Interview mit Adriano Troiano von Emerald

Die Schweizer Power-Metal-Band EMERALD spielt schon seit 1995 zusammen und weiß immer wieder mit hochkarätigen Alben zu überraschen – so erst vor wenigen Wochen mit ihrem fünften Output „Unleashed“. In unserem Interview verriet uns Bassist Adriano Troiano nicht nur seine Gedanken zum neuen Album, sondern auch, welche Opfer sie für die Support-Tour für Helstar bringen mussten und warum es das dennoch wert war.


M1: Hallo Adriano, vielen Dank, dass du dir Zeit für ein Interview nimmst! Wie geht’s? Gibt es im Moment viel zu tun?
Adriano Troiano: Hallo erstmal, es gibt in der Tat eine Menge zu tun, deshalb mussten wir sogar die zahlreichen Interview-Anfragen aufteilen. Die Tour mit Helstar hat uns nicht nur finanziell belastet, sondern wir mussten auch eine Menge dafür tun, um Urlaub zu bekommen. Einige von uns mussten bereits Ferientage vom nächsten Jahr vorziehen, andere unbezahlt Urlaub nehmen. Und jetzt nach der Tour gilt es für einige auch, Überstunden zu schieben. Das war es uns aber wert und wir freuen uns schon auf die nächsten Gigs!

Ihr habt gerade mit „Unleashed“ euer neues Album veröffentlicht, das – nicht nur in meinen Augen – ein starkes Stück Power Metal geworden ist. Seit ihr denn auch zufrieden mit dem Album?
Wir sind alle sehr zufrieden mit dem Album und sind überzeugt, dass uns „Unleashed“ ein ganzes Stück vorwärts bringen wird. Wir haben versucht, unsere Stärken zu bündeln und daraus griffige Songs und ein homogenes Album entstehen zu lassen.

Hast du so etwas wie einen Lieblingssong auf dem Album? Mir persönlich gefällt ja „A Past Never Born“ am besten…
Mit „A Past Never Born“ haben wir einen Song kreiert, der wir in dieser Form noch nicht hatten. Die Mischung aus Dramatik und Power ist uns gut gelungen. Mein Lieblingssong auf dem Album ist momentan „F.T.M.“, der auch auf dem aktuellen Rock-Hard-Sampler zu hören ist, mir gefällt die Songstruktur und der Refrain sehr gut, der Track geht gut ab!

Dem Song „Blessed“ ist ein Sample aus dem Film „28 Days Later“ vorangestellt. Wie kommt es dazu? Geht es in dem Lied um den Film oder fandet ihr die Textstelle einfach nur cool?
Die Inspiration zum Song hatte ich, als ich gelesen habe, dass 1kg Plutonium allen Menschen auf der Erde Lungenkrebs geben kann. Wir Menschen meinen die Krönung der Schöpfung zu sein und belasten die Erde mit Atomenergie, deren Halbwertszeit uns noch lange überdauert. „Blessed by the light“ (gesegnet vom Licht), gemeint ist das atomare Glühen. Der Auszug aus dem Film fasst dies zusammen, dort geht es zwar um eine Infektion, aber die Essenz der Aussage ist zutreffend. Es gibt die Erde ja schon viel länger als es Menschen gibt und sie wird auch ohne uns noch bestehen.

„Unleashed“ ist euer zweites Album mit Sänger Thomas Winkler. Zugleich ist es meiner Ansicht nach noch einen Schritt konsequenter in Richtung US-Metal gegangen. Würdest du sagen, dass diese Entwicklung mit ihm zusammenhängt, oder wolltet ihr ohnehin mehr in dieses Genre vorstoßen?
Die Entwicklung hat eigentlich schon lange begonnen, bereits auf „Hymns to Steel“ hatten wir Speed-Metal-Songs. Viele von uns wollten eigentlich noch mehr in diese Richtung gehen und härtere, schnellere Songs kreieren. Thomas kam uns da mit seiner variablen und kraftvollen Stimme sehr gelegen und wir sind sehr froh, einen so talentierten Sänger zu haben. Natürlich hat auch unser neuer Gitarrist Manuel, der zusammen mit Thomas 2010 in die Band eingestiegen ist, einiges damit zu tun, die pfeilschnellen Riffs stammen größtenteils von ihm. Generell arbeiten wir mit dem neuen Line-up besser zusammen und können somit die Songs unseren Vorstellungen entsprechend optimal in die Tat umsetzen.

