Festivalbericht: Earthshaker Fest 2006 (Samstag)

22.07.2006 Rieden/Kreuth

SAMSTAG 22. JULI 2006
11:00 – 11:40 SCAR SYMMETRY
11:55 – 12:40 MENDEED
12:55 – 13:40 BRAINSTORM
13:55 – 14:40 ENSIFERUM
14:55 – 15:40 KATAKLYSM
15:55 – 16:40 EKTOMORF
16:55 – 17:40 ARCH ENEMY
17:55 – 18:40 JON OLIVA’S PAIN
18:55 – 19:40 DEATHSTARS
20:00 – 21:00 OPETH
21.20 – 22:35 EDGUY
23:00 – 0:30 VENOM
1:00 – 1:45 NEVERMORE (abgesagt!)

Bis der Samstag offiziell begann, musste man sich ein wenig gedulden. Bei einer Anfangszeit von 11 Uhr ist eigentlich mit einem Einlass etwa eine Stunde vor Beginn zu rechnen, diesmal hatte man mit der Einschätzung aber kein Glück. Da blieb nur, sich als Frühvorgegangener fix einen schattigen Platz unter einem Baum oder im Biergarten des anschließenden Gutshofs zu verziehen, um nicht sinnlos den Hitzetod voranzutreiben. Erst kurz vor 11 entschloss sich die Security, das Gelände heute freizugeben. Hier sei auch erwähnt, dass Freitag und Samstag unverständlicherweise eine der beiden Einlassstellen mal auf und mal geschlossen war, da konnte sich das Sicherheitspersonal anscheinend selbst nicht einigen. Das war schon ärgerlich, da nur Einlass 1 dauernd auf war, und der bedeutete für alle Besucher einige Minuten mehr Fußweg. (sp)

Die Schweden SCAR SYMMETRY eröffneten den dritten Festivaltag und blickten auf nicht allzu viele Besucher, die sich jetzt schon zu einem Besuch des Geländes aufraffen konnten. Während des guten Auftritts wurden es aber immer mehr und die Band konnte immerhin einen angenehmen Applaus ernten. Die Lieder vom aktuellen „Pitch Black Progress“-Album kamen gut an, die Songs vom Debüt „Symmetric In Design“ schienen hier nicht so bekannt zu sein. Die Band mühte sich aber merklich ab, trotz der ungünstigen Spielzeit alles zu geben und eine gute Figur zu machen, was ihnen auch ohne Zweifel gelang. (sp)

Warum MENDEED allerdings nach Scar Symmetry angesetzt wurden, bleibt mir weiterhin ein Rätsel. Das kann ich nur damit erklären, dass man so schon zur Eröffnungsstunde mehr Besucher aufs Festivalgelände locken wollte, denn bei Mendeed war noch um einiges weniger vor der Bühne los als in den 40 Minuten zuvor, es fanden sich wirklich nur vereinzelte Metaller ein. Ihre Mischung aus Hardcore und Thrash Metal war aus der Ferne von einer schattenlosen Bierbank aus gehört jedenfalls recht in Ordnung, wenn auch nichts besonderes. Jedenfalls keine Band, die mir im Gedächtnis bleiben wird. (sp)

Nun standen bereits Ensiferum auf dem Plan, doch ohne Ankündigung oder weitere Infos wurde plötzlich das BRAINSTORM-Backdrop auf der Bühne gehisst. Am Infostand wusste man auch nicht viel darüber, später erfuhr man, dass Ensiferum wohl einfach ein wenig im Verkehr feststecken und etwas zu spät ankamen, so dass kurzerhand die Spielzeiten getauscht wurden. Ob diese begeistert über die 13 Uhr-Spielzeit waren, darf bezweifelt werden, spätestens nachdem Sänger Andy B. Franck den Spielzeitentausch mit „Wir spielen heute mal ein bisschen früher, damit wir rechtzeitig zum Tigerentenclub wieder daheim sind“ kommentierte. Die schwäbischen Power Metaller lieferten jedenfalls eine hochklassige Show, die nicht zuletzt durch den sympathischen Frontmann sehr gut wurde. Andy stimmte zwischendrin mal zur La Ola an und konnte auch einige der verbliebenen Ensiferum-Fans zum mitmachen bewegen, die trotz des Bandtauschs nicht wie viele andere den Bereich vor der Bühne verlassen haben. Bei dem Auftritt fragte ich mich mal wieder, warum ich nur die „Metus Morits“ im Regal stehen habe, was ich nun wirklich bald mal ändern sollte. Wirklich schade nur, dass – wohl auch aufgrund der Wechselumstände – recht wenige Besucher da waren, was dem Auftritt nicht ganz würdig war. (sp)

