Das Cover von "Under The Spell - 30th Anniversary Boxset" von Hexx

Review Hexx – Under The Spell – 30th Anniversary Boxset

  • Label: Metal Blade
  • Veröffentlicht: 2016
  • Spielart: Heavy Metal

Ehe die Kalifornier HEXX Anfang der unsäglichen 90er zu einer obskuren Death/Thrash-Band wurden und sich damit in die absolute Belanglosigkeit verabschiedeten, galt die Truppe aus San Francisco als Geheimtipp in Sachen U.S. Metal. Diesen Ruf erspielten sich die Herren mittels ihrer ersten beiden Alben „No Escape“ und „Under The Spell“, die ursprünglich 1984 und 1986 auf den Markt kamen. Metal Blade veröffentlichen diese beiden oftmals zu Unrecht übersehenen Scheiben nun in einem satten Boxset neu.

1984 konnten sich HEXX erstmals einen Plattenvertrag sichern und veröffentlichten mit „No Escape“ ihre erste Platte. Auf der hebt sich die junge Formation zwar kaum von Kollegen wie Vicious Rumors, Helstar oder Heretic ab, passt aber dafür genau in die damalige Zeit. „No Escape“ bietet typischen U.S. Metal, wobei die Band mit Dennis Manzo einen Sänger am Start hatte, der mit seinem hohen Organ wie die Faust aufs Auge zu ihren energiegelandenen Riffs passte. Dabei gehen HEXX, die der Legende nach ein paar der Songs in weniger als einer Stunde schreiben mussten, weil sie bei Vertragsabschluss nur drei fertige Nummern hatten, schon auf ihrem Erstlingswerk mit reichlich Abwechslung zu Werke.

Wie für den U.S. Metal der 80er üblich, kombiniert die Band die Aggression der Bay Area mit dem Sinn für Melodien ihrer Vorbilder aus der NWOBHM, was dann in gelungenen Songs wie „Invaders“, „Night Of Pain“ oder „Look To The Sky“ resultiert. Neben diesen Hochgeschwindigkeits-Attacken bietet die Truppe auf ihrem Debüt mit „Beware The Darkness“ auch noch Rockiges im Stile früher DIO-Alben und hat mit dem Titelsong obendrein einen majestätischen Stampfer im Angebot. Ehe die Truppe als HEXX firmierte, nannte sie sich Paradox und veröffentlichte 1983 ein Demo, welches sich hier als Bonus zu „No Escape“ auf der gleichen CD befindet.

Darauf finden sich zwei Songs von besagter Platte sowie das ungehörte „Seach For The King“, welches ironischerweise die beste Nummer aus dieser Auswahl darstellt und auch auf der fertigen Platte hätte stehen können. Insgesamt haben die Demo-Aufnahmen überraschend gute Soundqualität, die über Bootleg-Niveau weit hinausgeht und keineswegs nach Kassettenrekorder klingt. Als weitere Bonustracks gibt es das 2013 aufgenommene „Up From The Grave“-Demo, das witzigerweise kaum besser klingt als die 30 Jahre älteren Probeaufnahmen. Hier präsentieren sich HEXX weitaus düsterer als auf ihrem ersten Album, was vornehmlich am aggressiveren Gesang des stimmlich nach wie vor fitten Dennis Manzo liegt. Mit dem rockig-treibenden „Lost My Way“ findet sich hier gar ein kleines Highlight.

Zwei Jahre nach ihrem Debüt gelang HEXX mit „Uner The Spell“ ihr Magnum Opus – ein Album, das in Underground-Kreisen bis heute als absoluter Geheimtipp in Sachen U.S. Metal gilt. Und tatsächlich liefert die Band hier eine mustergültige Blaupause für das, was in den USA als Power Metal und hierzulande als U.S. Metal bekannt ist: Harte, oft thrashige Riffs paaren sich mit gleichermaßen aggressiven wie melodischen Vocals und virtuoser Gitarrenarbeit, was auf diesem Album in einer grandiosen Nummer wie „A Time Of War“ gipfelt. Neben ihrem zweiten Gitarristen Clint Bower haben HEXX mit Dan Bryant auf „Under The Spell“ einen neuen Sänger in ihren Reihen, der die Truppe mit seinem etwas raueren Gesang in stilistische Nähe zu Metal Church rückt, was sich am deutlichsten in Songs wie „The Victim“ und „Suicide“ zeigt.

