Review Velvet Cacoon – Genevieve

  • Label: Full Moon
  • Veröffentlicht: 2004
  • Spielart: Black Metal

Velvet Cacoon ist schon so ein Kapitel für sich. Obwohl es sich hier nicht um irgendwelche Mörder, Kirchenzündler oder sonstige Schwerverbrecher der Black-Metal-Szene handelt machte man wohl eher Schlagzeilen durch andere Dinge als die Musik an sich. So outeten sich Angela und Josh, die früher nur als LVG und SGL bekannt waren aufgrund einer Mitgliedschaft in einer Ökologiegruppierung, als asexuell und künstlerisch beeinflusst durch Dextromethorphan, ein Hustenblocker und eine Insiderdroge, dessen Wirkung Josh in eine Heilanstalt geführt haben soll. Wieviel davon und von anderen Geschichten wahr ist kann wohl niemand genau wissen, aber die Beiden machten auch keinen Hehl daraus, dass es ihnen Spass macht die Leute zu veräppeln. Ihr grösster Coup diesbezüglich ist mit Sicherheit die Geschichte um die Dieselharfe.

Über die Konstruktion und Funktionsweise dieses Apparates wurde nach dem Release des Albums im Internet heiss diskutiert, manch einer behauptete sogar das Ding mal gesehen zu haben und es wird sicherlich genügend Leute geben, die alleine dadurch schon so fasziniert gewesen sind um sich die Scheibe zu kaufen, unabhängig davon wie die Musik denn nun klingt. Der Kultstatus war „Genevieve“ somit gewiss.
Doch auch Velvet Cacoon produzieren ihren Black Metal letztlich nur mit normaler Gitarrenkraft, wie man unverblümt in einem Interview später zugab, man wollte damit nur zeigen, wie sehr so ein Gerücht die Menschen beeinflussen kann. Tja, für manch einen war „Genevieve“ jetzt doch nicht mehr so interessant. Doch es gibt auch genügend Leute, die dem Werk weiterhin etwas abgewinnen können, ob Dieselharfe oder nicht.

Zu diesem Personenkreis zähle ich mich selbst, dass „Genevieve“ eher geteilte Meinungen hervorruft ist jedoch schon verständlich. Geboten wird an und für sich wahrlich nichts Neues, Black Metal im Stile der Landsmänner von Xasthur, die ja schon selbst nicht grade für Innovationen bekannt sind. Doch irgendwie ist Velvet Cacoon dennoch anders. Bei Xasthur führt Malefic mit seinem abnormalen, psychotischem Geschreie und der Keyboarduntermalung den Hörer in eine andere, bizarre und befremdliche Welt.
Ein Blick auf das „Genevieve“-Cover verrät, dass man bei Velvet Cacoon durchaus noch auf Erden wandelt, in einem dichten Schneegestöber, das in Kombination mit Nebel jegliche Orientierung unmöglich macht. Der einzelne Baum in der Mitte repräsentiert die Einsamkeit, in welcher man durch Flora & Fauna umherirrt. Bis auch der letzte Funken Hoffnung auf einen Ausweg erlischt ist, ist man ein stiller Wanderer der Nacht.

So monoton wie das Landschaftsbild ist auch die Musik: die Riffs pro Song lassen sich an ein, maximal zwei Händen abzählen, beim Schlagzeug hätte man auch einen Drumcomputer vermuten können, wären nicht dann und wann ein paar lichte Momente, in denen Josh beweisen darf, dass er nicht nur präzise den Takt halten kann. Auf Keyboardeinsatz verzichtet man gänzlich, immerhin darf man während „Laudanum“ für einen kurzen Moment mal ein Klavier vernehmen.
Der grösste Unterschied zu Xasthur liegt allerdings bei den Vocals: Während Malefics Stimme durch Effekte ziemlich verfremdet ist und aus den Tiefen der Musik zu kommen scheint, sind Joshs Einsätze sehr dezent und reichen nicht über Flüstern hinaus. Gerade aus diesem Grunde jedoch hat das Ganze etwas ziemlich unheimliches, es ist als ob hinter jedem Baum oder Strauch etwas lauert, man selber ist jedoch unfähig es zu sehen. Was es sein könnte obliegt somit nur der Fantasie, welche man in solch einer Situation verfluchen könnte, denn Positives entspringt ihr nicht.
Der mit Abstand längste Track auf „Genevieve“ bietet dann zum Abschluss gar keinen Black Metal mehr, „Bete Noir“ ist ein 17-minütiges minimalistisches Ambient-Stück, ideal geeignet für die tiefste Nacht, um seine Gedanken schweifen zu lassen, musikalisch natürlich wertlos und auch nicht übermäßig aufregend gestaltet. Minimalismus halt.

Es ist wirklich nicht leicht konkret herauszustellen, weshalb ich diesem Werk so viel abgewinnen kann. Sagen wir es mal so: Extreme Musik kann in extremen Gefühlslagen Balsam für die Seele sein. Ob im Falle von „Genevieve“ das nun ein extrem intensives oder ein extrem langweiliges Erlebnis ist, ist wohl von Hörer zu Hörer unterschiedlich. Direkt empfehlen kann ich das Album daher niemanden, reinhören ist Pflicht vor dem Kauf, ausser man hat eh zuviel Geld. Ob man ohne den Hype um das mysteriöse Musikinstrument allerdings soviel Beachtung bekommen hätte lässt sich bezweifeln. Wenn man irgendwann mal genug hat vom Musikgeschäft, dann dürften Josh und Angela jedenfalls keine Probleme haben in die Unterhaltungsbranche zu wechseln.

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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