Interview mit Sorath von Thorngoth

Mit ihrem dritten Album,“Leere“, sind die Bad Tölzer Black Metaller THORNGOTH ihren Weg wieder einen Schritt weiter gegangen und haben sich so, deutlicher noch als mit dem Vorgänger „Rauhnacht“, im deutschen Black Metal etabliert. Was Mastermind Sorath über das Album, die Leere als solche und die deutsche Grandprix-Heldin Lena Meyer-Landrut zu sagen hat, könnt ihr hier nachlesen:

Sers!
Danke für die Zeit für ein Interview! Wie geht es dir?

Danke der Nachfrage! Bei mir passt’s soweit.

Dieser Tage wird euer drittes Album, „Leere“ erscheinen… zunächst die Frage: Gibt es bereits ein konkretes Releasedatum?
Die aktuelleste Info, die ich von Folter Records bekommen habe, besagt, dass die CDs am 18.06.10 vom Presswerk geliefert werden. Das kann als Release-Datum gesehen werden. Spätestens zum 26.06.10 sollten sie jedoch verfügbar sein.

Das Wort „Leere“ findet sich auf „Leere“ ja reichlich oft… das legt nahe, dass es sich um ein Konzeptalbum handelt. Kannst du an dieser Stelle kurz erläutern, worum auf dem Album genau geht?
„Leere“ handelt von der Leere allgemein. Es ist in gewisser Weise ein Abbild unserer Zeit.Die zentrale Botschaft von „Leere“ ist eine Art Mahnmal und Spiegelbild der Gesellschaft. Alles ist in Metaphern umschrieben, in abstrakter Weise ausgedrückt.
Ich denke, man kann es nur bedingt als Konzept betrachten. Die Texte handeln mehr oder weniger von dem selben Thema, weswegen wir das Ganze unter dem Titel „Leere“ zusammengefasst haben.

Die Songtitel sagen ja nicht sonderlich viel über die Lyrics aus… heißen die Stücke ja „Leere I“ bis VIII. Einzige Ausnahme ist das ruhige Interlude „In der Leere“. Könntest du uns in kurzen Worten beschreiben, worum es in den einzelnen Texten geht?
Leere I:
Emotionale Leere, innerer Kampf
Leere II: Niedergang, Reinigung durch Zerstörung
Leere III: Keine Möglichkeit für neues Leben; wandernde, verlorene Seelen
Leere IV: Endgericht
Leere V: Weltenbrand (beides im modernen Sinne (Welt-bzw. Atomkrieg))
Leere VI: Katatonie (im weitestens Sinne)
Leere VII: gefangen sein in einem Zustand der irrationalen Beklemmnis
Leere VIII: Zerissenenheit, Totenruhe

Das Coverartwork ist ja vom gleichen Künstler wie das vorige, geht jedoch in eine ganz andere Richtung. Liefert ihr A.S. konkrete Wünsche, oder macht er euch nach der Musik Vorschläge?
Ich hatte A.S. meine Vorstellungen geschildert. Er versuchte sich daran und kam schon bald mit den ersten Entwürfen. Dabei mache ich keine genauen Beschreibungen, ich lasse A.S. da viel Freiraum. Die Musik hat A.S. zum Zeitpunkt seiner Arbeit an dem Artwork nur als rohe Demofassung ohne Gesang gekannt. Insofern konnte er sich nur ungefähr nach der Musik richten.
A.S. hatte zu “Rauhnacht”-Zeiten eine andere Vorgehensweise als wie jetzt. Er zeichnet mehr als früher. Das kam dem Cover von “Leere” zu gute.

Was bedeutet das Artwork für dich, beziehungsweise was verbindet das Bild mit der Musik oder den Texten?
Das Artwork eines Albums soll die Stimmung wiedergeben und präsentieren. Es ist somit ein wichtiger Bestandteil des Gesamtwerks.
Auf dem Cover von “Leere” ist ein menschenähnliches Wesen zu sehen, das aber nicht irdisch wirkt. Es scheint aus dem Gehölz herauszuwachsen und nicht lebendig zu sein.
Es drückt durch seine abstoßende Art Entfremdung und drohenden Untergang aus, die Themen, die musikalisch und textlich bei „Leere“ ausgedrückt werden.
Das von uns auch bei “Leere” wieder verwendete bräunlich-vergilbte Farbschema steht für alles Vergängliche. Sowie das Schwarz Tod, Depression etc. wiedergibt, stellt dieser Farbton den schleichenden Übergang in einen solchen Zustand dar. Das ist der Hauptzusammenhang zwischen Artwork und Musik.

Wenn ich richtig informiert bin, habt ihr das Album wieder in Eigenregie aufgenommen. Wie zufrieden seid ihr mit dem Resultat, und warum arbeitet ihr so? Würdet ihr die Eigenproduktion immer dem Studiogang vorziehen, oder ist das eine Art „Notlösung“?
Mit dem jetzigen Resultat sind wir auf jeden Fall sehr zufrieden.
Zu dem Anfangszeiten der Band kam es gar nicht in Frage, in ein Studio zu gehen. Hauptgrund dafür war der finanzielle Aspekt. So hab ich eben angefangen, mich mit Recording zu beschäftigen. In den ersten Jahren waren meine Kenntnisse ausreichend, aber eher dürftig. Es reichte, um um unsere Musik festzuhalten und einigermaßen hörbar zu machen. Da wir aber mit dem Ergebnis von Rauhnacht im Nachhinein nicht mehr so ganz zufrieden waren, hab ich mich mehr mit Tontechnik auseinandergesetzt.
Ich ziehe es weiterhin vor, die Musik selbst zu produzieren. Ein großer Vorteil dabei ist, dass man nicht unter Zeitdruck steht und sich beliebig lange mit den Aufnahmen beschäftigen kann. Von diesem Standpunkt aus bin ich auch der Meinung, dass es mehr Sinn macht, in Aufnahmeequipment zu investieren und die Aufnahmen selber durchzuführen anstatt ein teures Studio zu bezahlen. Vorausgesetzt, man hat die Fähigkeiten und Möglichkeiten dazu. Es ist nämlich sehr zeitauwendig, bis man die eigenen Aufnahmen auf ein profesionelles Niveau hieven kann.
Insofern ist eine Eigenproduktion keine Notlösung mehr, sondern oft die besser Alternative. Das betrifft auch den kreativen Schaffensprozess. Denn einige Ideen kommen hin und wieder erst bei der Aufnahme zu stande.
Völlig abwegig ist es jedoch nicht, dass wir irgendwann mal in einem richtigen Studio aufnehmen werden. Dazu muss aber erst die Finanzierung sicher gestellt sein.

Über „Rauhnacht“, den Vorgänger, würde ich persönlich fast behaupten, dass das mit der Eigenproduktion für das Material nicht unbedingt das Optimum war – verdirbt mir doch der sehr dünne, auf CD extrem leise Sound viel Freude an dem ansonsten durchaus interessanten Material. Wie stehst du rückblickend gesehen zum Sound von „Rauhnacht“?
Wie oben schon erwähnt, waren wir im Nachhinein mit dem Klang von Rauhnacht auch nicht wirklich zufrieden, so dass ich mich nach der Veröffentlichung von “Rauhnacht” wirklich intensiv mit der Materie beschäftigt hab. Investitionen in Zeit, Fachliteratur und Equipment waren nötig um den Klang von “Leere”, so wie es nun zu hören ist, zu bewerkstelligen.
Jedoch besteht ein Album nicht nur aus der Produktion, so wie es in einem Review zu “Rauhnacht” ausgedrückt wurde. Teilweise war dieser Klang beabsichtigt, teilweise lief mir das Ganze ein bisschen aus dem Ruder. Dass die CD so leise ist, resultiert daraus, dass der Mix nicht wirklich masterbar war. Ich sehe in der Lautstärke aber kein Argument, ein Album deswegen schlechter zu finden. Es sollte jeder fähig sein, am Lautstärkeregler nach oben drehen zu können.
Es gibt Black Metal Scheiben, die noch leiser sind. “Rain upon the impure” von THE RUINS OF BEVERAST zum Beispiel.
Abschließend bleibt zu sagen, dass ich “Rauhnacht” definitiv noch mal anderes abmischen würde. Die Möglichkeiten dazu hätte ich, die Dateien liegen auf der Festplatte.Aber da die Scheibe nun so veröffentlicht wurde, wird der Sound so bleiben wie er ist.