Nachdem ich die Morgenstunden in übelster Hitze vor mich hingeschmort hatte, freute ich mich schon riesig auf die erste Band meines Interesses am Samstag: ENSIFERUM. Also machte ich mich auf die Socken und war um dreiviertel eins an der Bühne, wo Mendeed gerade ihr Set beendeten. Blöd für die Brainstorm Fans, die das nichts von dem Tausch in der Running Order wussten und vor allem für mich, denn jetzt durfte ich mir eine weitere Stunde ohne Schatten die Sonne auf den Pelz brennen lassen. Um 10 vor zwei wurde dann endlich umgebaut, und die zahlreichen Fans rasteten schon mal aus, als Markus Toivonen, Petri Lindroos und Sami Hinka zum Soundcheck eine finnische Botschaft unbekannten Inhalts durch die Mikros schrien. Wie auch Wintersun übernahmen Ensiferum den Soundcheck selbst. Kurz darauf stiegen sie mit Volldampf in „Hero in a Dream“ ein, wo Petri schon mal ordentlich die Stimmbänder malträtierte. Die Menge kochte. Weiter gings mit „Guardians Of Fate“, und hier stellte sich erfreulicherweise heraus, dass Markus Toivonen und Sami Hinka ihren Posten als Clean Sänger recht gut bestritten. „Tale Of Revenge“ steigerte die Stimmung noch einmal weiter, bevor mit „Dragonheads“ ein Song der gleichnamigen EP dargeboten wurde. Mächtig Laune verbreitete auch „Windrider“, daraufhin folgte das spektakuläre Intro zu „Into Battle“, bei dem es nicht nur mir eiskalt den Rücken runterlief. „Old Man“ kam dann wie ich finde nicht so gut an wie der Rest, dafür entschädigte jedoch das grandiose „Token of Time“.
Unerwähnt darf auch nicht der Abschluss des Konzertes bleiben. Nach dem letzten Song machte die Band Anstalten, ohne jegliche Ankündigung die Bühne zu verlassen, nachdem ihnen plötzlich der Saft abgedreht wurde: Die Menge rastete komplett aus, es wurde lauthals nach der Band und einer Zugabe verlangt, Petri drehte sich noch einmal um und zuckte ratlos mit der Schulter. Als dann auch noch der Hansel von der bayrische Schuhplattlergruppe, die zwischen einigen Auftritten zur allgemeinen Belustigung tanzten, gut gelaunt auf die Bühne kam, reckten ihm zahlreiche Fans aus den vorderen Reihen unter „Ensiferum“-Schreien den gestreckten Mittelfinger entgegen. Was für ein spektakuläres Ende! Widerwilliger als bei diesem Auftritt wurde keine andere Gruppe gehen gelassen. Der Auftritt war erste Sahne, immer wieder aufgelockert durch Markus verzweifelte Versuche, böse auszusehen, doch vor allem verbreiteten Ensiferum wahnsinnig Stimmung und waren mit viel Spielfreude am Werk. Auch Petri hat eine sehr gute Figur gemacht, er hält Jaris Erbe in Ehren. (mi)

