Interview mit Travis Ryan von Cattle Decapitation

CATTLE DECAPITATION legten die Messlatte für Death Metal im Jahre 2009 mit „The Harvest Floor“ bereits im Februar verdammt hoch. Sänger Travis Ryan nahm knapp aber konkret Stellung zu Fragen bezüglich des Musikstils, der Texte und gehypter Szenen.

Hallo Freunde! Als erstes mal vielen Dank, dass ihr dieses Interview macht. Es ist eine Ehre die Möglichkeit zu haben einige Fragen zu stellen. Wie geht’s euch zur Zeit?
Nun, danke Marius! Es ist mir ein Vergnügen, mir dir über unser neues Album zu sprechen.

Es ist jetzt an die drei Wochen, dass „The Harvest Floor“ erschien, die Reviews sollten also soweit alle fertig sein. Wie sind die Reaktionen alles in allem ausgefallen?
Sind alle ziemlich gut. Folglich positive Reviews, hauptsächlich acht oder neun von 10.

Das Album erschien wieder über Metal Blade. Seid ihr zufrieden mit der Unterstützung des Labels? Gibt es Verträge über zukünftige Alben?
Wir gaben ihnen ein Album, bei dem sie sich über keine Punkte Sorgen machen mussten. Keine komischen Cover oder derartiges. Sie haben auch eine tolle Platte zu promoten. Wir bemerken wirklich einen Zustrom an Reaktionen aus Europa, was großartig ist.

Nachdem ich mich ein bisschen im Internet umgeschaut hatte, fand ich heraus, dass eure alten Alben wohl nicht wirklich so gute Resonanz wie „The Harvest Floor“ bekommen haben. Sei mal ganz ehrlich, glaubst du, dass das gerechtfertigt ist, und dass von „Karma.Bloody.Karma“ hinzu „The Harvest Floor“ wirklich ein großer Schritt gemacht wurde, oder denkst du, dass die alten Sachen vergleichsweise nicht schlechter waren, als das neue?
Das sind komplett verschiedene Alben, „Humanure“ mit „The Harvest Floor“ zu vergleichen ist also nicht wirklich fair. Aber du kannst dir sicher sein, „The Harvest Floor“ ist bis zum heutigen Tage unser bestes Album, was Musik, visuelle Umsetzung und Konzept angeht.

Ich kenne eure alten Alben jetzt nicht, aber einer der Hauptkritikpunkte war, dass zwischen den Songs nicht genug variiert würde. Wenn das stimmt, habt ihr da auf „The Harvest Floor“ ja auf jeden Fall was daran geändert. Aber was ist der große Unterschied, warum hat jeder Song auf eurer neuen Scheibe seinen ganz eigenen Charakter (und einen meiner Meinung nach sehr hohen Wiedererkennungswert), was die alten Songs offenbar nicht hatten? Wurden diese Songs auf die selbe Weise geschrieben wie die älteren (speziell, was das Songwriting angeht)?
Naja, du müsstest jedes Album gehört haben, zu dem du Fragen stellst. „Karma.Bloody.Karma“ hat auf jeden Fall große Vielfalt und „The Harvest Floor“ natürlich erst recht. Du hast vollkommen recht, jeder Song hat seine eigene Identität. Nun, könnte sein, dass durch David Mcgraw etwas frischer Wind ins Songwriting kam. Wir sind alle in der Lage, etwas musikalischer zu sein.

Vor eurem neuen Release wart ihr als Brutal Death / Grindcore-Band bekannt, und ich nehme nicht an, dass sich da etwas dran ändern wird. Denkst du, dass dies eure musikalische Bandbreite immer noch wirklich abdeckt und würdest du zustimmen, dass ihr einige potenzielle Hörer nur wegen eures Images verliert? Ich schätze, „The Harvest Floor“ könnte eine viel größere Hörerschaft als nur Brutal Death oder Grindcore Maniacs haben.
Nun, dir wird ein Stempel aufgedrückt, und den kriegst du nicht mehr ab. Schau dir Tiamat an… Oder Samael… Wie würdest du die jetzt kategorisieren? Sie sind immer noch großartige Bands, aber musikalisch doch gewaltig abgedriftet. Eine nette Bezeichnung wäre wohl „Extreme Music“. Ist Cattle Decapitation Grindcore pur? Nicht wirklich. Sind wir Brutal Death Metal pur? Nicht wirklich.

Viele Leute bezeichnen Grindcore und Brutal Death als tote Genres, in denen es wirklich schwierig ist, etwas zu tun, was nicht schon 10000 mal gemacht wurde und wo es fast unmöglich ist, es dann wenigstens besser als einige dieser 10000 zu machen. Würdest du da zustimmen? Und sind Cattle Decapitation musikalisch herausstechend? Warum?
Jedesmal, wenn es einen Hype gibt, entstehen scharenweise Bands, die alle gleich klingen… Was Grindcore angeht, ja, dieser Hype ist schon lang vorbei. Das bedeutet nicht, dass die Grindbands weniger großartig sind. Es geht dabei aber nicht mehr um den Hype, und die Labels sammeln nicht mehr jede x-beliebige Band ein. Cattle haben sich ihre Einflüsse immer aus verschiedenen Subgenres gezogen. Wir verkriechen uns nicht in einer Schublade. Oder versuchen zumindest, es nicht zu tun.

Wenn wir über euch, euren Namen und euer Image reden, muss auf jeden Fall die Message eurer Songs erwähnt werden. Nachdem sie nicht ganz so konventionell für dieses Genre sind (obwohl sie meiner Meinung nach sehr konventionell präsentiert werden), könntest du unsern Lesern mitteilen, worum es in den Cattle Decapitation-Texten geht?
Das ist sehr einfach, um den Mensch, der sich selbst zu Grunde richtet. Extreme Beispiele, betrachtet unter einem Mikroskop mit Blut als Linse

Wie stark ist deiner Meinung nach die Bindung zwischen Musik und Texten? Unterstützt die Musik die Aussage der Texte (und andersherum, sind die Texte notwendig, um die Musik komplett zu verstehen)?
Sehr stark. Wenn du über schreckliche Dinge singst und die Musik nicht passt, funktioniert das nicht. Bei Texten über Tod und Selbstzerstörung sollte die Musik selbiges aussagen. Es gibt Bands, die über das Sezieren von Vulvas singen, deren Musik aber einfacht nicht dazu passt, wenn Absicht und Wunsch nicht mit dem Geschriebenen und dem Gespielten übereinstimmen…Wenn du Cattle Decap live siehst wirst du verstehen, was ich versucht habe, zu erklären.

Ich habe eure doch speziellen Texte gelesen, aber wenn ich das Album anhöre, denke ich trotzdem nicht über Tiermisshandlung nach und was ich dagegen tun könnte. Sollte ich aufhören, Cattle Decapitation zu hören, oder ist es okay für euch, wenn man den Fokus auf die Musik legt?
Du legst den Fokus, worauf immer du den Fokus legen willst. Unsere Songs handeln nicht ausschließlich von Tierschändung (abgesehen vom Menschen). Du solltest dich hinsetzen, dir nen Kaffee holen und die Texte nochmal lesen. Wenn du Gore-orientierte Texte magst, gefallen sie dir. Wenn du Texte magst, die auf die Dummheit des Menschen aufmerksam machen, gefallen sie dir ebenfalls. Wenn du Texte magst, die von Fantasy und Fröhlichkeit handeln, hör dir Cattle Decapitation nicht an.

Um das mal etwas allgemeiner zu sehen: Wollt ihr eure Hörer mit euren Texten wirklich beeinflussen? Habe ich eure Message total falsch verstanden, wenn ich euere Musik angehört habe und trotzdem noch zum Metzger gehe und 200g Rinderhack und den Worschter kaufe? Ist die Musik oder der Inhalt wichtiger?
Ich freue mich über Leute, die verstehen, was ich sage. Behalte im Hinterkopf, dass ich nicht versuche, dich zu überzeugen, kein Fleisch zu essen. Oder glaubst du, dass Songs wie „Tooth Enamel and Concrete“, „Body Farm“ und „Regret and the Grave“ vom Fleisch essen handeln? Nicht wirklich. Unsere Entscheidungen im Leben beeinflussen unser Sicht auf dieses, über Polypen in deinen Gedärmen zu schreiben… Ja, das ist eklig, aber du wirst sie bekommen! haha

