Review The Rotted – Get Dead Or Die Trying

  • Label: Metal Blade
  • Veröffentlicht: 2008
  • Spielart: Death Metal

Jene Briten, die sich heute THE ROTTED nennen, waren bis vor wenigen Monaten noch als Gorerotted unterwegs. Der Namenswechsel brachte der Band nicht nur neue Aufmerksamkeit, sondern auch den Fans ein neues Album ein: „Get Dead Or Die Trying“. Mit verantwortlich für den Namenswechsel waren auch die sich verändernden Akteure, in deren Mitte Growlmeister Ben McCrow nicht mehr über Serienmörder, die er nie getroffen, Horrorfilme in denen er keine Rolle und Morde die er nie begangen hatte, singen wollte. So haben sich die fünf das passende Outfit für eine Scheibe geschneidert, die den täglichen Terror, Wahnsinn und die Extreme abhandelt, in der sie selbst leben. Und nicht nur sie – auch wir.

„Nothin‘ But A Nosebleed“ wurde zum Opener auserkoren und gibt von der ersten Sekunde an mächtig auf die Fresse. Als Song über die Tatsache, dass lieber mit seinen Drogendealern, anstatt wirklichen Freunden rumgehangen wird, hängt ein merkwürdiger, melancholischer Duft an der Nummer. Die Basslines sollen beispielhaft für den Rest der Seite stehen: hart, bestimmend und kompromisslos, ebenso nach vorne preschend wie die treibenden Blastbeats. Ben „Goreskin“ McCrow variiert währenddessen vom schnellen Growling – unterstützt von Screams des Bassers Phil Wilson – bis zu langsameren Parts, die er ebenso gekonnt beherrscht. Nett hierbei: das, auch bei anderen Songs, gegen Ende eingesetzte Rauschen. Kein aufwändiger, dafür aber passender Effekt.

Vielleicht muss man ein wenig um das Geschehen hinter den Liedern Bescheid wissen, um Nummern wie „The Howling“ in den richtigen Hals zu bekommen. Die, ganz klar von der Gitarrenarbeit ausgehenden, Disharmonie, die diese knapp drei Minuten füllt, kommt nicht von Ungefähr. Kein surrealer Hass ist es, den sich Goreskin hier von der Seele grunzt – blendende Wut gegenüber den Oberen trifft es wohl besser.

Ihr verspürt bei „Kissing You With My Fists“ den plötzlichen, nicht zu bändigenden Drang, den Titel bildhaft werden zu lassen? Wer will es euch bei den schneidenden Riffs und Gerölllawinen-artigen Bassläufen verübeln, die euch hier und auf der gesamten „Get Dead Or Die Trying“ entgegen geschleudert werden? Die Briten haben sich ganz augenscheinlich etwas überlegt, als sie ihre Songs aufgebaut haben, nicht mit ungezügelter Härte drauf los geprügelt, die innere Wut katalysiert und in die Seele der Scheibe transportiert. „The Body Tree“, „It’s Like There’s A Party In My Mouth (And Everyone’s Being Sick)“ und „Angel Of Meth“ sind die besten Beispiele dafür, dass das auch bei den Parts mit mehr als etwas unter drei Minuten Spielzeit zündet. Und weil wir gerade dabei sind: mit knappen 38 Minuten haben sich THE ROTTED nicht übernommen und wissen scheinbar um die Schwere ihrer Songs. Womöglich auch deshalb kommt das Schlusslicht „28 Days Later“ in ausschließlich instrumentalem Gewand daher, weiß aber ebenso gut zu gefallen, gekonnt abzuschließen und den Gesamteindruck um noch ein Quäntchen zu heben.

Gleichzeitig voller Aggressionen, Melancholie und Intention nach vorne, schrauben sich THE ROTTED Titel für Titel weiter nach oben, entfalten sich in ihrem blutroten Geflecht aus purer Angepisstheit und eigenen Erfahrungen. Verbunden mit den vielschichtigen und – welchem Gott auch immer sei Dank – abwechslungsreichen und durchaus melodischen Licks und Riffs, lädt man die Todesmetall-Kanonen auf und feuert sie zielgenau in die Ohren der werten Hörerschaft. Deren – Anfangs vielleicht nicht ganz unberechtigten – Bedenken dürften damit ebenso radikal aus der Welt geschafft worden sein, wie die Frage nach dem Sinn des Namenswechsels. Man widmet sich realen Themen, die für die meisten Leute greifbarer, besser nachzuvollziehen und auch emotional wirksamer sind. Es gilt erst, eine harte Schale zu durchdringen – aber dann seid gewarnt: der Kern wird nicht weicher sein. Platz nach oben ist dennoch vorhanden; so sollte daran gefeilt werden, die Atmosphäre kann noch dichter geflochten werden. Bis dorthin: lasst die Nasen bluten!

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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