Nachdem sich das Feld nach Ensiferum, erfolglosen Zugabe-Forderungen und einem weiteren Einheimischen-Auftritt einigermaßen geleert hatte, strömten zur nächsten Band nun wieder vermehrt Zuschauer auf den Platz, die zwar nicht die Zahl der Fans bei den Vorgängern erreichten, aber doch immerhin eine ganz ansehnliche Masse darstellten, die die folgenden Hauptakteure auf jeden Fall mehr als verdient hatten. KATAKLYSM, die Death Metal-Institution aus Kanada, gaben sich um etwa fünf vor drei die Ehre. „Revenge… Is a meal best-served cold.“ wurde bereits lauthals mitgegröhlt und leitete, wie könnte es anders sein, auf „Like Angels Weeping (the Dark)“ über, den Opener des aktuellen „In the Arms of Devastation“-Albums. Klar und laut durch die Boxen schallend wurde der Song vom Publikum sehr gut aufgenommen; es kam den Aufforderungen Mauricios, ihm die Pommesgabel zu zeigen, auch dementsprechend wohlwollend entgegen. Man bolzte sich im folgenden durch ein Set, dass zwar mit den ersten vier Tracks des neuen Albums einen klaren Schwerpunkt hatte und eher wie ein Promotion-Gig für ebendieses anmutete, aber da das Album meiner Meinung nach sowieso das zweitstärkste der Bandgeschichte ist, störte das nicht weiter. Von der „Shadows & Dust“ präsentierten sich der Titeltrack und das obligatorische „Where the Enemy Sleeps…“ in gewohnt vornehmer Hyperblast-Manier. Ferne kamen dannnoch die „The Ambassador of Pain“, und „As I Slither“ daher, der Gewinner der Show war meiner Meinung nach aber das mit unmenschlichem Drumming ausgestattete „The Resurrected“, das wohl durchaus einige Nacken gebrochen haben dürfte. Und da das Saiten-Doppel immer gut aufgelegt schien, Mauricio stimmlich eine geniale Performance hinlegte (die Wechsel zwischen abartig tiefem Growlen und hohem Kreischen innerhalb einer Sekunde, wie im Refrain von „Let Them Burn“ muss man auch erstmal hinkriegen) und der Sound auch unheimlich gut kam, ergaben sich für mich die drittbesten 45 Minuten des Festivals, überboten nur von Ensiferum und Wintersun. Kataklysm stellten unter Beweis, dass sie live eine absolute Macht sind, und kündigten im Zuge der Show auch ihre „Road to Devastation“-Tour an, die im Januar auch durch Deutschland rollen soll. Ganz großes Kino. (ma)

Nachdem Ektomorf von uns allen demonstrativ gemieden wurde, war ich überaus gespannt auf ARCH ENEMY, die mir wegen Absagen schon zweimal auf Fetivals entgingen. Auch hier glaubte ich erst, dass sie wirklich spielen, wenn sie auf der Bühne stehen. Die Besucher des zeitgleich stattfindenden Metalcamp in Slowenien hatten am Tag davor ja weniger Glück, da nämlich sagte die Band wegen persönlicher Probleme kurzfristig ab. Anscheinend waren hier wirklich viele gespannt auf die deutsch-schwedische Combo, denn der Besucherandrang übertraf den von Saxon oder Hammerfall am Vortag noch um einiges, Arch Enemy waren eine der begehrtesten Gruppen des Wochenendes. Nach recht langem Intro gelang der Band ein heftiger Einstieg mit dem neuen Klassiker „Nemesis“, der gleich mal die Anlage vor Probleme stellte, die anfangs fast nicht mit dem wuchtigen Sound klarkam. Auf der Bühne wurde von Anfang an heftig gebangt, nicht nur von der Saitenfraktion, sondern auch Angela Gossow lies ihre Haare kräftig rotieren und klingt live noch brutaler als schon auf CD. Erfreulich war, dass Angela bei ihren Ansagen keine pseudoböse Stimme auflegte sondern ganz normal gesprochen hat, und das auch in deutsch. Vom aktuellen Album kam „My Apocalypse“ noch sehr mächtig rüber, Höhepunkte waren hier wohl „We Will Rise“ und „Ravenous“, die auf der Bühne genau so gut funktionieren wie von CD. Diese Dreiviertelstunde dürfte viele begeistert und erfreut haben, nicht zuletzt, weil es auf Konzerten und Festivals ja beinahe schon ein Glücksspiel ist, Arch Enemy trotz lange vorher bekannter Bestätigung dann auch wirklich zu erwischen.
Nach diesem Auftritt und der Quasi-Absage von Nevermore war das Earthshaker 2006 für mich auch schon beendet und ich machte mich auf die Heimreise. Marius und Michael Mutz verblieben vorerst noch, jedoch auch weniger lang, als geplant… (sp)

