Interview mit Dirk Rehfus von Grabnebelfürsten

Ganze acht Jahre ist es her, dass man zuletzt von den GRABNEBELFÜRSTEN hörte. „Schwarz gegen Weiß” hieß das Werk, welches die Band aus Bergisch Gladbach damals vorlegte und das mittlerweile als Klassiker des deutschen Black Metal angesehen werden kann. Nun erschien mit „Pro-Depressiva” das lange angekündigte Abschiedsalbum. Über die Entstehung des Albums, die Karriere der GRABNEBELFÜRSTEN und die Zukunft der Band unter neuem Namen haben wir uns mit Dirk Rehfus unterhalten.

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Hallo und danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Alles gut bei dir?
Danke schön, ja alles ist in bester Ordnung!

Euer letztes Album ist im Jahre 2005 erschienen, also vor gut acht Jahren. Warum musste so viel Zeit verstreichen, bis nun euer neues Album erscheint?
Wir haben es aus organisatorischen Gründen nicht eher geschafft, obwohl die Songs selbst schon vor einigen Jahren entstanden sind. Wir sind inzwischen allesamt Mitte dreißig, stehen im Berufsleben und haben diverse Verpflichtungen. Leider kam und kommt die Musik oftmals etwas zu kurz bei der ganzen Geschichte.

Wie habt ihr als Band diese acht Jahre verlebt? Schildere uns doch bitte ein wenig den zeitlichen Verlauf der Entstehung von „Pro-Depressiva“ und was in der Zwischenzeit geschehen ist…
Wir haben leider nur sehr unregelmäßig und in großen zeitlichen Abständen geprobt bzw. an den Stücken gearbeitet. Das ging soweit, dass wir uns selbst die Frage gestellt haben, ob wir das Album tatsächlich noch angehen wollen oder es immer nur hinauszögern. 2012 haben wir uns dann zu erstgenanntem entschlossen und wieder intensiv an den Songs gearbeitet. Von diesem Moment an hatten wir auch wieder annähernd das Arbeitstempo inne, das uns von 1998-2005 so produktiv machte.

Grabnebelfürsten - Band 03

Warum habt ihr das Album „Pro-Depressiva“ betitelt und was macht diesen Titel zu dem perfekten Namen für dieses Album?
Ob der Titel perfekt gewählt ist, liegt natürlich im Auge des Betrachters. Ich denke, der Titel passt sehr gut zu GRABNEBELFÜRSTEN. Wir mochten immer schon gerne diese von Ironie geprägten Wortspielereien. Und als Titel eines letzten Albums empfinde ich „Pro-Depressiva“ sehr treffend gewählt – auch wenn wir selbst dem ganzen Ding nicht hinterher trauern, sonst hätten wir die Band ja nicht neu positioniert.

Eure Texte sind sehr speziell und unterscheiden sich nicht zuletzt schon dadurch von denen vieler anderer Bands, dass ihr auf deutsch singt. Wie wichtig sind für dich die Texte und deren Inhalt, beziehungsweise, dass die Fans und Hörer sich damit befassen?
Wir unterscheiden uns meiner Meinung nicht dadurch, daß wir deutsche Texte haben. Es gibt tausende Bands mit deutschen Lyrics. Dennoch waren mir die Texte immer sehr wichtig. Sie waren so wichtig, daß ich jetzt am Punkt angelangt bin, zu glauben, alles gesagt zu haben. Hab ich natürlich nicht, aber ich möchte auch nicht mehr über GRABNEBELFÜRSTEN-typische Inhalte sinnieren.

Wenn du „Pro-Depressiva“ mit seinem Vorgänger „Schwarz gegen Weiß“ vergleichen müsstest – wo siehst du die Parallelen, aber auch die Unterschiede?
Beide Platten sind typisch GRABNEBELFÜRSTEN. „Schwarz gegen Weiß“ ist sicherlich die umfangreichere, detailliertere Platte, wohl auch das kreative Highlight in der „Karriere“ von GRABNEBELFÜRSTEN. Zwar finde ich besagte Platte etwas zu lang geraten, dafür hatten wir seinerzeit wirklich sehr starke Songs und die meiner Meinung nach beste Produktion in unserer Bandgeschichte. „Pro-Depressiva“ klingt ein wenig kälter und geerdeter. Es gibt nicht mehr so viele „große“ Melodien, andererseits Dinge, die wir so noch nicht hatten. Diesmal kommen die einzelnen Songs fast schon „auf den Punkt“.

Grabnebelfürsten - CoverWelche Elemente, die man heute auf „Pro-Depressiva“ zu hören bekommt, finden sich deiner Meinung nach, rückblickend Betrachtet, schon auf euren ersten Demos? Oder anders gefragt: Wie viel haben die GRABNEBELFÜRSTEN auf ihrem letzten Album noch mit denen auf dem Debüt zu gemeinsam?
Da ist alles drauf, was es schon auf den Demos gab. Blast Beats, Groove, Hysterie, Wahnsinn, Sprach-Samples, Jokes genauso wie bitterer Ernst. Das einzige Unterschied ist, daß wir damals mit Drumcomputer gearbeitet haben.

