Review XMH – State Of Mind

  • Label: Danse Macabre
  • Veröffentlicht: 2010
  • Spielart: Electronic

Elektro hat in Metal-Kreisen ja nicht unbedingt den besten Ruf – ist die Musik doch bei vielen Gitarren-Anbetern als stumpfes Gewummer mit Synthie und dummen Samples verschrien. Objektiv gesehen kann man dem wohl auch nicht so ganz widersprechen… ebensowenig jedoch der Tatsache, dass es auch in diesem Genre durchaus Bands gibt, mit denen man Spass haben kann. Und auch, wenn man für Elektro vielleicht kein Instrumentalvirtuose sein oder Musiktheorie studiert haben muss, ist es offensichtlich doch schwieriger als man immer denkt, rein elektronische Musik zu kreieren, die etwas hermacht… wie all die Kapellen, die es nicht schaffen, ihrer Musik eine Seele einzuhauchen, eindrucksvoll beweisen.

XMH aus Holland schaffen zumindest das auf ihrem zweiten Album, „State Of Mind“, spielend („programmierend“ wäre wohl passender, findet sich bis auf eine vereinzelte Gitarrenspur im wirklich gelungenen Outro-Instrumental „Tears In Rain“ kein „analoges“ Musikinstrument auf der CD)… weist das Album als ganzes zwar leider einige nicht von der Hand zu weisende Längen auf, die sich logischerweise auch in der Bepunktung niederschlagen, weiß jedoch in seinen elf „echten“ Songs (bei den restlichen drei Tracks handelt es sich, wie im Genre üblich, um Remixversionen dreier Tracks des Albums durch andere Künstler) auch mit diversen Höhepunkten zu glänzen. Einer davon ist definitiv der Track „Komasaufen“ – zumindest, wenn man einen Sinn für schwarzen Humor hat.
Bewegen sich die anderen Texte im gängigen Rahmen aus Sex, Drogen und Gewalt, den man von Genrekollegen wie Combichrist oder Wumpscut kennt, ist dieser Song ein weiteres von unzähligen Beispielen dafür, dass Ironie, Sarkasmus und Geschmacklosigkeit oft nah beieinanderliegen: Zu technoiden Beats und Keys trägt hier Claus „Mr. Heute-Journal“ Kleber im Duett mit einer Frauenstimme den Text „Nach 45 Tequila fiel Lukas um. Ins Koma. Hing noch 5 Wochen am Leben und war tot. Mit 16 Jahren“ – „4,8 Promille im Blut“ – „Und war tot.“ – „Du hast verloren.“ vor, welchem durch den nüchternen Nachrichtensprecher-Ton einen Grad an Sarkasmus verliehen wird, der wohl nurnoch durch ein angehängtes „Schade.“ zu steigern gewesen wäre.
Ob ein Text, der sich über einen Jugendlichen lustig macht, welcher sich durch eine Dummheit des Lebens beraubt, nun oberste moralische Schublade ist, darf natürlich hinterfragt werden (wobei „lustigmachen“ hier vielleicht etwas zu viel der Interpretation ist, vermag ich weder die Intention des Künstlers zu beurteilen, noch, ob die Samples auf einen Holländer überhaupt den gleichen Eindruck machen wie auf einen Muttersprachler). Jedoch sollte man dabei nicht vergessen, dass der Knabe nicht aufgrund eines unausweichlichen, tragischen Schicksals ums Leben gekommen ist, sondern sich aus eigenverantwortlichem Handeln heraus (dass ein 15-Jähriger zu solchem befähigt ist, unterstelle ich an dieser Stelle einfach mal) zu Grunde gerichtet hat und somit wohl eher einen Darwin-Award denn Mitleid verdient hat.

Mit „State Of Mind“ liefern XMH ein zweites Album ab, welches nach einem schwungvollen Start leider etwas nachlässt und den Energiestrom von Band zu Publikum so nicht über die volle Spielzeit von 70 (!) Minuten aufrechterhalten kann. Zwar finden sich mit Songs wie „Wasted“ oder „Komasaufen“ wirklich gelungene Tracks auf dem Album und auch im zumindest für den unbedarften Hörer oft schon nicht mehr von „normalem“ Techno zu unterscheidenden restlichen Material sind einige wirklich coole Passagen, Beats und Synthie-Arrangements verarbeitet. Alles in allem wirkt „State Of Mind“ auf die Dauer jedoch selbst für Electro etwas zu monoton, um auf ganzer Linie begeistern zu können.

Anspieltipp: „Wasted“, „Komasaufen“

Wertung: 7 / 10

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