Nevermore, die Band, die für mich locker zu den Helden des Festivals gezählt hätte, musste Samstag Vormittag leider bekannt geben, dass sie im Stau stehe,und der Auftritt verlegt werden müsse. Die Veranstalter handelten schnell und konsequent und vollzogen die für mich persönlich unsäglichste Running Order-Änderung der gesamten drei Tage: Die DEATHSTARS, die, was auftretende Bands anging, sicher nach Lordi in letzter Zeit am meisten gehypt worden waren, wurden von ihrem sehr erträglichen Posten am Sonntag um 1.30 Uhr in der früh als Ersatz für Nevermore auf den 18.55 Uhr Slot nach JON OLIVIA’S PAIN vorverlegt. Man liest vielleicht schon aus diesen wenigen Zeilen heraus, ich sympathisierte schon vorher nicht besonders mit der Band, und in der Tat war mir deren alte Spielzeit auch viel lieber, man hätte die Band zusammen mit Venom einfach geflissentlich ignorieren und nach Edguy heimfahren können. Aber, es sollte, natürlich, alles ganz anders kommen, worauf das Ganze hinauslief, werde ich am Ende dieses Berichtes noch einmal kurz zu sprechen kommen. Nachdem ich die Band also wie gesagt nicht sehen wollte, aber mir dafür unbedingt die ganze Opeth-Show zu Gemüte führen wollte, kam ich ungefähr zur Hälfte des Deathstars-Set von meiner Pause nach Jon Olivia zurück. Der gelinde gesagt langweilige Eindruck, der sich durch den stumpfen Viertel-Beat einstellte, der den Weg zum Gelände begleitete, bestätigte sich nur, als ich dann vor der Bühne stand: Diese Band hat es geschafft, der berühmteste, langweiligste und eintönigste Rammstein-Fake der letzten Jahre zu werden. Die Songs liefen immer in etwa so ab, dass sie von einem auf düster getrimmten Keyboard-Intro eingeleitet wurden, dann ein „heavy“ und wahrscheinlich auch ziemlich „groovy“ 1-2-3-4-Schlagzeug-Beat hinzugefügt wurde und sich dann in Belanglosigkeit verloren. Ich muss zugeben, ich kannte zuvor nur wenige Songs der Band, und so wäre es ein Künststück gewesen, die einzelnen Songs zu unterscheiden, da sie auch immer mit demselben tiefen Gesang (Sprechen?) des Sängers unterlegt waren, ich war allerdings kaum bereit, dies zu vollbringen. So plätscherte der übrigens sehr gut besuchte Auftritt so vor sich hin, das Publikum kam mir vom Styling her aus unerfindlichen Gründen auch irgendwie sehr befremdlich vor, aber vielleicht stammen diese Eindrücke auch nur von der sonderbaren Musik, die zu hören war. Jedenfalls konnte die Band kaum klagen, mit derart belangloser Musik derart viele Besucher zu ziehen. Wer aber das Original sehen will, sollte sich aufraffen und Geld in eine Rammstein-Karte investieren, die lassen allzunervige Keyboardpassagen zumeist weg und sind auch sonst ungleich viel variabler als ihre Kopie, deren Frontman sogar das Bühnenverhalten Till Lindemanns nachzumachen versucht. Mit nacktem Oberkörper und einem liebevoll ausgedrückt „gruftigem“ Schal um den Hals, hatte er quasi immer einen Fuß auf einem der Monitor, und sangt dann möglichst weit nach hinten gebeugt seinen Text herunter. Insgesamt für mich eine sehr langweilige Performance, wie ich ja schon desöfteren erwähnte. Dass Nevermore, quasi das komplette Gegenteil der Deathstars, wegen ihrer Verspätung deren Spielzeit annehmen mussten, ist absolut schade. Zumal Nevermore, bedingt durch die Schlechtwetter-Lage dann, wie jedem bekannt sein dürfte, ihren Auftritt auch später nicht nachholen konnten. Ich will hier auch nicht unerwähnt lassen, dass entweder Venom und Edguy, oder aber die Veranstalter, wohl keine Lust hatten, das Set beider Bands ein wenig zu kürzen (Tobias Sammet hätte sich alternativ auch einfach mal sein Gelabere sparen können), sodass auch Nevermore noch eine zumindest etwa halbstündige Spielzeit hätten wahrnehmen können. Natürlich wäre es auch möglich, dass Nevermore schlicht keine Lust mehr hatten zu spielen, aber daran mag ich nicht so recht glauben. (ma)

