Festivalbericht: Feuertanz Festival 2012 – Tag 2

23.06.2012 Burg Abenberg

Dauerte es am ersten Tag bis zu den Apokalyptischen Reitern, ehe zum ersten Mal härtere Riffs auf dem Feuertanz 2012 zu hören waren, so eröffneten die Hamburger VOGELFREY den zweiten Festivaltag mit waschechtem Folkmetal, melodiös untermalt und charismatisch vorgetragen. „12 Schritte zum Schritt“ haben die Nordlichter ihr neues Werk getauft, welches sie auf Burg Abenberg ausführlich vorstellten. Dazu kamen einige ältere Songs wie „Feenfleisch“, „Heldentod“ und „Belsazar“. Sowohl die frischen Stücke wie auch die älteren Lieder erwiesen sich dabei als ungemein festivaltauglich – und openergeeignet. Entgegen ihrer eigenen Erwartungen hatten die Musiker insgesamt 60 statt der erwarteten 45 Minuten Spielzeit. Dem Publikum schien es zu gefallen und nach einigen kurzen Absprachen hatten VOGELFREY keine Mühe, die zusätzliche Spielzeit trotz sichtlicher Improvisation ansprechend zu füllen. Sei es Sänger Jannik am Mikro oder Johanna am Cello – die Musiker lieferten hervorragende Arbeit an ihren Instrumenten ab. Nur Christopher und Dennis an der E-Gitarre bzw. am Bass dürften sich noch etwas mehr hervortun.

IGNIS FATUU haben sich im Laufe der letzten Jahre als einer der Aufsteiger in der Folkszene herauskristalliert. So traten die Nürnberger u.a. bereits beim letztjährigen Wacken auf. 2012 hat sich das Gesicht der Band indes etwas geändert: So wurde das ehemalige Quintett durch Ex-Fiddler’s Green Mastermind Peter Pathos an der Gitarre zu einem Sextett. Darüber hinaus feierte Bassist Volker in Abenberg sein Comeback nach einer Babypause und debütierte zudem seinen neuen Bass. Dass der Motor beim Debüt noch alles andere als rund lief, wurde schnell offen- bzw. ohrenkundig. So vergriff sich Sänger Alex zunächst beinahe bei jedem Ton. Hinzu kam eine fatal abgemischte Soundkulisse, die den auf CD hervorragenden Stücken wie „Wörterschmied“ und „Spielmann“ jegliches Flair nahm. Zwar kämpften IGNIS FATUU tapfer gegen die widrigen Voraussetzungen an, doch erst gegen Ende hatte auch Sänger Alex bei „Nordwind“ und „Wächter der Nacht“ etwas besser in die Spur gefunden. Zuvor konnte Dudelsackspielerin Irene als weibliches Gegenstück in Songs wie „Stille Wasser“ ein wenig die schlechte Tagesform des Frontmanns kompensieren, doch klang ihre Stimme manchmal noch zu zaghaft. Umso präsenter war hingegen Peter Pathos mit seiner schwarzen Folkgitarre am Bühnenrand, der trotz vorhandener Soundmängel mehrfach aufblitzen ließ, wie gut er den Süddeutschen an der Gitarre tut.

Mit COPPELIUS hatte sich das Feuertanz Festival 2012 nach 2009 wieder einmal eine besondere Prise Extravaganz eingekauft. Nicht ohne Grund, bewiesen die Berliner unter freiem Himmel in der Folge besonders auf Burg Veldenstein 2010 und beim Schlosshof Festival 2011 über welche besonderen Qualitäten sie bei derlei Anlässen verfügen. Eben jenes Niveau konnten die Kammercore-Musiker anno 2012 nicht ganz erreichen. Zwar wurde die Songauswahl von der konzertanten Frühjahresreise u.a. mit einem hervorragenden „Murders In The Rue Morgue“ etwas festivaltauglicher gestaltet, doch fehlte mit „Operation“ eines der hervorragendsten Livestücke ohne ersichtlichen Grund. Songs wie „Risiko“ und „Gumbagubanga“ sowie Klarinettenspieler Le Comte Caspar auf der Jagd nach einer Seifenblase boten dennoch genügend Material, um die Spielzeit mehr als unterhaltsam zu füllen. Genau wie Ignis Fatuu hatten COPPELIUS anfangs mit technischen Problemen zu kämpfen, so dass Sänger Max Coppella bei „Schöne Augen“ zunächst nicht zu hören war und dies mit einem sichtlich irritierten Blick quittierte. Der Fehler war jedoch schnell behoben und im Verlauf des Auftritts besserte sich zudem die Soundqualität merklich, ohne dabei zu 100 Prozent überzeugen. Im Zugabenblock schlossen COPPELIUS wiederum an ihre Hallentour im Frühjahr an: So nahm Diener Bastille bei „Running Free“ temporär am Schlagzeug Platz, um direkt im Anschluss zusammen mit Le Comte Caspar die Menge zum Sitzen und Lauschen aufzufordern. Das andächtige Ambiente zahlte sich aus: Mit „Ade mein Lieb“ bescherte die Band einigen Besuchern eine wonnige Gänsehautatmosphäre. Besonders bei eben jenem Abschlusssong wurde deutlich, wie hervorragend die einzelnen Sängerstimmen bandintern harmonieren.

