Konzertbericht: Mono w/ Årabrot, Jo Quail

29.04.2019 München, Strom

Wie kein anderer Name steht MONO für japanischen Post-Rock – kein Wunder, feiert die Band doch 2019 bereits ihren 20. Geburtstag. Mit ihrem starken Album „Nowhere Now Here“ im Gepäck und in Begleitung der Cello-Solistin JO QUAIL sowie der Grammy-Preisträger ÅRABROT kommen MONO für vier Jubiläumsshows nach Deutschland: Dass man als Fan hier erscheinen muss, ist klar. Wann, bleibt zumindest in München hingegen unklar – geben Facebook, Homepage und Ticket doch einmal mehr unterschiedliche Informationen zu den Anfangszeiten.

Obwohl auf Tickets und Homepage „20:00 Einlass, 21:00 Uhr Beginn“ angekündigt war, ist das Münchner Strom um halb neun bereits erfreulich gut gefüllt. Zum Glück für JO QUAIL, die den Abend eröffnet – aber auch für die Anwesenden, die sonst einen packenden Auftritt verpasst hätten: Ganz allein auf der Bühne, arbeitet die Cellistin aus London mit kurzen Patterns, die sie zunächst auf ihrem E-Cello einspielt und anschließend als Basis für weitere Sound-Layer loopt. Gezupfte und geschlagene Rhythmen erweitert JO QUAIL so um kurze Melodien immer weiter zu spannenden Soundkollagen. Das Ergebnis klingt mal groovy, mal düster, zuletzt wird auch noch improvisiert („Mandrel Cantus“). Bei alledem geht JO QUAIL selbst so sehr in ihrer Musik auf, dass schon das leise Zischen der Nebelmaschine die Komponistin wie aus einer Trance reißt. Doch auch das über die 25-minütige Show hinweg absolut beherrscht leise Publikum ist daran im besten Sinne nicht „unschuldig“: Bei welcher Show hört man schon die Nebelmaschine zischen?

Lauter, brachialer, vor allem aber männlicher wird es im folgenden bei ÅRABROT. Während das der kernigen Musik des Noise-Rock-Power-Trios durchweg zugute kommt, wirkt das mit Attributen wie Schnurrbart, breitkrempigem Hut und Backdrops mit Vagina-Logo zelebrierte maskuline Image etwas dick aufgetragen. Zumindest steht die Musik den damit geweckten Erwartungen nicht nach: Geboten wird groovig-dreckiger Rock, der vor allem durch die alles aus dem Weg räumende Rhythmusfraktion Kraft gewinnt. Dass Live-Bassist Emil Nikolaisen zur Hälfte der Show ausgerechnet die E-Saite reißt, spricht Bände – tut der Show jedoch trotz des gescheiterten Versuchs, die Saite zwischen den beziehungsweise während des folgenden Songs zu wechseln, keinen Abbruch. Für etwas Abwechslung im ansonsten sehr straighten Sound sorgt Jo Quail, die einen ruhigeren Song auf ihrem E-Cello begleitet. Ansonsten heißt die Devise der 40-Minütigen Show: Volle Kraft voraus. In einem anderen Setting hätten ÅRABROT damit vermutlich für ordentlich Bewegung im Publikum gesorgt – heute müssen sich Mastermind Kjetil Nernes und Konsorten mit wohlwollendem Applaus begnügen.

Im zwar abgehängten, im vorderen Teil dafür gesteckt vollen Strom ist die Vorfreude fast greifbar, als MONO die Bühne zu „God Bless“, dem Intro ihres aktuellen Albums „Nowhere Now Here“, betreten. So dauert es auch nur wenige Augenblicke, bis das Quartett die Fans mit dem auch auf Platte folgenden „After You Comes The Flood“ in ihren Bann geschlagen hat. Ob nun das aktuelle, schier atemberaubende „Breath“ mit dem anmutigen Gesang von Bassistin Tamaki Kunishi oder das 15 Jahre alte „Halcyon (Beautiful Days)“, bei dem Jo Quail ein weiteres Mal an diesem Abend das E-Cello auspackt und das Stück so erst albumgetreu umsetzbar macht: Es lässt sich kaum feststellen, ob Band oder Publikum sich weiter in die Musik hineingezogen fühlen.

Dass MONO das halbe Set mit neuem Material bestreiten, ist nicht nur in Anbetracht der Qualität des Albums erfreulich, sondern sorgt auch dafür, dass sich die Setlist des mit 80 Minuten zudem deutlich längeren Sets stark von ihrer letzten Show auf der Bühne des Strom zwei Jahre zuvor unterscheidet. Hatten MONO damals noch mit „Ashes In The Snow“ angefangen, nutzen die japanischen Meister des Crescendo dieses Zehn-Minuten-Kleinod heute als krönenden Abschluss einer packenden Show, die anschließend im Lärm von allerlei Noise-Effekten ihr fulminantes Ende findet. Dass MONO anschließend nochmal auf die Bühne kommen und mit „Com (?)“ noch eine Zugabe zu geben, die erneut in einem Noise-Inferno endet, ist da fast schade, nutzt sich der Effekt doch beim zweiten Mal enorm ab. Der einzige Makel einer ansonsten dramaturgisch perfekt inszenierten Show.

  1. After You Comes The Flood
  2. Death in Rebirth
  3. Breathe
  4. Sorrow
  5. Meet Us Where The Night Ends
  6. Halcyon (Beautiful Days)
  7. Ashes in the Snow
  8. Com(?)

Warum man ein Konzert mit drei Bands unter der Woche einerseits erst, andererseits schon um 20:30 Uhr beginnen lässt (während auf allen Tickets wie auch der Website des Clubs 21:00 Uhr angegeben ist), bleibt ein Rätsel. Fakt ist: Während viele der zahlenden Gäste ungewollt die packende Show von JO QUAIL verpassen, ist es fast halb zwölf, als das Konzert endet. Mag das auch ärgerlich, da unverständlich, sein – musikalisch macht der Abend all das wett: Nach gelungen rockiger Auflockerung durch die Noise-Rocker ÅRABROT erleben die Fans heute eine nahezu perfekte Darbietung von MONO, welche die letzten München-Shows der Band nicht nur durch die Songauswahl, sondern auch an spielerischer Intensität weit in den Schatten stellt.

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