Konzertbericht: Liturgy w/ Sonytagartony

02.06.2015 München, Kranhalle

Liturgy

Bereits mit ihren ersten beiden Alben konnten LITURGY für zwiespältiges Aufsehen in der Metalszene sorgen, indem sie darauf ihre transzendentale Version des Black Metal präsentierten und diese medial auch in Pamphleten und seltsamen Interviews zelebrierten. Szene-Verfechter hassen die Band um Hunter Hunt-Hendrix leidenschaftlich, die in den letzten Jahren immer wieder in unterschiedlichen Konstellationen – teilweise lediglich durch einen Drumcomputer unterstützt – live aufgetreten ist, dabei aber selten den Weg auf den alten Kontinent fand. Zurück in ihrer Ursprungsbesetzung veröffentlichten LITURGY Anfang 2015 ihr drittes Album „The Ark Work“, auf dem sie die Grenzen des Metal noch weiter ausloten und häufig auch überschreiten. Anfang Juni ist es endlich so weit, und der Vierer aus Brooklyn macht im Rahmen seiner Europatournee endlich wieder in München Halt.

 

sony

Bevor die gestochen präzisen Blastbeatsalven auf das Publikum in der Münchner Kranhalle einprasseln, ist es allerdings an SONYTAGARTONY, dem Projekt um Rumpeln-Mastermind Anton Kaun, den Abend zu eröffnen. Musikalisch – wenn man dieses Wort gebrauchen möchte – dominiert hier der Noise im Sinne von verwaschenem Lärm: Ein zweisaitiger Bass, eine unkenntlich verzerrte Gitarre und ein paar elektronische Einsprengsel, angereichert von immer wieder manisch vorgetragenem Geschrei – wobei das Mikrophon während des Auftritts seinen Geist aufgibt und immer wieder auf den Boden fällt respektive geworfen wird – und eine Videoprojektion eines Fußmarsches durch die Alpen: Schwere Kost für einen Dienstagabend. Dass das Ganze von draußen und sitzend deutlich besser und spannender klingt, als direkt vor der Bühne stehend, wird ungewollt von einem vorbeilaufenden Skaterkid bestätigt, das das Krachgewitter mit einem erstaunten „Krass, da drin geht’s ja ab“ kommentiert. „Abgehen“ ist nun allerdings nicht das richtige Wort für SONYTAGARTONY, irgendwie beeindruckend ist der Auftritt allerdings doch.

Liturgy 01

Nach einer halbstündigen Umbaupause ist es so weit und die recht locker, dennoch ansehnlich gefüllte Kranhalle macht sich bereit für LITURGY. Ohne Lichteffekte oder Bühnenshow beginnt Sänger Hunter das Konzert damit, seine eigene Stimme mit immer wieder neuen Geräuschen zu aufeinander zu samplen, bis plötzlich eine unfassbare, körperlich anstrengende Wall Of Sound aus unvorstellbar schnellen Blastbeats, flirrend hohen Gitarren, dröhnendem Bass und Hunters Gejaule – anders kann man die Geräusche, die er zu diesem Klangteppich macht, nicht beschreiben – die Zuhörer wegbläst. Während der Sound zu Beginn noch etwas undifferenziert ist, bessert sich dies bereits während des Openers „High Gold“ und immer wieder schmeißen die vier Musiker aus Brooklyn rhythmisch kaum nachzuvollziehende Parts vor die Füße des Münchner Publikums, nur um dazwischen in Blastbeatpassagen auf ihre Instrumente einzuhämmern. Besonders Drummer Greg Fox und Gitarrist Bernard Gann sind aus technischer Sicht hervorzuheben: Die Geschwindigkeit und Präzision, mit der die beiden Musiker ihren Sound darbieten, ist beängstigend und wirkt beinahe unmenschlich.
The Ark WorkDas Publikum ist das gesamte Konzert über in den vorderen Reihen heftig am Headbangen – auch wenn die vertrackten Rhythmen dies immer wieder erschweren – und die Interaktion der Band mit dem Publikum beschränkt sich auf einige wenige „Thank You“s von Hunter. Das hält das Publikum allerdings nicht davon ab, nach jedem Song begeistert zu applaudieren. Mit dem Überhit „Generation“, der lediglich aus zwei Akkorden aber einer unglaublichen Dynamik und Rhythmusspielerei besteht, findet das reguläre Set sein Ende. LITURGY werden allerdings so bejubelt, dass sie gerne für eine letzte Zugabe zurückkehren, in der sie mit „Pagan Dawn“ sogar noch einen Song vom ersten Album „Renihilation“ zum Besten geben. Nach einer knappen Stunde ist Schluss, die Körper der heute Anwesenden restlos ausgelaugt und das Schwindelgefühl aufgrund des permanenten Beschusses dieses Konzerts nahezu überwältigend.

  1. High Gold
  2. Follow
  3. Kel Valhall
  4. Follow II
  5. Quetzalcoatl
  6. Veins Of God
  7. Reign Array
  8. Generation
  9. ———

  10. Pagan Dawn

FAZIT: Auch wenn Sonytagartony als Vorband nicht wirklich überzeugen konnten und zumindest klanglich (wenn auch nicht in ihrem künstlerischen Anspruch) einen krassen Gegensatz zum heutigen Mainact darstellten: LITURGY live sind eine absolute Macht. Sicherlich, der „Gesang“, wenn man die Geräusche, die Hunter live von sich gibt, denn so nennen möchte, ist mehr als streitbar. Allein die Energie, die Präzision und die schiere Lautstärke und Dynamik, die der Vierer aus Brooklyn versprüht, machen einen Konzertbesuch bei LITURGY zur Pflicht für jeden aufgeschlossenen Freund harter und technischer Musik.

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