Jener Umstand ist auch bei den Folkcomedybarden FEUERSCHWANZ gegeben, die bereits seit geraumer Zeit sowohl bei Rock- als auch bei Marktshows vom dynamischen Duo bestehend aus Hauptmann Feuerschwanz und Prinz Richard Hodenherz angeführt werden. Ihre Moderationstätigkeit am ersten Tag nutzten die beiden größtenteils für Eigenwerbung, am zweiten Festivaltag standen sie nun selbst zusammen mit ihren Mitmusikern auf der Bühne. Und überraschten. Gipfelten besonders die Clubkonzerte der Süddeutschen oft in relativ niveauarmen Saufgelagen mit entsprechender pseudomittelalterlicher Mitgröhlmusik, so geriet der Auftritt von „des Hauptmanns geilem Haufen“ auf dem Feuertanz 2012 musikalisch erstaunlich hochwertig und professionell. Mit „Jungfernkranz“ startete das Sextett direkt mit einer der stärksten Kompositionen von ihrem letzten Album „Wunsch ist Wunsch“. Natürlich durften im Verlauf des Konzerts etablierte Live-Bastionen wie „Wir lieben Dudelsack“ und „Met und Miezen“ nicht fehlen, doch die Live-Umsetzung in Abenberg rockte (und folkte) mehr als z.B. der FEUERSCHWANZ-Auftritt beim letztjährigen Veldensteiner Open-Air. Hauptverantwortlich dafür waren neben den gut aufgelegten Sängern und einem deutlich satteren Sound wieder einmal Hans Platz an der Gitarre, Knappe Latte am Bass sowie Johanna von der Vögelweide an der Geige. Auch das vorgestellte neue Material vom kommenden Album „Walhalligalli“, welches am 31. August erscheinen wird, stimmte optimistisch und lässt trotz des albernen Titels hoffen, dass die Truppe sich wieder mehr dem bodenständigen Folkrock zuwendet. Dass dabei parallel der Met ebenfalls fließen kann, bewiesen die Fans bereits jetzt.

Der Name MONO INC. als Semi-Headliner des Samstags mutete auf dem Billing zunächst ähnlich seltsam an wie der der Apo Reiter am Freitag. Der Bezug eben jener beiden Bands zu dieser Art Festival ist bestenfalls mit zwei fest zugekniffenen Augen gegeben. Doch genau wie bei den Reitern am Vortag, spielte diese Tatsache eine untergeordnete Rolle, bewiesen die Hamburger doch vor einem gut gefüllten Zuschauerbereich, warum ihr kometenhafter Aufstieg bis zum Support von Unheilig nicht von ungefähr kam. Zwar wurde besonders das letzte Album „Viva Hades“ inzwischen auf ausführlichen Touren bundesweit beinahe totgespielt, doch zusammen mit der neuen Veröffentlichung „After The War“ und wohldosiert sind MONO INC. derzeit eine der stärksten Gothrock-Livebands des Landes. Litten die Auftritte des Quartetts früher noch unter Tageslicht, so überzeugen Songs wie „Gothic Queen“, „Symphony Of Pain“ und „Voices Of Doom“ inzwischen auch abseits von intimen Clubshows am späten Nachmittag. Dazu wurde der Akustikpart von Sänger Martin bestehend aus dem Iggy Pop-Cover „The Passenger“ mit „In My Heart“ um eine starke Singer/Songwriter-Komposition erweitert. Zusammen mit dem bereits bekannten Bush-Coversong „Comedown“ und dem von Gary Moore adaptierten „After The War“ gesellten sich weitere Remakes zur Songauswahl, durch die MONO INC. in zweierlei Hinsicht profitieren: Die Originale sind bereits bei weiten Teilen des Publikums bekannt, doch haben es die Jungs und Schlagzeugerin Katha Mia geschafft, all ihren Coverversionen einen Wiedererkennungswert mit MONO INC.-Touch zu verleihen, sowohl optisch als auch musikalisch. Durch diese Verbindung aus aufgepepptem Altbekannten und ausgeprägten Eigenanteil dürfte der Aufstieg der Norddeutschen nur schwer zu bremsen sein. Selbst das Abenberger Publikum zeigte sich fernab von Dudelsack, Flöte und Schalmei begeistert von einer energiegeladenen Show voller Rock, die lediglich im Mitmachteil von „The Passenger“ kurzzeitig etwas ins Stocken geriet.