Verglichen mit dem Vorgänger geht es auf Album Nummer zwei weitaus düsterer zu, wenngleich die Band die auf ihrem Debüt eingeführten stilbildenden Elemente wie ausgefeilte Melodiebögen nicht aufgegeben hat und so klingt schon der Opener „Hell Riders“ wie die durchdachtere Version ähnlicher Songs auf „No Escape“ – am deutlichsten jedoch nähert sich die Band im abschließenden „Midnight Sun“ an ihre Wurzeln an. Auch „Under The Spell“ wurde für diese Neuveröffentlichung mit reichlichem Bonusmaterial ausgestattet, wobei zumindest die 1986er Live-Aufnahme von „Edge Of Death“ mit ihrer Bootleg-Qualität allenfalls als nettes Zeitzeugnis taugt.

Interessanter sind da die beiden 2014 aufgezeichneten, professionell produzierten Nummern „Burn Or Boil“ und „Swimming The Witch“, wobei ersteres sich als eine überraschend punkige Speed Metal-Nummer entpuppt und letzteres stark an das „Under The Spell“-Material von 1986 zu erinnern vermag. Hinzu kommen die Demo-Aufnahmen, mit denen HEXX ihr zweites Album an ihr damaliges Label verkaufen wollten und wie kaum anders erwartet handelt es sich dabei um eine Auswahl der Songs der fertigen Platte in etwas schlechterer Qualität – nette Dreingabe.

Zusätzlich zu den ersten beiden HEXX-Alben enthält dieses Boxset noch eine randvolle Bonus-DVD. Den Hauptteil derselben bilden die Konzerte der Kalifornier auf dem letztjährigen „Headbangers Open Air“ sowie auf dem „Keep It True“-Festival im Jahr 2014. Ersteres Konzert zeigt die Truppe mit „Under The Spell“-Sänger Dan Bryant, weshalb der Schwerpunkt der dargebotenen Setlist logischerweise auch auf selbigem Album liegt. Insgesamt liefert die Band trotz langer Abwesenheit eine achtbare Leistung ab, wenngleich sich die Bühnenpräsenz auf ein Minimum beschränkt und Gitarrist und Bandkopf Dan Watson sichtlich in die Jahre gekommen ist.

Bei der Audiospur handelt es sich eindeutig um eine bloße Mischpult-Abnahme, weshalb die Band natürlich bestens zu hören ist, das Publikum jedoch praktisch nicht im Klangbild auftaucht. Anders bei dem Konzert der Mannen auf dem „Keep It True“, bei dem die Truppe mit ihrem Ur-Sänger Dennis Manzo auftauchte: Der rohe Sound verfügt über weit mehr Raumanteile und klingt schon deutlich mehr nach Live-Situation und auch die Bildqualität, welche bei beiden genanten Konzerten nicht den aktuellen Standard erreicht, fällt etwas besser als beim HOA-Auftritt aus. Sänger Manzo liefert hier eine grandiose stimmliche Leistung ab und singt auch das Material von „Under The Spell“ einwandfrei, wenngleich der Fokus hier natürlich auf „No Escape“ liegt.

Den „Bonus zum Bonus“ bilden Live-Mitschnitte von Mitte der 80er bis 1990. Hier reicht die Qualität von katastrophal (1986) über nicht ganz so katastrophal (1989) bis hin zu beinahe OK (1990) – macht aber nichts, denn schließlich ist das lediglich als nostalgisches Zeitzeugnis gedacht und obendrein ist es mehr als charmant, dass die Musiker nach all den Jahren so tief in ihren Mottenkisten gebuddelt haben. Abschließend sei noch das überraschend dicke Booklet erwähnt, welches dieses Boxset begleitet. Hier äußert sich ausnahmsweise kein Musikredakteur, sondern HEXX-Boss Dan Watson in den umfassenden Liner Notes persönlich zu sämtlichen Höhen und Tiefen der Bandgeschichte, was von einem ausführlichen zweiteiligen Interview ergänzt wird – sehr schön.

Mit „Under The Spell – 30th Anniversary Box Set“ haben Metal Blade ein sattes Paket und lohnenswertes Sammlerstück für wahre Metalfans geschaffen. Neben den beiden besten Alben einer leider viel zu unbekannten Band gibt es hier zum Preis einer regulären Veröffentlichung eine zum Bersten gefüllte Bonus-DVD sowie ein sattes Booklet, in dem die Band selbst zu Wort kommt. Wer U.S. Metal mag und HEXX noch nicht kennt, sollte hier unbedingt zugreifen, denn schöner aufbereitet wird man diesen Teil der Metal-Geschichte kaum irgendwo finden.

Keine Wertung

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert