Review Livingston – Animal

  • Label: Long Branch, SPV
  • Veröffentlicht: 2014
  • Spielart: Rock

Will man etwas richtig gemacht haben, macht man es am besten selbst. So oder so ähnlich kann man wohl die Einstellung der in Berlin ansässigen Band LIVINGSTON zusammenfassen. Sie trennten sich von ihrem früheren Label, da die gewünschte Unterstützung ausblieb und zu viele Kompromisse geschlossen werden mussten. Weil das zu viel Frust führte, fasste das Quartett einen Entschluss: Bei der dritten Veröffentlichung „Animal“ soll nun genau anders vorgegangen werden. Sie buchten eine entlegene Jagdhütte in Brandenburg, wo das gesamte Album selbstständig geschrieben, aufgenommen und produziert wurde. Ein Schritt, von dem sich die Mitglieder von LIVINGSTON nicht nur mehr gestalterische Freiheit, sondern auch bessere Ergebnisse erhoffen.

Musikalisch spielen die vier Jungs nach wie vor Alternative Rock, zu dem sich verstärkt Keyboards hinzugesellen. Letztere fallen vor allem bei langsameren Songs wie „Timebomb“ ins Gewicht, wirken aber nie fehl am Platz. Im Gegensatz zum Vorgänger „Fire To Fire“ sind die einzelnen Stücke aber weniger poppig und im Wesentlichen melancholisch gehalten. Die Atmosphäre von „Animal“ wirkt dunkler, die Stimmung ist leicht bitter. Auch zeigt die Band, dass sie in der Lage ist, stimmige wie auch eingängige Songs zu schreiben, die dennoch nicht zu eindimensional sind. Die beispielsweise vorab veröffentlichten Lieder „Human“ und „Chemicals“ können durchweg überzeugen. Doch leider soll der Funken nicht bei jedem Titel überspringen. „When It Goes Away“ oder „Reckless“ können zum Beispiel definitiv nicht als schlecht bezeichnet werden – aber sie reißen auch nicht mit. Hier zeigt sich exemplarisch das Problem des Albums: auf „Animal“ baute man zu stark auf Eingängigkeit. Der Refrain steht im Mittelpunkt jedes Songs. Dadurch ist die Platte zu leicht zu durchschauen, was letztlich Spannung beim Hören herausnimmt. Außerdem wirken einige Tracks uninspiriert oder stoßen nur auf geringes Interesse, wenn der Refrain nicht einschlägt. Die ständige Wiederholung ein und derselben Kompositionsstruktur kann aber durch in sich starke Nummern („The Hunter“ oder „Into The Rain“) ausgeglichen werden. Auch hilft der regelmäßige Wechsel zwischen schnelleren und langsameren Stücken, wodurch einem möglichen Gefühl der Monotonie noch entgegengewirkt wird.

Alles in allem haben LIVINGSTON ein ziemlich gutes Album abgeliefert, das seine Höhepunkte und Sternstunden hat. Selbst die wenigen Titel, die nicht unbedingt fesseln, sind an sich keinesfalls schlecht. Mit „Animal“ hat die Truppe aus Berlin ein kohärentes, ambitioniertes und emotionales Werk geschaffen. Sicherlich könnten sie sich trauen, in Bezug auf den Aufbau der Lieder experimentierfreudiger zu sein und aus dem klassischen Schema zumindest ab und und an mal auszubrechen. Letztendlich war es aber eine weise Entscheidung, das Label zu wechseln und das dritte Album komplett selbst in die Hand zu nehmen. Ein Fortschritt zum Vorgänger ist ganz klar zu erkennen – speziell in Bezug auf Authentizität, Emotionalität und Atmosphäre. In all diesen Aspekten können LIVINGSTON definitiv punkten.

Anspieltipps: „Human“, „Into The Rain“, „The Hunter“

Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Daniel Stein

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