Review Festung Nebelburg – Gabreta Hyle

Nattulv nennt sich ein junger Mann, der mit seinem Soloprojekt FESTUNG NEBELBURG nun ein erstes gepresstes Lebenszeichen von sich gibt. Dabei mischt er rasenden Black Metal mit melodischen und volkstümlichen Elementen, um dazu mitunter sehr derbe Sagen und Legenden aus seiner ländlichen Heimat zu erzählen und lokalpatriotisch-romantische Lieder anzustimmen. Moment mal, das kommt mir irgendwie bekannt vor, gab’s da nicht vor einem Jahr sowas ganz Ähnliches? Richtig, wer sich wie ich an Myrkgrav aus Norwegen erinnert fühlt, liegt weiß Odin nicht falsch, nicht nur musikalisch und konzeptionell. Nattulv scheint auch privat mit Lars Jensen befreundet zu sein, das lässt sich zumindest den Grußworten im Booklet entnehmen.

Wo wir schon bei der Aufmachung von „Gabreta Hyle“ sind: Dass die Schriftart kackfrech von Negura Bunget geklaut wurde, hat zwar auf die Musik keinen Einfluss, sollte aber einfach nicht passieren, wo man sonst doch so sehr auf Eigenständigkeit pocht. Die Burgruine auf dem Cover macht sich nett, aber unspektakulär, wenden wir uns also der Musik zu.Der gravierendste Unterschied zwischen FN und Myrkgrav ist natürlich die Herkunft, die Festung entstammt nämlich dem Bayerischen Wald. Dieser ist auch Namensgeber für das Debüt, „Gabreta Hyle“ nannte der griechische Geograph Ptolemäus das Gebiet. Im Gegensatz zu Jensen erspart uns Nattulv (zum Glück?) Texte im lokalen Dialekt, bis auf „When Autum Turns Into Winter“ sind alle Lieder in Standarddeutsch verfasst.

Um es einmal vorwegzunehmen: Das Niveau von Myrkgrav erreicht „Festung Nebelburg“ leider nicht. Schuld daran ist vor allem der sehr eigenwillige und in diesem Zusammenhang etwas unpassende Klargesang Nattulvs, den man derart kehlig eher bei Mitterrockbands wie Saltatio Mortis erwarten würde. Ansonsten aber präsentiert sich „Gabreta Hyle“ doch beachtlich gut, man merkt die Erfahrung dem 20 Jahre alten Burschen, der sonst bei Wolfchant die dicken Seiten zupft, deutlich an.

Tolle Melodien bietet das Album von Anfang an. Der Opener und Titeltrack klingt mit seinen pfeilschnellen Leads und Doublebassattacken mitunter stark nach den ausgetretenen Pfaden von Menhir/XIV Dark Centuries, ansonsten bewahrt sich Festung Nebelburg aber ein gutes Stück Eigenständigkeit und auch Abwechslungsreichtum. „Werdung eines Helden“ zum Beispiel fährt die meiste Zeit auf der bedächtig-akustischen Spur, während ansonsten in den meisten Liedern immer mal wieder das Gaspedal durchgetreten wird, so dass es hier und da richtig bösartig tönt.
Besonders hervorzuheben ist das Lied „Herbstnebel“, welches mit einem starken, erhabenen Refrain aufwartet. Hier merkt man, dass Nattulv seine Klarstimme sehr wohl gut einsetzen kann, beispielsweise bei „Die Sage von Burg Weißenstein“ gelingt ihm das allerdings gar nicht, auch wenn das Lied sonst eine gute Figur macht. Eine richtig mächtige Nummer und das heftigste Stück ist „Als die Pest ins Waldland kam“, hier wird Melodie außen vor gelassen, stattdessen wird einfach gebolzt, was das Zeug hält, und auch das macht Nattulv gut. Weniger überzeugen kann „When Autums Turns Into Winter“, reiner Neofolk steht Festung Nebelburg einfach nicht so gut zu Gesicht, insbesondere die Mundharmonika wirkt deplaziert und kitschig.

Ein großer Pluspunkt von Nattulvs Erstling ist sicherlich, dass man lyrisch nicht den immergleichen Stuss von Wotan und den wilden Wikingern erzählt, sondern – nach dem Motto „Dig where you stand“ – den eigenen Sagenkreis vor der Haustüre als lyrisches Konzept nutzt. Dass das ganze auch noch in ein ansprechendes musikalisches Gerüst gehüllt wird, ist schlichtweg Grundvoraussetzung für den Hörgenuss, und ja, das trifft für Festung Nebelburg durchaus zu. Natürlich stört der Klargesang hier und da, und die unübersehbaren Parallelen zu Myrkgrav sind hier und da auch musikalisch zu eng, aber unterm Strich bietet „Gabreta Hyle“ spannende Geschichten, starke Melodien, fieses Geprügel und genügend Abwechslung, um auch nach dem zehnten Hören noch nicht beiseite gelegt zu werden.

Wertung: 8 / 10

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