Review Die Krupps – Vision 2020 Vision

Seit rund zehn Jahren sind DIE KRUPPS wieder auf der Bildfäche präsent (von 1997 bis 2009 gab es kein neues Material der Düsseldorfer Industrial-Institution) und Jürgen Engler ist trotz seiner beinahe 60 Jahre umtriebiger denn je: Hat er erst 2018 mit „Planet Fear“ unter dem Namen DieKlute ein leider nicht so herausragendes Oldschool-Industrial-Album (gemeinsam mit Fear Factorys Dino Cazares) herausgebracht, steht bereits ein gutes Jahr später mit „Vision 2020 Vision“ der Nachfolger des 2015er DIE-KRUPPS-Outputs „V – Metal Machine Music“ in den Startlöchern.

Von der Ursprungsbesetzung des Jahres 1980 sind nur noch Engler selbst und der Keyboarder Ralf Dörper übrig, beide zeigen sich in Sachen Songwriting für die meisten Songs auf „Vision 2020 Vision“ verantwortlich. Das zugegebenermaßen auf schräge Art gelungene Genesis-Cover „The Carpet Crawlers“ aus der Peter-Gabriel-Ära stammt dabei natürlich nicht aus ihrer Feder. Gabriel hatte übrigens in den 80er Jahren zugegeben, dass das DIE-KRUPPS-Debüt „Stahlwerksinfonie“ ein maßgeblicher Einfluss bei der Produktion seines Albums „Security“ war – so schließt sich der Kreis.

Qualitativ geben sich DIE KRUPPS tatsächlich keine Blöße: „Vision 2020 Vision“ zeigt keine Spur von Verschleißerscheinungen, das Album hat ohne Frage noch Eier. Vielleicht auch ein positiver Einfluss von den etwas jüngeren Herren an den Drums oder den Gitarren. Man bekommt allerdings auch nichts wirklich Neues auf die Ohren, DIE KRUPPS bleiben sich musikalisch treu. Ob man das als „zeitlos“ bezeichnen kann, sei mal dahingestellt, gerade die Synthesizer haben natürlich meistens einen typischen 80er-Jahre-Vibe. Die technische Umsetzung dieser Elemente und die Produktion sind allerdings (im Gegensatz zu z.B. eingangs erwähnter DieKlute-Platte) sehr zeitgemäß und für Industrial-Verhältnisse durchaus fett. Sollte auch auf den EBM-Dancefloors der Republik ganz gut funktionieren.

Hat man beim Opener und Titeltrack noch das Gefühl, dass die Nummer noch das eine oder andere BPM mehr hätte vertragen können, kommt spätestens bei „Welcome To The Blackout“ Freude auf – geht Song Nummer zwei doch ziemlich vorwärts. Aber auch das langsamere, atmosphärischere „Wolfen (Her Pack)“ ist sicherlich ein Highlight auf „Vision 2020 Vision“ – ebenso wie der beinahe schleppend-doomige Zwischenpart in „Alllies“. Die Anti-Trump-Hymne „FU“ kommt allerdings ein bisschen sehr plakativ und stumpf daher. Der Albumcloser „Human“ vereinigt dann noch einmal ausgesprochen gelungen alle Stärken der KRUPPS auf: Härte, Kälte, Wut, Atmosphäre und dieser doch sehr charakteristische Groove.

Unterm Strich muss man den Herren eine sehr coole Platte attestieren: DIE KRUPPS zeigen mit „Vision 2020 Vision“, dass sie durchaus noch relevant sind und etwas zur gelegentlich etwas uninspirierten und klinischen Industrial-Szene beizutragen haben. Da Jürgen Engler mit Releases wie dem etwas avantgardistischeren „Stahlwerkrequiem“ aus dem Jahr 2016 auch erfolgreich andere Felder beackert, bleibt zu hoffen, dass er und seine Mitstreiter auch in Zukunft mit qualitativ hochwertigen Releases um die Ecke kommen.

Wertung: 7.5 / 10

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