Das Album habt ihr als euer Abschiedsalbum angekündigt, zugleich wollt ihr aber in gleicher Besetzung unter anderem Namen weitermachen. Kannst du uns die Hintergründe zu diesem Schachzug verraten?
Schachzug klingt etwas nach kalkulierter Maßnahme. Das ist nicht der Fall. Ein Namenswechsel macht jedem klar, daß etwas Neues am Entstehen ist. Wir befreien uns von den Fesseln. Zurecht erwarten die Leute all die Dinge von GRABNEBELFÜRSTEN, die ich in meiner letzten Antwort aufgezählt habe. Aber viele dieser Dinge wollen wir nicht mehr in unserer Musik. „Pro-Depressiva“ ist sicherlich ein Kompromiß, aber es wäre einfach ein unschöner Abschluß einer insgesamt tollen Zeit gewesen, ohne diese Platte im Gepäck abzudanken.

Nocte Obducta haben ja mit Dinner auf Uranos ähnliches versucht, kehrten nach nicht all zu langer Zeit jedoch zum alten Namen zurück – wie sicher kann (muss) man sein, dass die GRABNEBELFÜRSTEN für immer Geschichte sind?
GRABNEBELFÜRSTEN werden nie mehr eine Bühne betreten und auch keinen einzigen bis dato unveröffentlichten Song mehr veröffentlichen.

Was kannst du uns über das Nachfolgeprojekt sonst noch verraten? Gibt es schon einen Bandnamen, wie wird die musikalische Ausrichtung sein und werdet ihr live auftreten?
Die Band heißt 3001. Eine musikalische Einschätzung möchte ich aktuell noch nicht äußern, obwohl bereits zwei Songs in Rough-Demos vorliegen. Es ist also davon auszugehen, daß wir, so es denn die Zeit erlaubt, in Kürze konkret an neuem Material arbeiten werden. Live-Auftritte sind ein Ziel, aber gerade dieses wird noch schwieriger realisierbar sein wie ein vollständiges album. Aber wer weiß, vielleicht geht auch plötzlich alles ganz schnell.

Grabnebelfürsten - Band 01

Wenn du die 15 Jahre Bandgeschichte der GRABNEBELFÜRSTEN revue passieren lässt – was waren für dich die Höhe- und Tiefpunkte eurer Karriere?
Die Tiefpunkte waren für mich persönlich die jeweiligen Ausstiege unserer ehemaligen Bandmitglieder. Der Höhepunkt war wahrscheinlich das erste Anhören der „Von Schemen und Trugbildern “ nach dem damaligen Studioaufenthalt bei Markus Stock. Das war ein absolut magisches Empfinden von Musik. Wir hatten so hart an der Platte gearbeitet, es war einfach großartig, das bisherige Projekt mit Drumcomputer als echte Band zu erfahren.

Gibt es etwas, das du aus heutiger Sicht anders machen würdest, und welche Auswirkungen auf den Verlauf eurer Karriere hättest du dir davon erhofft?
Solch eine Frage ergibt leider keinen Sinn. Man kann nicht in die Vergangenheit reisen, Dinge verändern und alles wird gut. Man wird auch in 1000 Jahren nicht dazu in der Lage sein. Von daher kann ich auf diese Frage leider keine echte Antwort geben. Ich weiß einfach, daß es keinen Sinn macht, in dieser Richtung zu denken.

Ok, das war es dann von meiner Seite – die letzten Worte gehören dir. Gibt es noch etwas, was du unseren Lesern mitteilen möchtest?
Dank an alle Leute, die GRABNEBELFÜRSTEN in den letzten Jahren nicht vergessen haben und uns mit schöner Regelmäßigkeit an „Pro-Depressiva“ erinnert haben.

Ok, dann danke ich dir an dieser Stelle nochmals.
Wenn du nichts dagegen hast, würde ich das Interview an dieser Stelle gern mit dem traditionellen Metal1.info-Brainstorming beenden. Was fällt dir
Grabnebelfürsten - Band 02spontan zu folgenden Begriffen ein:
NSA-Affäre: Mit sowas mußte/konnte man schon seit Jahren rechnen. Hat mich nicht überrascht.
Bundesliga: Macht schon manchmal Spaß, hat aber auch keinen sooo großen Stellenwert für mich.
Schach: Spiele ich nicht. Ist aber sicherlich ein sehr spannendes Spiel.
Bundestagswahl: Hat sich zuletzt auf die Frage „Finger-Peer“ oder „Rauten-Angie“ zugespitzt.
Antidepressiva: habe ich noch nie nehmen müssen.
Facebook: dort trifft man höchstens auf unseren Bassisten.

Ich bedanke mich für deine Zeit und wünsche euch für die Zukunft und die neue Band nur das Beste!

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Ein Kommentar zu “Grabnebelfürsten

  1. Nachdem ich mit großer Freude Dynastie und Schwarz gegen Weiß mal wieder gehört habe (der Rest muss erst Mal wieder besorgt werden), frage ich mich, ob aus dem Nachfolgeplan noch was geworden ist. Ich vermute ja eher nicht. Großartige Musik, die in dieser Form keiner mehr gemacht hat!

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