Junge, Junge, was habe ich mich auf diesen Auftritt gefreut. Der absolut progressive Deathmetal von den Schwedenbomben rund um Mikael Åkerfeldt zählt seit mehr als einem Jahr zu meinen liebsten Zeitverschwendern. Dementsprechend weggetreten war ich während des auftrittes. Songs zuzuordnen fällt mir hier äußerst schwer. Eingestiegen sind sie jedenfalls mit „The Grand Conjuration“ von der aktuellen Scheibe „The Ghost Reveries“. Hier stimmte zum Glück der Sound, was ich mir bei einem Perfektionsiten wie Åkerfeldt allerdings auch nicht anders erwartet habe. Während der ersten Minuten war zwar das Mikro zu leise, was sich allerdings recht schnell besserte. So gut der Sound war, so perfekt war das Zusammenspiel der Musiker. Ich kannte OPETH bisher nur von Konserve und wollte mir nicht einfach nicht engestehen, dass sich diese komplexen Stücke verlustfrei auf einer Bühne zelebrieren lassen würden. Aber es ging, mein Glaube an die Metalgötter ist wieder gestärkt. Zwischen den Songs (von denen es Übrigens fünf an der Zahl gab. Andrea, du schuldest mir noch Geld von unserer kleinen Wette) sorgte Åkerfeldt mit seinen staubtrockenen Ansagen („Wir sind die Scorpions aus Deutschland“) für einige Lacher. Die größte Offenbarung kam allerdings zum Schluss in Form von „Deliverance“, der OPETH song, der einem Smashhit noch am nächsten kommt. Meine größte Befürchtung bestand bis zu diesem Zeitpunkt darin, dass Martin „The Axe“ Axenroth den bisherigen OPETH Meistertrommler Martin Lopez nicht ersetzen können würde. Ach, was habe ich mich doch getäuscht. Der mir so heilige letzte Drumpart des Songs dröhnte verlustfrei aus den Boxen.
Und Weil Donnergott Thor anscheinend ein Liebhaber von anspruchsvollem Deathmetal ist, zeigte er sich auch gnädig und verzögerte das nahende Gewitter gerade so lange, dass OPETH ihr Set beenden konnte. Neben den Apokalyptischen Reitern für mich eindeutig der Höhepunkt des Festivals. (se)

Als Opeth gegen 21:15 ihr Set beendeten, waren schwarze Gewitterwolken heraufgezogen , auf die Opeth-Sänger Herr Akerfeldt schon mit „Look at this piece of shit“ aufmerksam gemacht hatte, begann ich mir schon auszumalen, wie es denn wäre, die ersten Donnerschläge pünktlich zum Intro von Edguys „Vain Glory Opera“ zu hören. Leider kam jedoch alles ganz anders. Ein Verantwortlicher betrat die Bühne, um zu verkünden, dass nun ein gemeines Gewitter inklusive Sturmwarnung zu erwarten sei und dass man sich besser in die nebenan liegende Ostbayernhalle oder seine Autos/Zelte verkriechen sollte, das Konzert sei auch bis auf weiteres verschoben. Beim Ausgang teilte mir dann noch ein netter Security-Mensch mit, dass das Festival bei starkem Regen abgeblasen werden würde. Also warteten die meisten brav in ihren Autos/Zelten, von denen einige der Natur nicht mehr standzuhalten vermochten, einige Metaller verließen auch fluchtartig das Gelände. Nachdem wir gut eine halbe Stunde im Auto gesessen haben mochten, und der Regen immer stärker wurde, glaubten wir dem netten Security-Mensch und fuhren nach einer weiteren Viertelstunde heim. Großes Kino. Einer dicken Party in besagter Halle, dem späten umjubelten Auftritt von Edguy und Venom wohnten wir nun nicht bei. Nevermore durften anscheinend zeitlich bedingt nicht mehr auftreten, jedenfalls spielten sie nicht. Hier wäre es ja eine nette Sache der beiden vorigen Bands gewesen, ihr Set jeweils um eine Viertelstunde zu kürzen, um Nevermore doch noch einen Auftritt zu ermöglichen. Für uns war das leider alles nicht mehr von Belang, da ich und Marius uns bereits auf dem Heimweg befanden. (mi)

