Review Khôra – Timaeus

  • Label: Soulseller
  • Veröffentlicht: 2020
  • Spielart: Extreme Metal

KHÔRA wurden 2012/13 vom Multi-Instrumentalisten Oleg I. ursprünglich als Solo-Projekt gegründet. Nach einer Demo (2016) bekam der Ukrainer Unterstützung in Gestalt des Griechen Kranos am Gesang und des Norwegers L. E. Måløy, der auch bei Dødheimsgard seine Fähigkeiten am Bass unter Beweis stellt. Wir haben es hier also mit einem internationalen Projekt zu tun, das sich mit seinem ersten Album „Timaeus“ mit diversen durchaus namhaften Gastmusikern präsentiert. Henri Sorvali (Finntroll) und Vicotnik (Ved Buens Ende, Dødheimsgard) seien hier stellvertretend erwähnt. Neben dem ganzen Namedropping sticht auch noch das faszinierende Artwork ins Auge, das die Thematik des Albums gut einfängt: die Erschaffung des Universums von drei allmächtigen Instanzen, die lose in Platons Dialog „Timaios“ erläutert wird.

Kann die Musik halten, was das Fundament verspricht? Yes, it can! KHÔRA führen uns von Beginn an in eine düstere und bedrohliche Welt ein, die aber immer wieder ein wenig Licht durchscheinen lässt. Oft beginnen die Songs ruhig, sie gehen aber schnell in harte, Double-Bass-getriebene Passagen über, in denen uns tiefe Growls und hasserfüllte Screams den Weg in die Unterwelt weisen. Dabei spielen auch die Keyboards, die sich zwar nur selten in den Vordergrund drängen, den Songs jedoch jederzeit atmosphärische Tiefe verleihen, eine tragende Rolle. Man fühlt sich regelmäßig an die Norweger Arcturus erinnert, vor allem zu Zeiten von „The Sham Mirrors“  („Noceo“, „De Vetus Ad Novum“).

Die Lieder sind kurz und knackig gehalten und das ist auch gut so – ausufernde Instrumentaleskapaden haben KHÔRA nicht nötig. Dennoch hätte man sich vielleicht ein längeres Epos auf dieser extrem spannenden Platte gewünscht, denn die technischen Fähigkeiten hierzu sind absolut vorhanden. Lückenfüller gibt es kaum – hier und da plätschert es ein wenig belanglos vor sich hin, doch in der Regel ist das Material dazu geeignet, viele Geschmäcker zu bedienen. Seien es die progressiven Songstrukturen, der abwechslungsreiche Gesang in all seinen gutturalen Erscheinungsformen oder auch die kraftvollen Gitarren – aufgeschlossene Hörer der härteren Gangart finden auf „Timaeus“ eine Vielzahl an spannenden Momenten.

Auch produktionstechnisch gibt es, abgesehen von dem manchmal ein wenig künstlichen Schlagzeug-Sound, kaum etwas zu bemängeln – jedes Instrument erhält seine verdiente Aufmerksamkeit. Erwähnenswert ist außerdem der fantastische Klargesang von Gastmusiker Frédéric A. Gervais (Orakle), der leider nur zwei Songs mit seiner erhabenen Stimme veredelt („L’Annihilateur“, „The Occultation Of Time“).

Eine spezielle Erwähnung verdient das Outro „Void“, das komplett aus der Feder von L. E. Måløy stammt: Düsterer Sprechgesang geht hier in ein akustisches Klavier- und Gitarrenspiel über, bald begleitet von unheilvollem Gesang, der letztendlich doch Hoffnung spenden möchte – wer musikalische Untermalung beim mittelalterlichen Rollenspiel braucht, kann diesen Track hoch und runter spielen, einfach grandios!

KHÔRA erschaffen auf ihrem ersten Longplayer einen spannenden Klangkosmos, der von Anfang an ins Ohr geht und beinahe jederzeit vorzüglich zu unterhalten weiß. Die Bandstärke ist übrigens mittlerweile auf sechs Köpfe angewachsen – zukünftig verstärken Wayne und Dan von Wilderun sowie Kjetil (Haimad, Profane Burial) KHÔRA. Alle Neuzugänge sind im Orchestrierungsbereich tätig – das verspricht für die Zukunft weiterhin spannenden, progressiv-symphonisch geprägten Extreme Metal der Oberklasse.

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Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Sebastian Mighali

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