Review Keith Emerson, Marc Bonilla & Terje Mikkelsen – Three Fates

Es gibt wohl kaum eine Spielart, die der Klassik näher steht als Progressive Rock. Neben einer gewissen Virtuosität ist schließlich das Kombinieren von musikalischen oder lyrisch verwandten Songs zu mehrteiligen Suiten – einem aus der klassischen Musik entlehnten Format – eines der Merkmale des Genres. Emerson, Lake & Palmer (ELP) schrieben in den Siebzigern beispielsweise die über 20 Minuten lange „Tarkus“-Suite und präsentierten auf beinahe jedem ihrer Alben eine Rock-Bearbeitung eines klassischen Werkes.

Nun dreht Keith Emerson, ehemaliger Keyboarder von ELP, den Spieß um und nimmt einige Songs von ELP gemeinsam mit dem Münchner Rundfunkorchester im Klassik-Gewand auf. „The Endless Enigma“, „Tarkus“, „Abaddon’s Bolero“ und „Fanfare For The Common Man“ – allesamt ELP-Klassiker, denen hier neues Leben eingehaucht wird. Es ist allerdings schon unfreiwillig komisch, ein ursprünglich 1942 komponiertes Klassik-Werk wie „Fanfare For The Common Man“ mit ELP zunächst in eine Rocknummer zu verwandeln, nun aber von der ELP-Fassung ausgehend eine neue Klassik-Fassung davon aufzunehmen; verstehe das, wer will. Ähnliches gilt auch für „Malambo“, einen argentinischen Volkstanz des Komponisten Ginastera, den Emerson vor einigen Jahren bereits auf einem Soloalbum in Rock überführte.

Bei einem Ausnahmemusiker mit einem solch klassikgeprägten Background mögen die Erwartungen an ein derartiges Projekt enorm sein. Emerson selbst bezeichnet das Album jedenfalls als sein wichtiges Projekt seit dem Ableben von ELP. Das ändert allerdings nichts daran, dass die CD leider nicht so beeindruckend ist, wie man es sich vielleicht wünschen mag. Zu schnell wird klar, dass eine epischen Großtat wie „Tarkus“ zu sehr von der im Original omnipräsenten Hammondorgel und dem entrückten Gesang Greg Lakes gelebt hat. Beides vermisst man hier schmerzlich. Diese Lücke kann auch ein vollbesetztes Orchester nicht stopfen.

Insgesamt ist der Sound sehr überladen und vollgestopft; in vielen Teilstücken erinnern die Arrangements zu deutlich an opulente, aufgeblasene Filmmusik. Wer so etwas mag, kommt hier vielleicht auf seine Kosten. Viel zu oft spielt leider auch die schmierig-jubilierende Gitarre von Marc Bonilla die erste Geige und sorgt auf diese Weise für recht süßliche Arrangements, die manchmal etwas über das Ziel hinausschießen.

Hinzu kommt, dass die Aufnahmequalität vermutlich nicht ganz den Standards einer fein aufgelösten, detail- und dynamikreichen Klassikproduktion entspricht. Die klassischen Instrumente – dirigiert von Terje Mikkelsen – wirken nicht präsent genug, die elektronischen klingen nicht druckvoll. Es entsteht wie so oft bei solchen „Rock trifft Klassik“-Projekten keine echte Einheit. Vielmehr scheint es, als gäbe es zwischen der Band und dem Orchester des Öfteren eine klangliche Lücke, die leider nicht gefüllt wird.

Fazit: Emerson präsentiert mit „Three Fates“ ein für ELP-Kenner und Klassikfreunde interessantes und spannendes Werk, das sicher ein Reinhören wert ist, aber nicht ganz die hohen Erwartungen erfüllen kann. Es ist letztendlich zu klischee- und pathosbeladen und hätte gerne auch etwas weniger stromlinienförmig ausfallen können. Beim nächsten Mal bitte weniger Rock und Klassik-Arrangements, die nicht so aufgeblasen sind!

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