Konzertbericht: Shadow Of Intent w/ Enterprise Earth, Angelmaker, To The Grave

26.01.2023 Felsenkeller, Leipzig

Elegy European Tour 2023

Im Leipziger Zentrum wird das Konzertjahr für alle Deathcore-Fans mit einem Szeneleckerbissen sondergleichen eröffnet: Im Felsenkeller hält die Elegy European Tour, die Albumpromoting-Tour für die aktuelle Platte von SHADOW OF INTENT. Als Special Guest haben die Amerikaner ihre Genre-Kollegen ENTERPRISE EARTH, ANGELMAKER und TO THE GRAVE mitgebracht. Nachdem die Show aus bekannten Gründen mehrfach verlegt werden musste, wurde das Package aus vier Bands schlussendlich sogar von Naumanns Tanzlokal in den größeren Saal des Felsenkellers hochverlegt.

To The Grave

Pünktlich halb acht beginnen die Australier von TO THE GRAVE mit ihrer Show. Schon jetzt tummeln sich hunderte Menschen im Ballsaal des Felsenkellers, in den ersten Reihen rotieren bereits einige Mähnen. Bandshirts mit Aufschriften zahlreicher Deathcore-Bands prägen das Bild des Abends. TO THE GRAVE fügen sich problemlos in dieses Bild ein, sind die Australier doch seit 2021 ein stets gut ablieferndes Pferd im Rennstall von Szenelabel Unique Leader Records.

Schon zu Beginn des Konzerts zeigen sich zwar erste zaghafte Ansätze eines Circle Pits, aber erst beim siebten und letzten Track „Wastage“ wird der Aufforderung von Sänger Dane Evans zur Wall Of Death nachgekommen. Dazwischen feuert das Quartett einige Uptempo-Nummern durch den Ballsaal, der sich zusehends füllt. Mit den Shouts von drei unterschiedlichen Bandmitgliedern und dem Wechsel von kurzen elektronischen Samples und klassischen Breakdowns schleicht sich bei TO THE GRAVE alles andere als Vorhersehbarkeit ein. Nach 25 Minuten beenden die Australier ihre Show, deren Dynamik an einen beinah überkochenden Topf erinnert. Da bekommt man Bock auf mehr – zum Glück steht die nächste Deathcore-Kombo bereits in den Startlöchern.

  1. Warning Shot
  2. Red Dot Sight
  3. (•REC)
  4. Terrorist Threat
  5. Intermission
  6. Miserable Summer
  7. Axe of Kindness

Angelmaker

Um kurz nach acht Uhr betreten sechs Kanadier die Bühne, die völlig unverständlicherweise bei noch keinem Label unter Vertag stehen, sondern auch ihr letztes Album „Sanctum“ (2022) in Eigenregie auf den Markt brachten. Dass ANGELMAKER ihren Genre-Kollegen dabei in nichts nachstehen, zeigt sich bereits im ersten Song: Dominiert von zwei hervorragenden Shoutern, spielen die Nordamerikaner slammigen und technischeren Deathcore als die Opener. Diese Mischung kommt gut an, werden die Songs mit wesentlich mehr Applaus gefeiert als bei TO THE GRAVE. Die hohe Anzahl an ANGELMAKER-Fans in den vorderen Reihen führt bereits nach dem zweiten Song „Vengeance“ zu Pit-ähnlichen Zustände. Die technische Brillanz der Musiker mündet in starke Blastbeat-Passagen und knackigen Breakdowns, aber nicht nur das, dank dem Gitarristen-Duo Bennett und Perrin finden auch die ersten Soli Einzug in den Konzertabend.

Wie auch beim Opener Act, verlassen ANGELMAKER nach sieben Tracks die Bühne. Damit ist nach etwa einer Stunde nach Beginn der TO THE GRAVE-Show bereits Halbzeitpause, denn zwei von vier Bands haben ihre Sets gespielt. Die Organisation zwischen den einzelnen Shows ist zügig, die Umbauphasen minimieren sich auf nicht mehr als eine Viertelstunde – sehr arbeitnehmerfreundlich. So ist es noch nicht einmal neun Uhr, als die vorletzte Band des Abends die Bühne betritt.

