Das Cover von "Digital Dystopia" von Espionage

Review Espionage – Digital Dystopia

Dem australischen Power Metal geht es gut: Das einstige Flaggschiff Dungeon hat zwar schon lange die Segel gestrichen, aber es gibt ja noch die Nachfolgeband LORD und Gitarrist Stu Marshall engagiert sich längst in zig anderen Bands und Projekten für den wahren Stahl. Auch für den Nachwuchs ist gesorgt, wobei neben den viel versprechenden Silent Knight vor allem ESPIONAGE aus Melbourne derzeit für Furore sorgen. 2014 gegründet hat die Truppe nach einer EP mit „Digital Dystopia“ nun endlich ihr erstes volles Album auf Lager.

Auf ihrem Erstlingswerk waten ESPIONAGE knietief im Fahrwasser der in der Einleitung genannten Silent Knight und Dungeon, was bedeutet, dass die Truppe hier Power Metal nach typisch australischem Rezept bietet: Melodieschwanger, nicht selten unverhohlen kitschig aber stets mit hohem Energielevel und technisch auf allerhöchstem Niveau. Vor allem letzteres hat zur Folge, dass bei ESPIONAGE den Leadgitarren durchweg zentrale Bedeutung zukommt und so bietet schon „Into The Arena“ minutenlange Solo-Passagen. Das ist bestimmt nicht jedermanns Sache, aber vor allem Gitarrenfans werden sich bei den Burschen aus Melbourne pudelwohl fühlen.

Das mit den Leadgitarren haben ESPIONAGE auch wirklich bis ins letzte Detail ausgecheckt, weshalb die Formation hier dank technischer Finesse gepaart mit einem ausgeprägtem Hang zu Melodie und Nachvollziehbarkeit sowie einigen spannenden Ideen selbst in ausgedehnten Frickelpassagen gleichermaßen mitreißen wie beeindrucken kann und zu keiner Zeit den Vergleich mit etwaigen Konkurrenten fürchten muss. Mit ihrer Mischung aus geballter Riff-Power und großen, hymnischen Arrangements werden ESPIONAGE Fans von traditionellem Power Metal also ohne weiteres überzeugen können, es sei jedoch auch bemerkt, dass die Truppe das Genre mit einem Album wie „Digital Dystopia“ kaum neu aufrollt.

Oftmals meint man, das Gehörte schon von anderswo her zu kennen – so erinnert die Truppe etwa im Titeltrack stark an Dragonforce, weckt mit „Light Begins To Fade“ Erinnerungen an stilbildende Riot-Songs und zitiert in „Hellfire“ auf charmante Art und Weise Dokkens „Til The Living End“. Diese Ähnlichkeiten entstehen sicherlich auch durch Sänger Andrew Morris, denn der Mann klingt wie eine ausgewogene Mischung aus Dragonforce-Stimme Marc Hudson, dem aktuellen Riot-Sänger Todd Michael Hall und dem ehemaligen Pegazus-Frontmann Danny Cecati. Weil das Ganze von ESPIONAGE aber mit derart viel Spielfreude und in jeder Note hörbarem Spaß an der Sache rübergebracht wird – bestes Beispiel ist hier vermutlich „At Lightspeed We Strike“ – stören etwaige Überschneidungen mit anderen Vertretern des Genres nicht im Geringsten. Wer sich auf diese Australier einlässt, erwartet vermutlich von vornherein keine progressiven Klangexperimente…

Mit ESPIONAGE dringt eine weitere junge Band aus Australien in die Öffentlichkeit und ihr erstes Album deutet auf eine goldene Zukunft hin: Auf „Digital Dystopia“ präsentieren sich die Jungs vom fünften Kontinente als technisch absolut abgezockte Vollblut-Metaller mit einem ausgeprägten Gespür für energetische, große Power Metal-Hymnen. Das mündet hier in einem rundum gelungenen Album, das über weite Strecken begeistern kann, wobei die Truppe hier in jedem Ton deutlich macht, wer sie zu ihrem Schaffen inspiriert hat. So werden ESPIONAGE dem Genre kaum etwas Neues hinzufügen, Fans traditioneller Härte mit viel Melodie kommen aber voll auf ihre Kosten.

Wertung: 8 / 10

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