„Leere“ hingegen ist ein exzellenter Beweis dafür, dass man mit dem richtigen Equipment und Know How heutzutage auch problemlos ein Album produzieren kann, das spielend mit Studioproduktionen mithalten kann. Könnest du uns ein wenig über den Recordingprozess, aber auch das verwendete Equipment verraten?
> Der Prozess lieft wie folgt ab: ich habe die Rhytmusgitarren zum Klick eingespielt. Als nächtes kam das Schlagzeug. Bass und Leadgitarre wurden im selben Zeitraum eingespielt. Gesang und sonstiges kam zum Schluss. Insgesamt haben wir uns recht viel Zeit gelassen, ungefähr 6-8 Wochen für alle Spuren. Mix und Mastering nahmen danach zusätzlich ca. 4-5 Wochen in Anspruch.
Aus Bequemlichkeit wurden alle Saiteninstrumenten über Line-In aufgenommen und mit Ampsimulatoren der Sound gestaltet. Gutes Analoges Equipment stand ebenso zur Verfügung. Da das Ergebnis mit den Ampsims bereits ziemlich überzeugend war, beließen es wir dabei.
Nephesus von LOST LIFE führte die Schlagzeugaufnahmen durch (eingespielt hat es natürlich Grond). Ich hatte ihn darum gebeten, weil wir über kein Mischpult besitzen, dass über genügend Kanäle verfügt, um ein ganzes Schlagzeug gut abzunehmen. Und da er mit seinem Zeug sicher besser zurecht kommt als ich, hat er auch die Einstellungen hierfür gemacht. Die Drums habe ich dann mit vielen Plugins bearbeitet.
Beim Gesang haben wir komplett neue Ausrüstung verwendet: ein neues Großmembrankondensator Mikrofon und ein Röhrenmikrofonvorverstärker. Man merkt den qualitativen Unterschied im Vergleich zu den Vorgängeralben deutlich, bei denen wir noch mit eher minderwertigen Zeug gearbeitet haben.
Es wurde nur das Nötigste über Hardware abgewickelt. Der Großteil der Arbeit ist mit Software durchgeführt worden.

Bezüglich der Bandstruktur waren THORNGOTH wohl immer eher ein Soloprojekt mit Musikern. War das auch beim Songwriting für „Leere“ so und wird das immer so bleiben?
Ja, auch bei “Leere” lief das so ab. Ca. 90 – 95 % des Materials gehen auf meine Kappe. Ich kann einfach besser arbeiten, wenn ich am heimischen Rechner die Songs vorbereite. Meistens werden die Entwürfe auch so übernommen.
Innerhalb einer Band muss jemand die Richtung vorgeben. Wenn zu viele unterschiedliche Meinungen aufeinanderprellen, hält das den kreativen Prozess nur auf.
Die Aufteilung beim Songwriting wird aber künftig anders gestaltet werden. Unser neuer Gitarrist Vulgrim wird Material beitragen und auch Akhorahil möchte ich wieder vermehrt einbinden. Wie das dann genau aussehen wird, wird sich zeigen.
Die Aufteilung ist definitiv notwendig. da ich meine kreativen Ergüsse nun auch auf mein Nebenprojekt PERDITION’S LIGHT lenken werde. Bei diesem Projekt werde ich jedoch in eine andere Richtung gehen, so dass nur bedingt eine gemeinsame Schnittmenge mit THORNGOTH geben sollte.

Mit Vulgrim habt ihr nun einen neuen Gitarristen an Bord. Wird er wie ehemals Nephesus lediglich als Live-Gitarrist agieren oder auch am Songwriting und der sonstigen Bandarbeit beteiligt sein?
Als Live-Gitarrist ist Vulgrim bereits seit Mitte 2008 bei THORNGOTH aktiv. Die Entscheidung, ihn als festes Mitglied zu integrieren, kam im Laufe des Jahres 2009. Da das Songmaterial für “Leere” jedoch schon stand, kam es hier noch nicht zu einer Zusammenarbeit. Wie zur obigen Frage schon geschrieben steht, wird er bei kommenden Veröffentlichungen seinen Beitrag leisten.
Durch seine Kontakte in der Szene kann er uns auch den ein oder anderen Gig arrangieren.

