Konzertbericht: Dropkick Murphys w/ Pennywise, The Rumjacks, Jesse Ahern

03.02.2023 München, Zenith

Zweimal hintereinander laden die DROPKICK MURPHYS im Rahmen ihrer Europa-Tour Anhänger des gepflegten Irish-Folk-Punk in die bayerische Landeshauptstadt und profitieren bei der zweiten Show sicherlich davon, dass sie an einem Freitag stattfindet. Weder der heftige Sturm noch der Stau zum Parkplatz können das Münchner Publikum davon abhalten, in Scharen in den Zenith zu strömen. Tatsächlich hat man im Laufe des Abends fast den Eindruck, dass die Halle aus allen Nähten platzt. In Anbetracht eines extrem starken Pakets, dass neben dem Headliner auch noch die Punker PENNYWISE, die Irish-Punker THE RUMJACKS und den Singer-Songwriter JESSE AHERN umfasst, verwundert das aber nicht.

Sogar noch vor dem eigentlich für 19:00 Uhr angesetzten Beginn des Abends entert JESSE AHERN allein und nur mit einer E-Gitarre bewaffnet die Bühne des Zenith. Die Location ist zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als gut gefüllt und auch der Zustand vieler Konzertbesucher lässt sich schon jetzt am besten mit voll beschreiben. Der aus Boston stammende AHERN bietet in den folgenden Minuten beste Singer-Songwriter-Musik, allerdings eben nicht mit einer akustischen, sondern einer E-Gitarre. Wie so häufig bei dieser Art von Musik stellt sich aber recht schnell eine gewisse Eintönigkeit ein, über die auch die markante Stimme AHERNs nicht hinwegtäuschen kann. Im Gesamtkontext des Tourpakets betrachtet aber ein gelungener Einstieg in den Abend.

Kaum zehn Minuten später legen auch schon THE RUMJACKS los und bringen den Zuschauerraum ordentlich auf Betriebstemperatur. Musikalisch recht nah an den Headlinern der Tour verortet, kommt ihre Version des Irish-Folk-Punk noch etwas verspielter und folkiger daher, hat aber dennoch ordentlich Feuer. In Kombination mit dem in Strömen fließenden Gerstensaft entwickeln sich auch direkt die ersten Moshpits und die Stimmung wird immer ausgelassener. Mit dem Band-Hit „Irish Pub Song“ beschließen THE RUMJACKS ihr mehr als überzeugendes Set.

Wieso PENNYWISE nicht als in Sachen Spielzeit ebenbürtige Co-Headliner gebucht wurden bleibt ein Rätsel und kommt fast schon einem Frevel gleich. Die Punk-Ikonen aus Kalifornien scheinen sich darüber aber nicht den Kopf zu zerbrechen, sondern sind auch in ihrer Support-Funktion angetreten, um München ordentlich aufzumischen. Dementsprechend gibt es im vorderen Teil der Halle ab den ersten Tönen Menschengulasch und auch der Rest des Publikums steht nicht still. Brecher wie „My Own Way“, „Violence Never Ending“, „Society“ oder „Fuck Authority“ bringen die Halle zum Kochen. Routiniert und extrem sympathisch führen die Herren um Fronter Jim Lindberg durch ihr Set und bauen im Mittelteil auch noch einen gelungenen Cover-Part mit Songs von Sublime, Social Distortion, Misfits, The Ramones und den Beastie Boys ein. Beim abschließenden „Bro Hymn“ schallen lautstarke „Wohoo“-Chöre durch die Location, bevor PENNYWISE mit frenetischem Jubel verabschiedet werden. Als Support-Band wirklich fast zu schade.

