Konzertbericht: Max & Iggor Cavalera w/ Tenside

28.11.2016 München, Backstage (Werk)

max-iggor-cavalera

Die Situation rund um die brasilianischen Thrasher Sepultura ist schon lange kompliziert: Anders als bei anderen Bands, bei denen Besetzungswechsel dazugehören und von den Anhängern akzeptiert werden, gibt es bei Sepultura nicht wenige Fans, die der Truppe seit dem Ausstieg von Max Cavalera im Jahr 1996 – spätestens jedoch, seit 2006 auch noch dessen Bruder Iggor die Segel strich, die Legitimation absprechen, überhaupt als Sepultura zu firmieren. Dass sich zuletzt Max Cavalera selbst in die Diskussion einmischte, indem er in seiner Biographie kräftig gegen die verbliebenen Musiker austeilte und zu verstehen gab, dass er durchaus gerne wieder selbst unter dem Namen Sepultura auftreten würde, heizte die Diskussion zusätzlich an.

Ob es überhaupt soweit kommt, ist ungewiss – zumindest jedoch düfte bis dahin noch viel Zeit vergehen. Bereits jetzt bekommen die Fans jedoch so etwas wie eine Sepultura-Reunion „Light“: Als MAX & IGGOR CAVALERA zelebrieren die beiden Thrash-Brüder gemeinsam mit ihren Cavalera-Conspiracy-Musikern Marc Rizzo (Gitarre, auch Souflly) und Johny Chow (Bass, auch Stone Sour) das Jubiläum des legendären Sepultura-Albums „Roots“.

tenside-06Kurz und schmerzlos eröffnen den Abend Schlag Acht zunächst TENSIDE aus München, die bereits 2012 und 2014 im Vorprogramm von Soulfly mit Max Cavalera auf Tour waren. Mit ihrem groovigen Metal, vor allem aber einem sehr bodenständigen, sympathischen Auftreten können die Vier in der ihnen zugedachten halben Stunde Spielzeit vielleicht keine Berge versetzen und auch der Wunsch nach einem Moshpit kommt für das Publikum eindeutig noch zu früh. Dennoch wissen TENSIDE, die seit 2004 auf unzähligen Touren und Festials Live-Erfahrung gesammelt haben, mit einer professionellen, engagierten Show zu gefallen, die Interesse am im Januar 2017 erscheinenden, neuen Album „Convergence“ weckt.

cavalera-12Um 21:00 heißt es dann: „Return To Roots“. Das Motto der Tour ist dann auch ohne wenn und aber Programm: Nach kurzem Intro legen MAX & IGGOR CAVALERA, ganz der Album-Tracklist von „Roots“ folgend, direkt mit ihrem wohl größten Hit los. Das Publikum macht diesen Kaltstart locker mit und springt direkt an: „Roots, bloody Roots“ schallt es sogleich aus der Halle eindrucksvoll in Richtung Bühne, während in der Hallenmitte direkt und ohne Umschweife ein wilder Moshpit entflammt. „Attitude“ mit live gespieltem Berimbau, „Cut-Throat“, „Ratamahatta“ … für viele Fans dürfte hier und heute ein Traum in Erfüllung gehen.

cavalera-07Doch „Roots“ wäre nicht „Roots“, wäre es ein reines Thrash-Album, das sich mal eben live herunterspielen lässt: Als Urvater der Thrash-Tribal-Verschmelzung stellt das Album seine Erschaffer vor die eine oder andere Schwierigkeit in der Live-Umsetzung, die MAX & IGGOR CAVALERA vor größere und kleinere Herausforderungen stellt: „Jasco“ (und natürlich den „Canyon Jam“) lassen MAX & IGGOR CAVALERA aus, „Ambush“ verliert hintenraus etwas an Charme und auch wenn „Itsári“, umfunktioniert zum simplen, aber groovigen Drumsolo äußerst schmissig daherkommt, hätte es auch nicht geschadet, hätte Rizzo die Gitarrenbegleitung live gespielt. Der Stimmung tut das freilich keinen Abbruch – im Großen und Ganzen geht es schließlich um die Riffs. Und die bekommen Sepultura-Fans heute en masse.

cavalera-06War die Spielfreude Frontsympath Max und seinen Mitstreitern schon während der „Roots“-Darbietung anzusehen, folgt nach dem fetzigen „Dictatorshit“ eine Zugabe, die die Lässigkeit einer öffentlichen Bandprobe hat: Zunächst wird Celtic Frost gecovert, anschließend „Orgasmotron“ von Motörhead angespielt, bevor die Show mit einem schmissigen „Ace Of Spades“-Cover einen weiteren Höhepunkt verpasst bekommt. Einzig die extrem schnelle, brutale Version von „Roots Bloody Roots“, die MAX & IGGOR CAVALERA als der Abschluss der Show abfeuern, hätte es vielleicht nicht gebraucht – verliert der Song in diesem Tempo doch viel von seinem einzigartigen Charme.

Auch wenn MAX & IGGOR CAVALERA das Backstage Werk heute nicht ganz voll machen können, ist das Interesse der Fans an dieser Jubiläumstour auch ohne den Namen Sepultura beachtlich. Und wenn der Abend eines gezeigt hat, dann, warum MAX & IGGOR CAVALERA eine „Return To Roots“-Tour spielen und nicht etwa Green, Kisser und Paulo Jr.: Während letztere die Songs höchstens live spielen, merkt man Max Cavalera an, dass er die Songs liebt und lebt. Sicherlich hätte eine „echte“ Reunion ihren Reiz – mit der Wiedervereinigung von MAX & IGGOR CAVALERA ist der wichtigste Schritt jedoch bereits getan.

cavalera-09

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert