Review Stefan Dettl – Soultrain

Der „Soultrain“ rollt wieder, aber nicht in Form der 45 Jahre gelaufenen TV-Legende, sondern im Gewand des dritten Studioalbums des Chiemgauers STEFAN DETTL. Man kennt ihn hautpsächlich als Frontmann von LaBrassBanda, die von Schottland bis Ungarn Begeisterungsstürme auslösen konnten. Auch wenn der Musiker aus der Provinz stammt, so ist er ein weltoffener Charakter, der mit diesem Release abermals Ländergrenzen überschreiten möchte. Mit diesem Ziel schielt vor 2016 vor allem über den großen Teich, direkt in die Vereinigten Staaten von Amerika, die gemeinhin als Wiege des Soul bekannt sind.

Aus diesem Grund befinden sich auch einige englischsprachige Songs auf diesem Album. Außerdem hat STEFAN DETTL die Gitarre, die er auf „Rockstar“ und „Summer Of Love“ spielte, wieder zur Seite gelegt und greift selbst zu den Bläsern, die ihn mit seiner Hauptband bekannt machten. Der Einstieg mit „Superman“ gestaltet sich dementsprechend fast schon melancholisch und getragen, wenn man den bisherigen musikalischen Output des Bayern kennt. Vor allem ist es aber sein Gesang, der mehr als nur überrascht, denn auch wenn es der Albumtitel bereits suggeriert hat, so viel Soul hätte man dem Musiker wahrlich nicht zugetraut. Im Titelsong agiert man im Bereich des fröhlich-geprägten Funk und es taucht erstmals der gewohnte Mundartgesang wieder auf. Von melancholisch-gefärbten Lovesongs („The One“) und einer entspannten Ode an die Freundschaft mit Reggae-Einschlag („Bester Freind“) wird der Zug unaufhörlich vorangetrieben. Man ertappt sich bei Stücken wie „Lonely Boy“  oder „Baby“, zweiteres mit männlichem 50er-Jahre-Gedächtnischor ausgestattet, wiederholt beim Fußwippen und gedanklich transportiert man die offerierte Musik in einen rauchverhangenen Club mitten in New Orleans. Zweifelsohne gehört diese Art von Musik in eben jene kleine Lokalitäten, die den Musikern eine ungestörte Nähe zum Publikum ermöglichen. Diese Gedankenspielerei wird durch eine organische Produktion begünstigt, die einem Live-Erlebnis an einigen Stellen sehr nahe kommt. Besonders die Bläser und das Klavier agieren in ihrer tragenden Rolle sehr positiv, wenngleich auch den anderen Instrumenten genug Platz zur Entfaltung geboten wird. In „Trachtenbua“ lassen sich sogar Referenzen zum legendären James Brown finden, bevor das Album mit „Khao Phad Gai“ (thailändisch: gebratener Reis mit Hühnchen) ausklingt und den internationalen Charakter abschließend unterstreicht.

STEFAN DETTL ist ein Vollblutmusiker, der mit „Soultrain“ seine Vielfältigkeit abermals unter Beweis stellt und ein multikulturelles Album erschaffen hat, das den taktgebenden Soul gelenk mit bayerischen Bläsern verbindet. Auch in englischer Sprache macht der Sänger eine gute Figur. Fernab jeglicher Bierzelt-Attitüde ist so ein abwechslungsreicher Longplayer entstanden, der von beschwingten bis melancholischen Songs die komplette Stimmungsbandbreite anbietet. Ob man mit diesem Output wirklich in den USA auf Gehör trifft, ist fraglich. Musikalisch anspruchsvoll und hochkarätig umgesetzt ist „Soultrain“ aber definitiv.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Christian Denner

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