Gut 30 Minuten Zeit lassen sich die Headliner des heutigen Abends, bevor endlich „The Foggy Dew“ von Sinéad O’Conner erklingt und die DROPKICK MURPHYS mit „The Lonesome Boatman“ loslegen. Wie bei vielen anderen Bands auch, scheint sich in den Corona-Jahren eine Unmenge an Energie in den Musikern angesammelt zu haben, die sich nun endlich Bahn brechen kann. „Famous For Nothing“, „The Boys Are Back“, „Citizen C.I.A.“ – mit wie vielen Krachern kann man eigentlich in eine Show starten? Wie Ken Casey betont, wiederholen die DROPKICK MURPHYS an ihrem zweiten Abend in München nicht die Setlist des vorigen Tags, sondern haben ganze 20 der 25 gespielten Songs ausgetauscht. Dabei gibt es mit „Boys On The Docks“, „Time To Go“ oder „Skinhead On The MBTA“ auch Ausflüge in die ferne Vergangenheit, was bei den Fans hör- und sichtbar gut ankommt.

Im Laufe der Corona-Zwangspause haben die Bostoner aber auch zwei neue Alben veröffentlich, zuletzt das Akustik-Album „This Machine Still Kills Fascists“ mit Songs von Woddy Guthrie. Während sich Akustik-Tracks wie „Two 6’s Upside Down“ oder „Talking Jukebox“ eher mittelmäßig in das ansonsten sehr energetische Set einfügen, knallen „Good As Gold“ oder „Queen Of Suffolk County“ vom 2021 erschienen „Turn Up That Dial“ gut rein. Ken Casey kündigt für Mai direkt die nächste neue Scheibe an, den zweiten Teil der Bearbeitung des Woody-Guthrie-Materials und mit „Break A Leg“ gibt es nicht nur direkt einen Vorgeschmack daraus zu hören, sondern die MURPHYS drehen auch direkt vor Ort ein Musikvideo dazu.

Bei einem DROPKICK-MURPHYS-Konzert dürfen natürlich auch irische Traditionals nicht fehlen. Zu „The Wild Rover“ schunkeln 5.000 Fans in seliger Eintracht und als erste Zugabe erklingt mit „Dirty Old Town“ ein absoluter Klassiker, der aus vollen Kehlen mitgesungen wird. Natürlich darf im Zugabenblock auch „Shipping Up To Boston“ nicht fehlen, der genau wie das etwas früher im Set stehende „The State Of Massachusetts“ ein absoluter Genre-Klassiker ist und nichts von seiner Wirkung eingebüßt hat. Der Rausschmeißer „Boys On The Docks“ gräbt nochmal tief im Band-Archiv und beschließt schließlich ein mitreißendes Konzert.

  1. The Lonesome Boatman
  2. Famous For Nothing
  3. The Boys Are Back
  4. Citizen C.I.A.
  5. Out Of Our Heads
  6. Johnny, I Hardly Knew Ya
  7. Two 6’s Upside Down
  8. Smash Shit Up
  9. Talking Jukebox
  10. The Wild Rover
  11. Your Spirit’s Alive
  12. Cadillac, Cadillac
  13. Time To Go
  14. Worker’s Song (mit Jesse Ahern)
  15. Break A Leg
  16. Skinhead On The MBTA
  17. The State Of Massachusetts
  18. Queen Of Suffolk County
  19. First Class Loser
  20. Good As Gold
  21. Rose Tattoo
  22. Kiss Me, I’m Shitfaced
  23. Dirty Old Town
  24. Shipping Up To Boston
  25. Boys On The Docks

Ein so stimmiges Tour-Paket sieht man selten, denn auch wenn JESSE AHERN mit seinem Singer-Songwriter-Rock (noch) nicht ganz überzeugen kann, war der Abend im gesamten ein absoluter Kracher. PENNYWISE und die DROPKICK MURPHYS haben während der letzten Jahre nichts von ihrer unbändigen Energie eingebüßt und genießen völlig zurecht den Ruf herausragender Live-Bands. Auch THE RUMJACKS bleiben mit ihrem Irish-Folk-Punk in guter Erinnerung. Gerne im nächsten Jahr und mit ähnlich starker Support-Auswahl wieder. 

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