Review W.A.S.P. – The Best Of The Best

  • Label: Snapper
  • Veröffentlicht: 2007
  • Spielart: Heavy Metal

Huah! Ich glaube, das hier ist wohl die bisher längste Tracklist in einer CD-Besprechung auf metal1.info – solange nicht noch jemand auf die Idee kommt, Anal Cunt zu rezensieren. Bis zu jenem Tage halten W.A.S.P diesen Rekord. (Nachtrag: Leider wurde mein Glaubensgebäude gerade von Bob the Builder einplaniert – die Coverband Justice kommt hier auf 35 Titel.) Allerdings handelt es sich hier nicht um ein richtiges Album, sondern um ein Best-Of, und was für eines. Für diese Doppel-CD haben die Herren ziemlich tief gegraben und dabei alle Schichten ihrer Bandgeschichte einmal durchstoßen oder gestreift. Das hier ist wirklich das umfangreichste Best-Of, das mir bisher untergekommen ist oder von dem ich überhaupt gehört habe: Erschlagende 32 Lieder mit einer Gesamtspielzeit von kolossalen 2 ½ Stunden wurden hier auf zwei Silberlinge gequetscht – hier bekommt man noch was fürs Geld, alle Achtung! Natürlich muss aber auch die Musik stimmen, und das tut sie.

Da es sich bei „The Best Of The Best“ quasi um einen Abriss der gesamten Bandgeschichte handelt, möchte ich diese auch zumindest in groben Zügen skizzieren. Ich hatte den Namen W.A.S.P. schon vorher gehört, hatte aber noch nie Musik der Heavy-Legenden vernommen, aus welchem Grund auch immer. Wie ich bei der Recherche erfuhr, waren die 1981 gegründeten W.A.S.P. (über die Bedeutung des Namens besteht nach wie vor keine Klarheit, von Lawless wurde „We Are Sexual Perverts“ propagiert) in der Vergangenheit hauptsächlich für ihre teilweise ziemlich grenzwertigen Bühnenshows bekannt, die ihnen diverse Konflikte mit diversen Behörden einbrachten – das fing bei ins Publikum geworfenem rohem Fleisch und Kettensägen zwischen den Beinen von Sänger und Mastermind Blackie Lawless an und hörte bei gekreuzigten Nonnen auf, die mit als Strap-On verwendeten Küchenmessern pseudo-penetriert wurden; ganze Touren platzten deswegen. 1989 markierte „The Headless Children“ einen Wandel in der Mentalität der Band, man wurde seriöser, auch von der musikalischen Seite her; 1994 – 1997 ging man getrennte Wege, um sich dann mit „Kill Fuck Die“ wieder zusammenzufinden. Wer mehr wissen möchte, kann im Wikipedia-Artikel stöbern.

Neben den Erinnerungen an ihre bühnentechnische Exzentrizität ist auch die Musik der US-amerikanischen Band, deren Besetzung über die gesamte Bestehenszeit von mittlerweile 26 Jahren (mit kurzer Pause in den frühen Neunzigern) munter rotierte, etwas, das Bestand hat und haben wird, denn es handelt sich hier um absoluten Klassiker-Heavy Metal. „The Best Of The Best“ ist wie eine Zeitreise: Die Stücke sind feinsäuberlich chronologisch geordnet und decken so gut wie jedes Album ab, das W.A.S.P. jemals geschaffen haben. Bei den meisten auf der Doppel-CD vorhandenen Liedern handelt es sich um Singleauskopplungen, doch auch „normale“ Stücke von den Alben sowie eine (Pseudo?-) Live-Version („Harder, Faster“) haben es in die Sammlung geschafft. Schon die beiden ersten Singles „Animal (F*** like a Beast)“ und „I Wanna Be Somebody“ sind richtig gute Heavy Metal-Lieder, die sich vor den Kassenschlagern anderer Größen jener Zeit (beispielsweise Accept oder Maiden oder sonstwem) nicht zu verstecken brauchen. Blackies Gesang (nein, es geht nicht um Roberto Blanco) ist schön rauh und ein richtiges Markenzeichen, der Rest ist das, was man als Definition für „80er-Metal“ anführen könnte.Während die erste CD sich dem W.A.S.P.-Output der Achtziger widmet, liegt das Augenmerk des zweiten Rundstücks deutlich auf Lawless‘ ganz klar so zu bezeichnendem magnum opus „The Crimson Idol“ (alleine dieses Album steuert fünf Lieder bei) und der Zeit vor, während und nach der kurzen Trennung. Hier wird nun merklich anders zu Werke gegangen; vom „Spaß-Metal“ der Achtziger entwickelte man sich weiter und die Musik wurde fast schon progressiv mit Keyboard und Albumkonzept, auf jeden Fall aber seriöser, wie auch das Auftreten der Band; alle fünf Lieder von „The Crimson Idol“ („Titanic Overture“, „The Invisible Boy“, „Chainsaw Charlie“, „Hold On To My Heart“ und „The great Misconception Of Me“) sind wahre Meisterstücke. Danach kehrten W.A.S.P. (leider?) mit „Helldorado“ wieder zu ihrem 80er-Stil zurück, dessen Lieder auch den Schlusspunkt des Best-Of markieren; die später noch folgenden „The Neon God“-Konzeptalben sind nicht mehr vertreten.

Meine Herrn, diese zweieinhalb Stunden haben es echt in sich, das ist die volle Packung Heavy Metal, und es macht wirklich Spaß, die Entwicklung der Band mitzuverfolgen, dies jedoch am meisten ab CD 2; auf der ersten kann einem die Zeit doch stellenweise etwas lang werden, da die Lieder hier alle noch recht ähnlich gestrickt sind und nicht viel Abwechslung bieten, auch wenn richtige Highlights („I Wanna Be Somebody“, „Restless Gypsy“, „King Of Sodom And Gomorrah“) und eine Halbballade („Sleeping (in the Fire)“) dabei sind. Auf der zweiten Scheibe wird der Knaller dann gezündet mit den Beiträgen von „The Crimson Idol“, und auch die „Helldorado“-Sachen machen natürlich Spaß. Das Gesamtpaket verschmilzt zu einem Pflichtkauf für folgende Gruppen:

– Leute, die noch nicht alles von W.A.S.P. im Schrank haben
– Leute, die klassischen Heavy Metal mögen
– Leute, die überhaupt Heavy Metal mögen

Wer mit dieser Musik nichts anfangen kann, verschwendet hier natürlich sein Geld, denn hier gibt’s W.A.S.P. und nichts anderes, ist ja klar. Oben genannte sind aber aller-aller-allerbestens bedient. Viel Spaß – „scream until you like it“!

Keine Wertung

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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