Ihr seid eine Band, die für ihre letzten Alben stets gutes Feedback von der Presse bekommen hat – sowohl von den „großen“ Namen als auch bei vielen kleineren Magazinen. Was bedeutet für euch Pressefeedback? Wartet ihr gespannt auf Reviews oder seid ihr einfach zufrieden, dass euer Album fertig geworden ist?
In erster Line machen wir Musik, die uns allen gefallen soll, aber ich würde lügen wenn ich behaupten würde, die Presse interessiere uns nicht. Gerne lesen wir Reviews aus der Musikpresse und sind auf die meistens guten bis sehr guten Reaktionen auch stolz. Wir wissen alle, dass Reviews nicht alles sind und können diese aus einer gesunden Distanz betrachten.

Trotz des überwiegend guten bis sehr guten Feedbacks seid ihr immer noch so etwas wie ein Geheimtipp in der Szene und habt den großen Durchbruch noch nicht geschafft. Direkt gefragt: Wurmt dich das? Hättest du es gerne anders?
Natürlich hätten wir das gerne anders, unser Ziel ist es mit jedem Album mehr Leute für unsere Musik begeistern zu können und uns etablieren zu können. Wir wollen die Heavy-Metal-Fans von unseren neuen Scheiben mit dem neuen Line-up überzeugen. Leider denken viele, wenn Sie den Namen „Emerald“ hören, an unsere alten Alben, die, auch wegen des Gesangs, nur einem begrenzten Publikum gefallen haben. Es ist sehr schwierig einen Stempel, den man einmal verpasst bekommen hat, wieder loszuwerden.

Ihr wart gerade auf Tour mit den legendären US-Power Metallern von Helstar, die du und auch andere Bandmitglieder unter ihre Lieblingsbands zählen. Was bedeutet das für euch?
Es ist schon ein überwältigendes Gefühl mit James Rivera und den Jungs von Helstar auf Augenhöhe sein zu können. Oft habe ich James mit diversen Bands als Fan zugesehen und plötzlich unterhält man sich wie alte Freunde. Ich weiß noch genau als ich das erste Mal „Baptized in Blood“ gehört habe, was mich völlig umgeblasen hat. So komplexe und schnelle Songs hatte ich bis dato noch nicht gehört, zudem ist dieser Song auch noch sehr eingängig. Wir sind Helstar sehr dankbar, dass sie uns mit auf Tour genommen haben, wir konnten sehr viel lernen und haben neue Freunde kennen gelernt.


Gibt es irgendwelche Tour-Anekdoten, die du mit uns teilen kannst?
Es gab viele lustige und skurrile Augenblicke. Mir sind vor allem die Partys im Bus nach den Gigs in Erinnerung geblieben. Eines Abends haben wir alle „Bohemian Rhapsody“ inkl. Headbang-Part gesungen, das werde ich nie vergessen. Cool war auch dass wir beim letzten Gig mit Helstar bei „Run with the Pack“ auf die Bühne durften und ich die Bridge singen durfte, einfach unvergesslich und unbezahlbar!

Gibt es schon Planungen für Liveauftritte nach der Tour mit Helstar? Vielleicht eine eigene Headliner-Tour?
Ja, wir haben ja unsere offizielle Plattentaufe am 21. September 2012 in Fribourg, unserer „Hometown“. Dann headlinen wir noch das „Razorblade“-Festival am 29. September 2012 in Datteln. Eine Headliner-Tour ist nicht geplant, wir würden aber alle gerne in Zukunft wieder auf Tour gehen.