  1. Slaughter
  2. Vengeance
  3. Bloodthirster
  4. What I Would Give
  5. Hollow Heart
  6. Radiance in the Light Of a Dying Sun
  7. Leech

Enterprise Earth

ENTERPRISE EARTH liefern zwar konstant guten Deathcore ab, bilden aber als Band eher weniger eine Einheit. Sänger Travis Worland ist seit letztem Sommer mit an Bord, nachdem der damalige Sänger sowie Gründungsmitglied Dan Watson überraschend seinen Ausstieg verkündete. Auch an den anderen Instrumenten gab es in der Vergangenheit so viele Wechsel, dass ENTERPRISE EARTH mittlerweile kein Gründungsmitglied mehr haben. Sei es drum, musikalisch harmoniert das Quartett aus Spokane, Washington hervorragend. Ein erfrischender Input für den Abend und für das Genre als solches ist der melodische Klargesang im Refrain, in den sich Sänger Worland und Gitarrist Mangold reinteilen. Apropos Mangold: Auch wenn die Band nur einen Gitarristen hat, dürfte der, mit Blick auf die anderen Gitarristen, die meisten Saiten an seinem Instrument haben. Mit seiner 8 String Cobra in den Händen macht es nicht nur Spaß, dem Amerikaner zuzuhören, sondern dabei auch auf seine flinken Hände zu schauen.

Das Publikum quittiert die facettenreiche Mischung aus ruhigen Midtempo-Parts, melodischen Leads und Hochschnelligkeitsattacken mit dem stärksten Bewegungsdrang im Pit seit Beginn des Abend. Obwohl die Songs mehr Längen haben als bei TO THE GRAVE und ANGELMAKER und ENTERPRISE EARTH ihren Motiven wesentlich mehr Raum zum Entwickeln gibt, werden die Besucher nicht müde, im Pit aufeinander zu stoßen und die Köpfe kreisen zu lassen. Erstaunlich, dass die ruhige Parts nicht die Performance von Band und Konzertbesuchern hemmen, stattdessen stehen die Fans 40 Minuten unter Starkstrom. Beste Voraussetzung für den Headliner des Abends.

  1. Psalm of Agony
  2. Scars of the Past
  3. Reanimate // Disintegrate
  4. Death Magick
  5. A World Without Us
  6. They Have No Honor
  7. You Couldn’t Save Me

Shadow Of Intent

Um Punkt zehn Uhr stehen SHADOW OF INTENT auf der Bühne. Die vier Amerikaner werden bereits beim Intro mit frenetischen Jubel in Empfang genommen, sodass die Menge beim Opener „Farewell“ schon überkocht. Die Shouts von Ben Duerr klingen live nochmal brutaler und kräftiger als auf der Platte, auf der Bühne dominiert der Sänger dadurch anfangs das Klangbild. Die Tontechniker greifen hier zügig korrigierend ein, sodass Gitarrist Wiseman und Drummer Butler ab „Barren And Breathless Macrocosm“ stärker zu hören sind – zum Glück, denn das Spiel von Texaner Butler ist eine Wucht. Nicht verwunderlich also, dass er live bereits Abigail Williams, Lorna Shore, The Faceless, Vale Of Pnath und Whitechapel unterstützte.

Die typisch symphonischen Einschübe kommen kristallklar aus den Boxen und legen sich völlig homogen auf die Melodic Death Metal-/ Deathcore-Mischung, dem Alleinstellungsmerkmal von SHADOW OF INTENT. Die nicht abebbende Begeisterung der Menge zeigt, wer der erwartbare Liebling des Publikums am heutigen Abend ist. Nicht verwunderlich also, dass der Hit „Of Fury“ die Fans eskalieren lässt – und das, obwohl die Amerikaner noch nicht mal dieHälfte ihrer Spielzeit erreicht haben. Die bombastische, knapp einstündige Mischung aus Symphonie, getriggerten Blastbeats und Slam-Passagen macht Spaß und die Forderung nach einer Zugabe ist nicht nur nicht verwunderlich, sondern auch dringend nötig, um die restliche überschüssige Energie der Fans in Pit-Aktivitäten umzumünzen.

  1. Farewell
  2. Saurian King
  3. Barren and Breathless Macrocosm
  4. The Heretic Prevails
  5. Of Fury
  6. The Prelude to Bereavement
  7. The Prophet’s Beckoning
  8. The Coming Fire
  9. Blood in the Sands of Time
  10. Reconquest
  11. Melancholy
  12. Malediction

Einen Konzertabend mit vier Bands zu füllen, kann schnell langatmig werden: ein verspäteter Start, lange Umbauphasen, viel Spielzeit pro Band – das kann sich ziehen. Aber nichts davon trifft auf den heutigen Abend zu: überpünktlicher Start, kurze Umbauphasen, knackige Spielzeiten: Diese Zusammenstellung, die in über 3,5 Stunden feinsten, internationalen Deathcore mündet, hat alles richtig gemacht. Trotz dessen, dass die Bands den Großteil ihrer Shows bereits gespielt haben, waren keine Ermüdungserscheinungen spürbar, im Gegenteil! Für nicht mal 25€ bekam man für sein Geld nicht nur einen guten Auftakt durch die Australier TO THE GRAVE geboten, sondern auch starke Shows von ENTERPRISE EARTH und ANGELMAKER sowie ein fantastisches Konzert der Amerikaner SHADOW OF INTENT. 

Elegy European Tour 2023

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