Review Hevein – Sound Over Matter

  • Label: Spinefarm
  • Veröffentlicht: 2006
  • Spielart: Thrash Metal

Das Debüt “Sound Over Matter” der bereits 1992 (!) gegründeten finnischen Band HEVEIN ließ lange auf sich warten. Von der Originalbesetzung sind nur Gitarrist und Zweitstimme Leif Hedström und Schlagzeuger Alpo Oksaharju übrig geblieben und auch die musikalische Ausrichtung hat sich im Laufe der Zeit geändert. Mit dem Beitritt des Ex-Apocalytica Cellisten Max Lilja wurden die bereits vorhandenen Streicherpassagen verfeinert und ausgebaut und damit ein sehr interessanter Stilmix geschaffen, der so recht in keines der bekannten Genres passen will. Unterstützung fand Max hierbei bei der jungen Aino Piipari an der Violine. Das Mikrophon teilen sich Juha (harscher Gesang) und Leif (klarer Gesang). Aber genug zur Band, wenden wir uns dem Debütalbum zu:

„Sound Over Matter“, das in Finnland bereits 2005 erschienen ist, bei uns aber erst im Sommer 2006, beginnt mit „Break Out The Hammers“, das gleich den Weg für das gesamte Album ebnet. Ein fast schon zerbrechliches Streicherintro wird von thrashigen Riffs abgelöst, während sich Juha die Seele aus dem Leib brüllt. Der Refrain wird anschließend von Leif gesungen, der mit seiner Stimme sehr viel Gefühl transportieren kann. Was ebenfalls sofort auffällt, ist die glasklare Produktion, die die klassischen Instrumente gegenüber den Gitarren nie in den Hintergrund drängt und sie damit nicht zu bloßen Marketinggimmicken verkommen lässt.

„Worth Fighting For“ stellt einen meiner Lieblingssongs der Platte dar: Leifs klarer Gesang wird vom harschem Gesang Juhas unterbrochen und ein wildes Riff mit atmosphärischer Cellounterstützung beansprucht jedes Mal wieder meine Nackenmuskel. Hier merkt man auch, wie viel Dramatik man mit Streichern aufbauen kann. Auch „Iota“ spielt sehr eindrucksvoll mit diesem Wechsel aus ruhigen und harten Elementen. Außerdem ist der Refrain der hartnäckigste Ohrwurm des ganzen Albums, der sogar Hitpotential hätte.

Das darauf folgende „As Far As The Eye Can See“ ist eine der wenigen kleinen Schwachstellen auf „Sound Over Matter“, da es für meinen Geschmack etwas zu pathetisch daherkommt. „Only Human“ schlägt danach in die gleiche Kerbe, aber weitaus erfolgreicher und auch berührender. Auch hier werden die Streicher wieder vorbildhaft eingesetzt. Alleine das Geigenintro hat schon Hochachtung verdient.

Mit „Bleed The Day“ erinnern uns die Finnen daran, dass wir nach wie vor eine (wenn auch Melodic) Thrash Platte im CD Player haben. „Beg To Differ“ und „Hold Fast“ halten das Niveau hoch, auch wenn Gänsehautmomente im mittleren Teil der Platte nicht mehr so dicht gesät sind wie im ersten Teil. Aber vor allem der Refrain von „Beg To Differ“ setzt sich für Wochen in den Gehörgängen fest.

Mit „New Hope“ folgt ein Instrumental. Eine Verschnaufpause vor dem großen Finale könnte man denken, doch falsch gedacht: „New Hope“ beginnt mit einer Akkustikgitarre, bevor das Cello Melancholie ins Spiel bringt. Aino an der Geige tut ihr Übriges, um meine Fantasie abdriften und ein Gefühl der Hoffnung aufkeimen zu lassen

Aber das Beste haben sich die sechs Finnen für den Schluss aufgehoben. Die fast doppelt so lange Laufzeit gegenüber den anderen Tracks und das von einer Frauenstimme gehauchte Intro lassen einiges erwarten. Das Cello setzt zusammen mit dem Bass ein und man ist sofort in einer eigenen, fast schon bedrohlichen Atmosphäre gefangen. Auch das Thema des Songs ist keineswegs trivial, immerhin beschreiben sie darin das Massaker von Beslan in Russland. Wem dieses Lied keine Gefühle entlocken kann, muss innerlich tot sein. Zu diesem Song gibt es im Übrigen auch ein sehr gut gemachtes Video, das die Emotionen auch sehr schön rüberbringt. Nach diesem beeindruckenden Abschluss ist das Debütalbum nach rund 44 Minuten Spielzeit leider auch schon wieder vorbei.

Vielen dürften die Finnen, wenn überhaupt, nur aufgrund des Ex-Apocalyptica Cellisten Max Lilja ein Begriff gewesen sein, da auch die Plattenfirma beschloss, das Marketing für das Album auf diese Tatsache auszurichten. HEVEIN aber nur auf Max zu reduzieren, täte der Band ungemein Unrecht. Diese Musik ist nicht trivial, sie berührt, sie ist intelligent arrangiert und gleichzeitig zugänglich. Die beiden Streicher bringen Dramatik in die Songs, statt künstlich oder gar billig zu wirken. Über kleinere Längen kann man hinweg sehen, insgesamt ist das Album aber ein echter Leckerbissen für jeden, der gerne Klassik mit Metal verbunden sieht, oder einfach nur gerne melodiösen Metal hört. Der Band gehört die Zukunft und ich warte gespannt auf ein zweites Album. Und um am Ende eine Vergleich mit der im Zusammenhang mit HEVEIN oft erwähnten Band Apocalytica herzustellen: Kein nicht-instrumentaler Song der drei Cellisten hat jemals das Niveau eines Song von HEVEIN erreicht.

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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