Auf euer Internetseite kann man sehen, dass euer Gitarrist Michael ein riesiger LP-Fan ist und eine beeindruckende Sammlung hat. Auch EMERALD veröffentlichen parallel zu den CDs auf LP. Was bedeutet das für dich? Was macht eine LP für dich so besonders?
Eine LP ist viel wertiger als eine CD. Schon das Auflegen der LP und das Knistern ist etwas besonders, man fühlt sich in eine Zeit zurückversetzt, als man noch abendfüllend Platten hörte und dazu stundenlang das Cover und die Hülle studierte. Die CD hat dieses Feeling etwas verdrängt.

Daran anknüpfend: Was hältst du denn von MP3s? Oft sind die LP-Puristen ja eher MP3-Gegner. Wie sieht das bei dir aus?
Ich kann mit Downloads nicht viel anfangen, ich gehöre zur Generation, die gerne Musik als Produkt in den Händen hält und gerne die Texte mitliest. Aber wenn wir an neuen Songs arbeiten, hat sich das Senden und Hochladen von Mp3s etabliert, auch zum Austausch von Fotos usw.

Auf euer Website gibst du an, dass du ein Fan von Jan Udo Holey (unter seinem Pseudonym Jan Van Helsing) bist. Nun ist er nicht gerade unumstritten, unter anderem wird er bei Wikipedia als Geschichtsrevisionist und Verschwörungstheoretiker bezeichnet. Außerdem wurde er schon einmal wegen antisemitischer Volksverhetzung angeklagt (aber nicht verurteilt). Wie stehst du zu dieser Kritik an ihm, und was fasziniert dich auf der anderen Seite an ihm?
Was verboten ist, reizt sehr. Was verboten ist, ist nicht unbedingt schlecht für uns, soll aber verborgen bleiben. Ähnlich ist es ja in der Heavy-Metal Szene: Man schmückt sich z. B. mit einem umgedrehten Kreuz, weil man weiß, dass es sich nicht gehört – man will bewusst anecken.
Ich erinnere mich noch, als anno dazumal sein erstes Buch beschlagnahmt wurde, sogar die Massenmedien berichteten darüber (heutzutage undenkbar). Meine Mutter meinte damals nur lapidar: „Man darf halt keine Namen nennen“. Denn genau dass hat JVH in seinem ersten Buch aufgezeigt: Wer die Fäden in der Hand hält und die Geschicke der Welt lenkt. Stell dir vor, wen das wohl alles angeeckt hat…
Es gibt so viele Dinge zwischen Himmel und Hölle die wir einfach nicht sehen und nicht sehen können oder wollen. Der heutige Otto-Normalverbraucher wird mit Werbung zugeballert, muss sich um die neusten Handy-Upgrades kümmern, unterliegt Dogmen der Religion und einer Gesellschaftsstruktur voller Regelungen und Gesetzen. Diesen Personen zu erzählen, dass es da draußen eine ganz andere Realität gibt, ist nahezu unmöglich, so als wenn man einem Fisch zu erklären versucht, was Angeln ist…
Natürlich inspiriert diese Thematik auch Musiker, auf dem neuen Album bei „F.T.M.“ (das steht für Follow The Money), „Eye Of The Serpent“ und „Ancient Mystery“ nachzuhören.

Zum Abschluss würde ich gerne unser klassisches Metal1-Spiel mit dir spielen. Es ist eine Art Brainstorming, ich nenne dir ein paar Begriffe und du schreibst spontan und kurz dazu, was dir einfällt.
Akustikversionen von Metal-Klassikern: Ist sicher cool, aber ein Original kann man nicht besser machen.
Steuerabkommen Schweiz – Deutschland: Ich hoffe, dieser Zwischenfall belastet unser Verhältnis nicht zu sehr, wir sind sehr gerne in Deutschland.
Emerald in zehn Jahren: Headliner-Tour?
Metal1.info: Unbedingt regelmäßig Interviews und Reviews lesen!
Bisher das Album des Jahres: „Stalingrad“ von Accept

Vielen Dank für das Interview. Der Abschluss gehört dir – hast du uns noch etwas mitzuteilen?
Vielen Dank an Dich, Marc. An alle Metal Fans: Hört euch unbedingt das aktuelle Emerald-Album „Unleashed“ an und kommt zu unseren Live-Shows!

Publiziert am von Marc Lengowski

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