Von April bis Juni werdet ihr pausenlos durch die Vereinigten Staaten touren. Werdet ihr danach auch noch Europa kommen? Ist vielleicht sogar schon was bestätigt?
Das ist die Million Dollar-Frage. Es wär sehr cool, wieder zurückzukommen. Leider ist es aber finanziell sehr belastend, nach Europa zu kommen. Die Flüge sind teuer und der ganze Schmarn. Hoffentlich wird die Situation durch die sehr positiven Reaktionen der europäischen Presse ein wenig besser, sodass es leichter wird, zurückzukehren. Es wäre ziemlich stark, die Sommerfestivals zu bespielen.

Vielleicht hast du mitgekriegt, dass Cannibal Corpse im Februar als Children of Bodom-Support auf Tour durch Europa gegangen sind. Das ist ja eine eher ungewöhnliche Kombination, die einige Cannibal Corpse etwas ratlos dastehen ließ, obwohl die Band sicher vor einem größeren Publikum spielte, als sie es auf einer eigenen Headlinertour getan hätte. Wie denkst du über solche Kombinationen, sind sie in den USA normal und könntest du dir vorstellen, mit Cattle Decapitation auf einer Europatour vor In Flames oder Into Eternity aufzutreten?
So eine Tour wäre hier drüben ein ziemlich dickes Ding. Da sind garantiert eine Menge Leute Fans beider Bands. Vielleicht ist es bei euch ja eher so, dass Bodom-Fans nicht so viel mit dem Cannibal-Zeug anfangen können und andersherum. Im Prinzip haben wir nichts dagegen, mit Bands auf Tour zu gehen, die nicht selben Fans haben wie wir. Aber wie auch immer, würde irgendein In Flames oder Into Eternity-Fan mit dem Cattle-Zeug was anfangen können? Vielleicht eine Hand voll. Was Europa angeht, würden wir jegliche Angebote annehmen, solange wir vor einem annehmbaren Publikum spielen und danach nicht bankrott sind.

Auf einem eurer T-Shirts heißt es „GORE not CORE“. Ist das ernst zu nehmen? Welche Core-Art ist gemeint, und was ist so falsch daran?
Das ist eine allgemeine Aussage, die sich vor allem an die Szene-Kids richtet, die mit dem Strom schwimmen. Vielleicht hat diese Hype-Katastrophe den Atlantik nicht überquert, aber hier war es grausam. Es bezieht sich im Prinzip auf jegliche Szene-Erscheinungen.

Wenn man einem deutschen Webzine Glauben schenken darf, will Hugh Hefner die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel als Playboycovergirl. Sage gerne, was dir dazu einfällt.
Ich denke, das ist eine großartige Chance für diese Person, wer auch immer sie ist. Sie hat die Möglichkeit, als Mensch zu blühen.

Vielen Dank, dass du meine Fragen beantwortet hast, ich hoffe, sie waren nicht zu provokativ. Zuletzt noch unser traditionelles metal1.brainstorming. Woran denkst du wenn du folgendes hörst:

Duke Nukem: Rasiermesserscharfe Zähne
Barack Obama: Obama Girl
Hulk Hogan: Wrestle Mania 3
Chris Arp: Herausragender Posaunenspieler.
Fernsehprediger: Die ersten für den Harvest Floor…
Hammer Smashed Face: there’s something inside of me…. it’s … it’s coming out..
Brain Drill: Guter Film
Bauchtanz: Indische Mädchen
metal1.info: Die beste Metalseite mit dem .info

Vielen Dank nochmal und nur das beste für Cattle Decapitation in Zukunft! Hoffe, man sieht euch bald mal in Deutschland. Die letzten Worte gehören dir.
Danke für die Unterstützung, und wir hoffen, bald wieder da zu sein!

Publiziert am von Marius Mutz

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