Marius und Michael haben sich also während des Unwetters in ihr Auto verkrümelt. Selbst schuld, denn die wirkliche Party stieg in der benachbarten Ostbayernhalle. Trotz all der Kleinigkeiten wie hoher Preise am Gelände, zu seltener Dixi-Entleerung und merkwürdiger Security-Aufträge (Einen Eingang zusperren? Warum?) gibt es ein dickes Lob für die Bewältigung dieser Herausforderung.
Nachdem Mikael Akerfeld und seine Mannen von OPETH die Bühne nach einer Killer Show verließen, kündigte sich ein fieses Unwetter an. Der Soundcheck für EDGUY wurde dennoch ohne Verzögerung durchgezogen. Währen des Aufbaus der Dekoration betrat ein Mann der Orga die Bühne und kündigte die Öffnung der Halle an. Sturmwarung war gegeben worden. Ich hatte mich mit meinen Kumpels bereits recht früh in die Halle verzogen und so bekamen wir auf den hinteren Rängen einen guten Blick auf das, was dann geschah.
Also, meine Rechnung lautet: Metaller + Freiraum + Publikum = Verrückteste improvisierte Party der Welt. Einige verdrückten sich, wie wir, auf die Ränge. Aber viele betraten diese große Reithalle durch die Arena. Und als sie die freie, sandige Fläche und das Publikum sahen, legten sie los. Eine kleine Gruppe verlange gleich von allen vier Seiten die Welle und bekam sie auch. Ein anderer Kerl hatte sich irgendwo einen Besen organisiert, Odin weiß wo, und sauste damit quer durch die Arena. Immer verfolgt von einem gut 50 Mann starken Mob. Eine andere Gruppe balgte sich um einen Wasserball. Zwei weitere Gruppen versuchten sich im Bau von menschlichen Pyramiden. Einige verwegene kanalisierten Adam, zogen sich bis auf das letzte Hemd aus, und zeigten sich den unfreiwilligen Zusehern in ihrer vollen Glorie. Zu diesem Zeitpunkt wurde bereits Musik über die halleneigene PA eingespielt und ein riesiger Moshcircle hatte sich gebildet. Ich konnte mit meinen Kumpels nur in purem Unglauben glotzen, was da so alles abging, völlig friedlich, ohne Streit, ohne Kampf.
Nach einer halben Stunde hatte es sich ausgeregnet und die Metaller Massen bequemten sich auf das Gelände, um EDGUY zu genießen. Für mich war das Happening in der Halle jedenfalls definitv der nichtmusikalische Höhepunkt des Festivals. Wieder einmal wurde eines bewiesen: Gebt uns Eisenschädeln ein Wenig Auslauf und gute Musik und wir sind glücklich, zufrieden und friedlich. Ich wage zu bezweifeln, dass die Situation bei irgend einem anderen musikalischen Festival genau so reibungslos funktioniert hätte. (se)