Nach 2010 feierten SUBWAY TO SALLY bereits zwei Jahre später ihr Headliner-Comeback beim Feuertanz. Und im Vergleich zu den „Kreuzfeuer“/“Bastard“-Tagen hat sich im Bandkonzept einiges getan: „Schwarz in Schwarz“ wurde nicht nur das neueste Album der Potsdamer getauft, sondern die dahinterliegende Attitüde bzw. die Rückbesinnung auf die früheren Jahre versuchten Eric Fish, Bodenski und Co. auch live zu verkaufen. So war die gesamte Setliste merklich auf die neueste Schaffensphase sowie einige ältere Perlen der Szeneurgesteine getrimmt. Dazu blieb die Bühne fernab einiger Pyroeffekte und Feuereinlagen ebenfalls größtenteils in Schwarz gehüllt. Im Vergleich zu den Vorjahren wirkten STS musikalisch weniger melodiös, dafür instrumental brachialer und metallischer. So machten sich bereits früh zu „Schlagt die Glocken“ ungeahnte Mengen an Stagedivern auf den Weg Richtung Bühne, teilweise sogar Kinder. Dieses Schauspiel erinnerte an das Summer Breeze im kleineren Stile. Eric Fish schien sichtlich Gefallen daran zu entwickeln, ehe er selbst bei „Das schwarze Meer“ kurzzeitig in eben jenes im Zuschauerraum eintauchte. Zwischenzeitlich wurden mit „Tanz auf dem Vulkan“ und „Besser du rennst“ auch noch stärkere Kompositionen aus den letzten Jahren geschickt in die neue Live-Show eingeflochten, wenngleich Circle Pit-ähnliche Publikumsläufe trotz gestiegenem Metalanteil bei SUBWAY TO SALLY immer noch zu gewollt anmuten.
Die Stimmung im weiten Rund vor der Burg gab den Musikern und ihrer Songauswahl jedenfalls weitestgehend Recht, selbst wenn der Sound besonders in den Randbereichen im Vergleich zu vorher wieder merklich abfiel. Im späteren Verlauf wurden schließlich auch die Fans von eher mainstreamigen Klassikern wie „Sieben“ bedient, ehe am Ende wieder einmal das unvermeidliche „Julia und die Räuber“ angestimmt wurde. Bereits am Vortag hatten einige Subway-Fans immer wieder dieses Evergreen gesungen, doch aus dem Hals von mehreren hundert Fans besitzt es immer noch eine faszinierende Außenwirkung. Selbst wenn es musikalisch und inhaltlich vermutlich nicht mehr dem Hauptaugenmerk von STS entspricht: Ein Nachfolger ist nicht absehbar. Vielleicht liegt hier für SUBWAY TO SALLY genau wie bei anderen Kapellen des Genres die Herausforderung für die Zukunft.

Den Abschluss für das Feuertanz Festival 2012 markierten schließlich Sören Vogelsang und Martin Spieß alias DAS NIVEAU im Burgsaal. Dort fanden sich nach 0 Uhr noch zahlreiche Besucher und Musiker zusammen ein, u.a. Le Comte Caspar von Coppelius, Michael Boden von Subway to Sally und Prinz Hodenherz von Feuerschwanz. Das Duo Vogelsang/Spieß wiederholte dabei abseits einiger neuer Niveauisationen, bei denen beliebige Anwesende einerseits Tonart und andererseits Inhalt des folgenden improvisierten Songs vorgeben, größtenteils sein Tagesprogramm mit Songs wie „Lieder übers Vögeln“ und „Der Blues“. Diese Songs hatten die meisten bereits als Teil der Anmoderationen zwischen den Bands gehört und die Reaktionen fielen wie bei Feuerschwanz am Vortag gemischt aus. Nur musste man DAS NIVEAU zugute halten, dass sie sich effektiv Gedanken zu den einzelnen Gruppen gemacht hatten. Über den Unterhaltungswert von Jokes wie „Wie lautet das Gegenteil von Mono Inc.? Stereo Graphit.“ lässt sich an anderer Stelle allerdings diskutieren.
Vom Feuertanz Festival 2012 bleibt indes dank herrlichstem Wetter und eines wieder einmal hervorragend gestalteten Geländes (wenngleich weniger Marktstände als im Vorjahr zu finden waren) ein insgesamt positiver und gelungener Eindruck. Abseits einiger Soundkapriolen am Samstag bei Ignis Fatuu und einer zähen Anlaufphase am Freitag konnten musikalisch unter dem Strich besonders Vogelfrey, Feuerschwanz und Mono Inc. überzeugen. Doch auch alle anderen Kapellen fanden wie gewohnt ihr Publikum und so wird es auch zweifellos im Juni 2013 wieder zwei Tage voller Folk, Rock, Markt und auch Metal geben.

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert