beiden Bässe eher nüchtern agierten. Speziell Tenor Thomas Iwe überzeugte in seiner gesanglichen Darbietung, ich hatte nicht angenommen, dass eine männliche Stimme so hoch singen kann und dabei noch jeden Ton trifft.

Der Chor litt ein wenig darunter, dass der Männeranteil so gering war. Vielleicht lag es auch daran, dass die einzelnen Stimmen manchmal etwas auseinander gelaufen sind, für den Laien ist dies aber kaum wahrzunehmen (welcher Metaller hat nach einem Konzert noch nie gesagt: „So, Du findest also, dass wir das falsch gespielt haben, nun, ich kann Dir versichern, es war Absicht so). Andererseits ist der Klang in einer Kirche natürlich auch immer etwas ganz Besonderes und so bekam ich dann teilweise doch etwas Wucht mit. Anstregend waren, wie immer eigentlich, die ausufernden Arien. Im Textbuch umfasst eine Arie dann gerne schon mal nur 6 oder 8 Zeilen, aber die werden bis zum Erbrechen oft wiederholt, dass es dann irgendwann doch einmal langweilig wird. Dies aber nur als kleines Manko, ebenso die geringe Beinfreiheit in den nach zwei Stunden doch etwas ungemütlichen Kirchenbänken. Solch gelegentliche Ausflüge in andere Gefilde kann ich nur jedem Metalfreund raten, da gibt es eine Menge zu entdecken, die die Haus-und-Hof-Musik schon gar nicht mehr bereithalten kann.

Publiziert am von Jan Müller

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