Review Modest Mouse – Strangers To Ourselves

MODEST MOUSE sind eine der großen Institutionen und musikalischen Inspirationsquellen, was nordamerikanischen Indierock betrifft. Dass sich die Band ganze acht Jahre Pause nach ihrem letzten Album „We Were Dead Before The Ships Even Sank“ gönnte – auf welchem auch The-Smiths-Gitarrist Johnny Marr offizielles Mitglied war – sorgte dafür, dass ihr im Frühjahr 2015 erscheinendes neues Album „Strangers To Ourselves“ nahezu sehnsüchtig erwartet wurde und einem großen Erwartungsdruck ausgesetzt war. MODEST MOUSE zeigen sich davon unbeeindruckt und stellen unter Beweis, dass sie ihre quirlige, tanzbare und leicht verschrobene Art auch nach mehr als 20 Jahren Bandgeschichte nicht abgelegt haben. Dabei klingen sie auf ihrem sechsten Album – trotz einiger Längen – so frisch und unverbraucht, als wären sie nie weg gewesen.

Knarzender Kontrabass, stampfendes Schlagzeug, einzelne Glockenspieltöne und Isaac Brocks sanfter Gesang eröffnen das Album, was sofort Assoziationen zu Bands wie Arcade Fire weckt, welche wahrscheinlich ohne MODEST MOUSE nicht in ihrer heutigen Position stehen würden. Das direkt daran anschließende „Lampshades On Fire“ erinnert sehr stark an das Durchbruchsalbum „Good News For People Who Love Bad News“, und könnte in seiner Quirligkeit und mit seinem polternden Schlagzeug, seinen Synthieorgeln und dem überdrehten Gesang – inklusive „Dabdabdada“-Mitsingteilen – durchaus als offizieller Nachfolger des Überhits „Float On“ durchgehen. Mit mehr Verzerrung und Rockattitüde gilt dies auch für das begeisternde „Be Brave“.
Generell steht trotz einiger melancholischer Songs der Spaß im Vordergrund, was sich besonders im wilden Wüten der Band in vielen verschiedenen Genres zeigt. „Pistol“ springt mit seinem Beat, seinen (bewusst) billigen elektronischen Effekten und überzogenem (Sprech-)Gesang zum Beispiel fast auf einen Hip-Hop-ähnlichen Zug auf, während „The Ground Walks, With Time In A Box“ mit seinen pluckernden Gitarren und dem klassischen Anfang-2000er-Indie-Stampf-Beat gelegentlich an Bands wie Foals erinnert. Ebenso stehen sich Songs wie das ruhige, folkige „Coyote“, das als dixieinfizierte Zirkusnummer daherpolternde „Sugar Boats“ sowie das von epischen 80er-Jahre-Synthieflächen dominierte „Wicked Campaign“ gegenüber. Dabei klingen MODEST MOUSE immer nach MODEST MOUSE, was am pointierten Einsatz von Trompeten, kleinen elektronischen Einsprengseln und besonders an der charakteristischen Stimme von Isaac Brock – die sich zwischen Gequengel und besänftigend tummelt – festgemacht werden kann.

„Strangers To Ourselves“ zeichnet sich demnach sicherlich nicht durch einen Mangel an Abwechslungsreichtum aus, etwas mehr Zielstrebigkeit hätte „Strangers To Ourselves“ allerdings gut getan. Gerade weil die Band ihren unverkennbaren Sound zwischen allen Stühlen ansiedelt und permanent zwischen verschiedenen Stilen hin- und herspringt, überfordert „Strangers To Ourselves“ den Hörer gelegentlich. Dies wird vor allem nach dem Interlude „God Is An Indian And You’re An Asshole“ deutlich, wenn dem Album doch etwas die Luft ausgeht. Dennoch wissen MODEST MOUSE von einigen schwächeren Momenten abgesehen, voll zu überzeugen und streckenweise auch zu begeistern. Die nahezu sterile Ordnung, welche die Wohnsiedlung auf dem Cover andeutet, findet sich auf diesem Album (glücklicherweise) nicht. Stay strange.

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Wertung: 8 / 10

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