Review Angry Teng – Live in NY

  • Label: Zeitgeister
  • Veröffentlicht: 2012
  • Spielart: Entmetallisiert, Hip-Hop

Dass auch Metal-Redakteure von Zeit zu Zeit die Liebe zum Hip Hop überkommt, dürfte jeder mitbekommen haben, der das bunte Treiben auf Metal1.info in den letzten Monaten verfolgt hat – fand hier doch das aktuelle Casper-Album ebenso beachtung wie die Tour des US-Künstlers Mac Miller. Dass die Begeisterung für dieses Genre ebenso spontan Metal-Label-Chefs überkommen kann, klingt also eigentlich nur plausibel – dennoch wäre ein Hip-Hop-Album, das über das deutsche Avantgarde-Metal-Label Zeitgeister Music erscheint, wohl mit das Letzte gewesen, das ich erwartet hätte… doch warum eigentlich nicht?

So abwegig, wie das auf den ersten Blick erscheint, ist das Ganze eigentlich gar nicht – zum einen, weil Künstler ANGRY TENG deutlich mehr mit Avantgarde zu tun haben, als so manche so bezeichnete Metal-Band, zum anderen, weil Zeitgeister Music seit Anbeginn für Freiheit in Geist und Musik stand – warum sollte man sich dabei also auf ein Genre begrenzen?
Hinter einem mehr als gelungenen Artwork von Jan Buckard (u.a. Valborg) verbirgt sich dabei ein interessantes Werk, welches über eine gute Dreiviertelstunde hinweg mit Hip Hop begeistert, der ohne weiteres das Attribut „sophisticated“ verdient. Sophisticated Hip Hop? Richtig gelesen. Denn was ANGRY TENG hier mit musikalischer Unterstützung von Künstlern wie Flügelmann, King Paranoij, Creeptide, Cy Tru, Chryzla oder Influenza’s Finest, sowie Gastbeiträgen von Crew RBM, Borismann, Illoyal, Elmäx (Der Plot), SirPreiss, Asse der Hedonihilist, Plus Cutz (Dick Diamond) und Niko Soprano abliefert, hat wenig mit dem Gangsta-Rap oder Ghetto-Hip-Hop zu tun, der den meisten wohl zunächst in den Sinn kommt, wenn von Hip Hop die Rede ist.
Statt dessen bietet ANGRY TENG gesellschafts- und sozialkritische, geistreiche und dabei nicht zuletzt absolut authentische Texte, die sich ohne die Musik durchzulesen durchaus auch lohnt. Eloquent formuliert, gekonnt gerappt und mit Sounds von Minimal-Elektro über Trip-Hop bis Jazz untermalt ergibt das eine Mischung, die definitiv nicht nur den eingefleischten Hip Hopper ansprechen dürfte – auch wenn auch die Vielseitigkeit von ANGRY TENG natürlich seine Wirkung verfehlt, kann der Rezipient partout nichts mit gerappten Texten anfangen.

Wer sich jedoch auch nur ansatzweise für Hip Hop erwärmen kann, sollte hier auf alle Fälle ein Ohr riskieren. Denn auch, wenn „Live In NY“ gewiss das ausgefallenste Zeitgeister-Album ist, und sicher nicht bei allen Fans der anderen Bands des Labels anklang finden wird, ist das Werk hier sicher nicht fehl am Platz – zählt am Ende doch die Qualität, nicht das Genre…

Wertung: 8.5 / 10

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