Also, das Unwetter und die daraus resultierende Spontan-Party in der Ostbayerhalle haben anscheinend alle überlebt. Nachdem der Regen sich verzogen hatte, füllte sich der Platz vor der Bühne wieder relativ schnell. Bis auf die Stellen, die in den vergangenen Tagen von Wasserwerfern malträtiert worden sind, gab es nicht einmal viel Matsch. Die Leute waren vom Spaß in der Halle richtig aufgegeilt und bereit für EDGUY wie sonstwas. Und Frontflummi Tobi Sammet wusste das auch auszunutzen. Mir gibt der Happy-Metal der Edguys zwar nicht viel, aber die Show war dennoch ein Hammer und wirklich jeder anwesende wurde davon mitgerissen. Kein Wunder bei Hämmern wie „Lavatory Lovemachine“, „Mysteria“ (ein Highspeedkracher wie ich gerne mehr gehört hätte) oder „Fucking with Fire“. Tobis Ansagen sorgten allerorts für Gelächter. Vor allem im Vorfeld zu „Fucking with Fire“: „Ich will mal ehrlich sein, beim nächsten Song gehts ums Ficken“ (Ficken, Ficken, Ficken Sprechchöre) „Aber wir ficken keine schönen Frauen und, im Falle von Felix, auch keine schönen Männer“. Der Junge ist eben nicht nur ein guter Sänger, sondern auch ein erstklassiger Entertainer. Als kleine Überraschung, zumindest für mich, gab es den gleichnamigen „Coversong“ von Tobis Sideprojekt Avantasia. Tja, als letzte Band des Festivals (Venom zählen für diesen Metalhead nicht) hätte es wohl kaum eine bessere Wahl als EDGUY geben können. (se)

FAZIT
Juli 2006, Rieden/Kreuth im Ostbayrischen. Die Erde wird beben, Earthshaker Festival ist angesagt. So, damit wären auch die Kalauer abgedeckt. Bereits am Mittwoch spie mich der brennheiße Regionalzug in Amberg aus, wo mich ein paar Freunde mit dem Auto abholten. Und das ist gut so, denn der Shuttle Service vom Bahnhof zum 25 Kilometer entfernten Festival Gelände war mehr als dürftig. Ganze vier Verbindungen und die erst am Donnerstag. Das ist mehr als dürftig. Bereits bei der Ankunft am Campinggelände erwarten uns die ersten Überraschungen. Erstens, das Gelände ist wirklich schön. Abseits gelegen in einer hügligen Landschaft, gleich in Nachbarschaft der Ostbayernhalle. Das Earthshaker gastiert hier zum ersten Mal. Unangenehmer war da schon das rigorose Grillverbot wegen Waldbrand Warnstufe 4. Danke, Sonne. Naja, dachten wir uns, schaffen wir mal unser Zeugs vom Park- zum Campingplatz und fahren dann einkaufen. Aber wieder nichts. Statt der angekündigten Trennung zwischen Camping und Parken werden wir mit unserem Auto auf den Campingplatz gelotst und dort von relativ freundlichen Securities wie die Sardinen in Reih und Glied auf das Gelände gezwängt. Während des Aufbaus eine positive Überraschung: Wir sind nur fünf Gehminuten vom Festival Gelände entfernt und alleine in Sichtweite stehen zehn Dixies. Und all zu groß ist der Campingplatz auch nicht. Also kuschelig und sauber? Das werden die kommenden Tage zeigen.
Unseren Pavillion errichteten wir im Schweiße unseres triefenden Angesichts. Danach wollten wir eigentlich einkaufen fahren, aber die Security teilte uns mit, dass wir zwar das Gelände mit dem Auto verlassen, aber danach nicht wieder hineinfahren dürften. Eine sehr merkwürdige Entscheidung. Verdrossen bissen wir die Zähne zusammen, schulterten zwei große Rucksäcke und machten uns auf den Weg. Nicht lange auf der Straße, begegneten wir einer netten, jungen Dame, die uns anbot, uns mit ihrem Auto mitzunehmen. Danke, meine Liebe Agnes, du hast uns das Leben gerettet. Was das Grillverbot betrifft sorgte die Security rigoros für die Durchsetzung, obwohl dann doch hin und wieder der Duft von gegrilltem Fleisch in die Nasen stieg. Komischerweise schien sich jedoch niemand von brennenden Zigaretten stören. Etwas inkonsequent, das Ganze.

