Review For Today – Wake

Metalcore-Bands haftet nicht zu unrecht der Ruf an, mehr als Kapellen anderer Spielarten die Musik für die eigene Message zu gebrauchen. Das ist vollkommen in Ordnung so, trotzdem wundert es fast ein bisschen, wie erfolgreich die – vorsichtig ausgedrückt – sehr christlich-missionarischen FOR TODAY geworden sind. Charteinstiege gehören bei den Amerikanern zum guten Ton, energiegeladene Shows vor begeistertem Publikum passen sich dem an.

Kennt man das Quartett aus Sioux City nicht und steigt mit dem aktuellen Werk „Wake“ ein, versteht man das vielleicht nicht auf Anhieb. Die zehn sehr komprimierten Songs laufen bei den ersten Durchgängen zunächst etwas behäbig an. Dies liegt vor allem an der gemäßigten und auch nicht sehr variablen Gangart, alles spielt sich eher im Midtempobereich ab und wahnsinnig viel Aggression halten die 37 Minuten ebenso nicht bereit. „Wake“ ist aber ein klassisches Evolutions-Album, denn die Platte wird mit jedem Durchlauf besser. Und siehe da, dann erweist sich gar der ursprüngliche Irrtum der runtergeschraubten Aggressivität als widerlegt, denn die einzelnen Nummern halten diese sehr wohl bereit, wenn sie auch gut verpackt bzw. versteckt ist.
FOR TODAY legen sich nämlich nicht (nur) durch (stumpfsinniges) Gebrüll ins Zeug, auch wird nicht durchgängig mit Blast-Beats um sich geworfen. Es macht die Gesamtheit der Instrumente, die eine gewisse Intensität und atmosphärische Dichte kreieren. Ebenso sind die Riffs der Gitarre gerade mit den Ecken und Kanten versehen, dass sie sich einerseits vom allgemeinen Einheitsbrei abheben, andererseits aber jede Menge Kraft und Energie verströmen.
Den Pluspunkt für gutes Songwriting streichen FOR TODAY also quasi im Nachsitzen ein, aber sie verdienen ihn sich redlich und schaffen somit das Fundament für eine nachhaltige Freude an „Wake“. Denn eine Scheibe, die nach einer Handvoll Durchgängen gut wird, bleibt dies meistens auch noch sehr viel länger. Fast schon erstaunlich entpuppen sich einige Songs dann sogar als wahre Ohrwürmer. Das sehr hymnische und fast schon elegische „Deserter“, was mit fast viereinhalb Minuten schon zu den längsten Nummern zählt, ist so ein Anspieltipp. Sehr cool auch das pianobasierte „Flooded Earth“, bei welchem ein gekonntes Wechselspiel zwischen Tasten und Band stattfindet. Ebenso hervorzuheben in diesem Lied ist der überzeugende Cleangesang. Zwar ist dieser auf der ganzen Platte nicht nur überzeugend und omnipräsent, aber hier qualitativ besonders hochwertig.

Unter dem Strich sind 37 Minuten schnell vorbei, wenn man einmal mit „Wake“ warmgeworden ist. An der einen oder anderen Stelle wäre etwas mehr Aggressivität im gesanglichen Bereich wünschenswert, aber insgesamt geht das schon sehr in Ordnung, was FOR TODAY hier abliefern, zumal auch das Artwork sehr ansehnlich geraten ist. Ehrlicher Metalcore mit Message, dafür stehen die Amis auch 2015.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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