Review Countless Skies – New Dawn

Wenn man sich nach einem Song einer beliebten Melodic-Death-Metal-Band benennt und dann angibt, selbst Melodic Death Metal der gleichen Spielart zu machen, dürften bei den meisten sofort die Kopie-Alarmglocken läuten. COUNTLESS SKIES aus England, deren Bandname eben auch ein Songtitel ihrer Vorbildband Be’Lakor ist, haben nach einer EP nun ihr Debütalbum mit dem Namen „New Dawn“ veröffentlicht, das mit einem wirklich schönen Cover-Artwork daherkommt.

Tatsächlich finden sich einige Kompositionskniffe der australischen Melodeather in der Musik von COUNTLESS SKIES wieder. Insgesamt ist ihr Sound aber wesentlich stärker von finnischem Melodic Death Metal im Stile von Insomnium beeinflusst. Viele melancholische Leadgitarrenmelodien legen sich über sehnsüchtige, häufig mit Streichern unterlegte Klänge und erschaffen so eine triste Atmosphäre, in die man problemlos eintauchen kann. Nach einem schönen Intro zeigt der Opener „Heroes“ sogleich, dass gerade im Erschaffen dieser vertraut klingenden, depressiven Stimmungen und tragischen Melodien voller Pathos und Gefühl die größte Stärke der Truppe liegt. Rhythmisch ist das alles extrem simpel, funktioniert aber vielleicht genau deshalb so gut. Keine ablenkenden, technischen Angebereien, sondern auf die absolute Basis reduziertes Musizieren für die Wirkung. Das zahlt sich aus, denn „New Dawn“ entpuppt sich durch diesen heruntergebrochenen Ansatz als eines der absolut schönsten, ehrlichsten Melodeath-Alben, die man dieses Jahr zu hören bekommt.
Abwechslung kommt dabei glücklicherweise nicht zu kurz. COUNTLESS SKIES beherrschen das Spiel in hohen Tempi, wie beispielsweise im gelungenen „Incendium“, ebenso sicher wie das Ausbreiten epischer Klangteppiche in langsamen Gefilden und auch ihre Melodien sind bereits nach dem ersten Durchlauf problemlos unterscheidbar im Ohr des Hörers verankert. Kaum ein Riff, kaum ein Songeinfall fungiert hier als Filler, die Truppe versucht jedem Part seine eigene Bedeutung im Songkontext zukommen zu lassen. Im Albumhöhepunkt „Daybreak“ und dem nicht minder schönen „Ethereal“ kommt dann plötzlich genialer Klargesang von Bassist Phil Romeo dazu, der den Sound der Band so dermaßen aufwertet, dass man sich fassungslos an den Kopf fassen möchte ob der Entscheidung der Band, ihn so selten einzusetzen. Hier wäre eine wunderbare Möglichkeit gegeben gewesen, die Musik um ein Vielfaches zu verbessern und sich gleichzeitig weiter von den musikalischen Vorbildern zu emanzipieren, an denen die Truppe zu großen Teilen leider wirklich noch festklebt.
Dass das Album trotzdem wohl eher unwahrscheinlich in Jahresbestlisten zu finden sein wird, liegt wohl vor allem daran, dass ihre verwendeten Harmonien und Songwritingmethoden schon so abgenutzt sind, dass auch Nichtmusiker so manche Melodie oder Akkordfolge problemlos vorhersehen können dürften. Doch obwohl es sich anfühlt, als würde man einem Zauberer dabei zusehen, wie er mehr als offensichtliche Tricks vorführt, verfällt man doch ab Sekunde eins der mitreißenden Wirkung seiner Show, sodass man schnell vergisst, wie leicht man seine Kniffe erahnen kann. Obwohl die Produktion grundsätzlich gut zum Konzept der Band passt, sind außerdem einige Stellen doch etwas holprig und wacklig eingespielt, was den professionellen Charakter der Band etwas dämpft. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden.

Mit „New Dawn“ liefern COUNTLESS SKIES ein gelungenes Erstlingswerk ab und präsentieren sich als vielversprechende, junge Melodic-Death-Metal-Band. Dass sie momentan noch zu sehr als Insomnium-Klon daherkommen und dem Genre noch nicht wirklich etwas Neues hinzuzufügen wissen, ist natürlich schade, angesichts ihres umwerfenden Gespürs für Atmosphäre und Melodien aber mehr als verzeihlich. Für ein Debütalbum ist ihre Platte jedenfalls überaus gelungen und hörenswert. Es würde nicht überraschen, wenn die nächsten Releases der Band dann höhere Wellen schlagen, sollten sie ihre Anfangskrankheiten bis dahin besiegt haben.

https://youtu.be/fHIekOKDfY8

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Simon Bodesheim

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