Der nächste Hammer erwartete uns am kommenden Tag am Campinggelände: Vier Euro für einen Hotdog, drei Euro für einen 0,4 Liter Becher Becks? Da hat wohl jemand vom Grillverbot gehört. Es gab zwei eingänge, von denen allerdings einer ohne erfindlichen Grund die halbe Zeit gesperrt war. Die Security konnte sich anscheinend nicht zwischen ordentlicher und schneller Sicherheitskontrolle entscheiden. Manchmal ging es schnell, dann wieder im Schneckentempo. Bänder wurden wenn dann nur stichprobenartig kontrolliert. Der Ticketstand hatte, wie uns einige sichtlich genervte Festival Besucher mitteilten, auch erst nach Stunden Verspätung geöffnet.
Lauter Kinderkrankheiten also, und für das ein klein Wenig zu gute Wetter kann niemand etwas. Es wurde zwar versucht, das Grillverbot mit einer Grillzone auf einem Schotterparkplatz zu relativieren, doch das war auch irgendwie umsonst. Wer mag schon verstaubte Steaks? Ansonsten wurde die Hitze recht gut bekämpft. Ein ganz besonders dickes Lob geht an die ortsansässige Feuerwehr, die mit Tankwagen regelmäßig die Campingplätze besuchte und auch beiderseits der Bühne mit Schläuchen für Abkühlung sorge. Danke Jungs, ihr wart die wahren Helden des Earthshaker. Bei den zahlreichen Becks-Ständen wurden sogar Becher mit einem Liter fassungsvermögen angeboten. Aber irgendwie wollten die leicht genervt wirkenden Barleute nur Bier darin ausschenken. Bei der Hitze schwer unverständlich.
Was die kaufbare Versorgung betrifft: Am Donnerstag wurde von irgendwo her ein fahrbarer Supermarkt angekarrt. Dort gab es zum Beispiel Chips, Becks Dosen für 1,80 das Stück oder billigste Aldi-Isomatten für 15 Euro (wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt). Das, meine Freunde, muss beim nächsten mal besser werden. Wenn schon ein Festival in der Pampa, dann muss eine leistbare, ordentliche Versorgung sichergestellt werden. Nicht jeder kann mit Vorräten für drei bis vier Tage anreisen.

Aber genug der Schelte. Das dickste Lob bekommt die Festival Leitung für die korrekte und prompte Reaktion auf das Unwetter am Samstag. Die Unterbringung von gut 10.000 Metalheads in der Ostbayernhalle muss sich ja schmerzhaft auf den Geldbeutel auswirken, man denke nur an die Reinigungskosten! Die Security war großteils freundlich, auch wenn die Leute teilweise überfordert wirkten. Wieso wurden keine Locals eingestellt? Apropos Locals: Ich habe einige Leute auf dem Festival gesehen, die mit sicherheit keine Metalheads waren. Ich schließe daraus, dass die Neugier nicht wenige Riedener zum Earthshaker getrieben hat. Das nenne ich mal aufgeschlossen. Da fühlt man sich gleich viel willkommener. Leider hat die Bevölkerung wohl nicht mit dem Andrang gerettet. Der Imker auf dem Weg zum Festival hätte nur ein Schild mit Werbung für seinen Met auf die Straße stellen müssen und er hätte ein gutes Geschäft gemacht. Lecker Zeuchs zu einem fairen Preis, was ein Glück, das wir den Laden gefunden haben. Auch die Besucher des Festivals verhielten sich, in erwartbaren Grenzen, zivlisiert. Nur wenige soffen sich ins Nirvana, freundliche Leute überall, keine Schlägereien, kein Pöbel.

Alles in allem war das Earthshaker 2006 ein gelungenes Festival mit angenehmer Atmosphäre. Ich kam mir vor wie im kreise einer großen, gut funktionierenden Familie. Bis zum nächsten Mal müssen nur noch einige Kinderkrankheiten ausgebügelt werden, dann nehme ich, nicht zuletzt wegen dem schönen Gelände, gerne wieder eine siebenstündige Zugfahrt auf mich. (se)

Publiziert am von Marius Mutz

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