Review Bathory – Twilight Of The Gods

Nicht viele Musiker können von sich behaupten zwei Musikgattungen erfunden oder zumindest maßgeblich geprägt zu haben. BATHORY ist (neben Black Sabbath) im Bereich des Schwermetalls vielleicht die wichtigste solche „Gruppe“. Quorthon – Gründer, lange Zeit einziges Mitglied und Kopf hinter dem Projekt – hob nicht nur Mitte der 1980er Jahre den skandinavischen Black Metal aus der Taufe, sondern wurde am Ende des selben Jahrzehnts mit Platten wie „Blood Fire Death“ und vor allem „Hammerheart“ auch zum Gründervater des Viking Metal. „Twilight Of The Gods“ ist das sechste Album der Bandgeschichte und das, sagen wir mal, „zweieinhalbte“ Wikingeralbum – die Chronologie geriete noch mehr durcheinander, wenn man das später veröffentlichte, aber früher entstandene „Blood On Ice“ mit einbezöge. Es erschien vor nunmehr 20 Jahren als erste Platte des späteren Stammlabels Black Mark.

Man merkt es dem Titel schon an: Quorthon alias Tomas Börje Forsberg hatte ein spezielles Verhältnis zu Richard Wagner. Vor allem aber Friedrich Nietzsche, der seinerseits von dem großen Komponisten beeindruckt war, hatte nach Auskunft des Schweden Einfluss auf die Entstehung des Albums. Glücklicherweise heißt das nicht, dass BATHORY den Hörer mit Bühnenweihfestspiel-Bombast, der „Umwertung aller Werte“ oder anderem Wahnsinn überfordern. Wohl aber steckt in „Twilight Of The Gods“ eine ganze Menge (Kultur-)Pessimismus, wenn man sich mal die Texte zu Gemüte führt. Vor allem aber setzt Quorthon die mit den Vorgängern eingeschlagene epische Schiene fort und präsentiert 1991 sein in jedem Falle langsamstes Album. Vom überlangen Titelsong (mit eigenem Pro- und Epilog) bis hin zur Beerdigungs-Hymne „Hammerheart“, das auf einem Stück des englischen Komponisten Gustav Holst basiert, bricht die Platte nie aus dem sehr gemäßigten Grundtempo aus. Auch lebt BATHORYs Musik auf „TOTG“ von durchgehendem Klargesang und setzt extensive Chöre ein. Hier zeigt sich jedoch neben viel Licht wie beim von vorn bis hinten großartigen Titelsong auch einiger Schatten: Kann man „Under The Runes“ noch mit viel Sympathie für Quorthons eigenwillige Stimme als „kultig“ durchgehen lassen, so sind sowohl als auch „Blood And Iron“ und „To Enter Your Mountain“ mit Refrains versehen, die selbst für BATHORY-Verhältnisse entweder unerträglich schief oder komplett belanglos sind.

Der Gesang ist bei den Werken, auf denen Quorthon sich vom Growlen verabschiedet und vokal die Hosen herunterlässt, grundsätzlich diskussionswürdig. Was jedoch niemand bestreiten dürfte, ist, dass „Twilight Of The Gods“ ein zentrales Werk des BATHORY’schen Schaffens ist und phasenweise den erhabensten Wikingerstahl bietet, der im 20. Jahrhundert zu hören war. Die Kombination aus einem herrlich erdigen Sound, bedächtigem Schlagzeug und vor allem einer markigen Gitarrenarbeit mit stimmungsvollsten Soli und Akustikklampfen entfaltet ihre Wirkung und entfacht eine unvergleichliche Atmosphäre. „Hammerheart“ muss man mit Recht als das wichtigere Album dieser Schaffensphase bezeichnen. Das mit ein paar Schönheitsfehlern mehr versehene „Twilight Of The Gods“ jedoch ist es, welches den Sound der frühen Wikingerwerke BATHORYs perfektioniert.

* Das Booklet nennt keine Besetzung. Die Namen der Musiker sind Platzhalter und lassen sich nicht identifizieren.

Wertung: 9 / 10

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