Ihr habt jetzt drei Alben veröffentlicht – zeit für ein kleines Resumee: Was hat sich bei THORNGOTH seit „Thelema Of Destruction“ verändert, was ist gleich geblieben? (Musikalisch, hinsichtlich der Arbeitsweise und ganz allgemein)
Musikalisch haben wir uns von Album zu Album weiter entwickelt und wie ich finde, auch mittlerweile etwas vom (traditionellen) Black Metal entfernt.
Bei der Arbeitsweise hat sich im Prinzip nicht viel geändert. Früher hab ich daheim einzelne Riffs mit Drumpatterns geschrieben, mittlerweile komplette Songs. Wir proben nicht mehr so häufig wie früher. Das resultiert aus Zeitmangel. Momentan ist es schon schwierig einmal in der Woche einen gemeinsamen Termin zu finden. Deswegen kommen vermehrt Tabulaturen zum Einsatz, wenn es um’s Einstudieren von neuem Material geht.
Allgemein hat sich unsere Einstellung zur Musik und der Szene geändert.

Musikalisch wird euch ja immernoch eine Nähe zum schwedischen Black Metal attestiert… fühlt ihr euch mit dieser Einordnung wohl, und zieht ihr eure Einflüsse auch aus dieser Richtung?
Bei “Thelema of Destruction” fand ich diese Beschreibung noch zutreffend. Bei “Rauhnacht” stimmte das noch bedingt, aber bei “Leere” sehe ich kaum einen Zusammenhang.
Ist dieser Eindruck einmal im Umlauf, wird er oft von anderen übernommen. Das “schwedische” wird uns wohl so lange haften bleiben, wie wir Black Metal machen werden. Unglücklich bin ich darüber nicht. Viele meiner favorisierten Bands kommen aus Schweden.
Einflüsse kommen jedoch unbewusst, und ich höre nicht nur Bands aus Schweden.

Gibt es Bands, die du als direkten Einfluss auf die Musik von THRORNGOTH nennen würdest?
Nein. Das würde dem gleich kommen, von anderen Bands Ideen abzukupfern. Ich sehe Einflüsse wie gesagt als unbewussten Prozess beim Musik hören.

Ok, so langsam bin ich mit meinen Fragen dann auch schon am Ende… wie sieht es mit der Zukunft aus? Habt ihr konkrete Pläne wie es weitergehen soll? Habt ihr beispielsweise schon Konzerte geplant, bei denen ihr „Leere“ promotet? Songs von CD hören ist ja immer das eine, sie live präsentiert zu bekommen, das andere…
Live kann man das erste mal 4-5 Songs von “Leere” am 26.06.10 in München im Titanic City hören. Weitere Termine stehen noch nicht fest. Es sind Gigs in Berlin und Hamburg im Oktober im Gespräch. Des Weiteren planen wir mit Nephesus von LOST LIFE ein Konzert in der Nähe von Bad Tölz. Das muss allerdings auch erst genauer geplant werden. Infos hierzu kann man bei Zeiten von den Seiten der Bands entnehmen.

Damit wäre ich mit meinen Fragen durch… der perfekte Zeitpunkt für das Metal1.info-Brainstorming:

Horst Köhler: Ich fand ihn zu seiner Amtszeit als kompetent. Seinen Abgang wegen der Kritik empfand ich als übertriebene Reaktion.
Lena Meyer-Landrut: Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich ihren Song erst nach dem Grand Prix gehört hab. Das liegt daran, dass ich sehr selten fernsehe und auch keine Musik im Radio höre. Erst nach ihrem Sieg hat mich interessiert, wie das passieren konnte, dass Deutschland nach Ewigkeiten mal wieder gewonnen hat. Sie sieht ganz nett aus und scheint symphatisch zu sein. Ohne den Support vom Raab und den Songwritern im Hintergrund hätte sie aber nie gewonnen.
Sommer: Grillen, Biergarten, sporteln.
Metal1.info: Ein kompetentes Webzine und wohl eines der bekannteren im deutschsprachigen Raum.
Black Metal: Immer noch der Musikstil, den ich am liebsten höre. BM mit seinen Abarten und Verwandten werden wohl auch immer meine Favoriten bleiben. Sowohl aus Hörer als auch als Musiker.
THORNGOTH in 10 Jahren: Schwer zu sagen. Bis dahin werden wir auf eine relativ große Diskographie zurückblicken können.

Ich bedanke mich für das Gespräch… wenn du noch etwas loswerden willst, hast du dazu jetzt die Gelegenheit:
Danke für das Interview! Erwartet die “Leere”!

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