Interview mit Last Leaf Down

Auf ihrer aktuellen Platte „Bright Wide Colder“ haben sich die ehemaligen Dark-Metaller LAST LEAF DOWN endgültig dem Shoegaze zugewandt und damit ein durchaus interessantes Album geschaffen, das jedoch auch ein paar Schwachstellen hatte. Im folgenden Interview könnt ihr unter anderem Genaueres darüber lesen, was manche Hörer an „Bright Wide Colder“ kritisierten, wie es zu dem stilistischen Wandel der Band kam und ob LAST LEAF DOWN immer noch einen Bezug zum Metal haben.

LAST LEAF DOWN – der Name klingt sehr herbstlich, was natürlich gut zu melancholischer Musik passt. Doch warum genau habt ihr gerade diesen Namen gewählt?
Wir suchten 2004 einen neuen Bandnamen, der sofort erkennbar unsere melancholische Ausrichtung erkennen lässt. Unser Bassist Danny schlug daraufhin No Leaf Clover vor, ich wollte allerdings keinen Metallica-Song (nichts gegen die Band) als Bandname. Daraufhin schlug ich LAST LEAF DOWN vor, also eine ähnliche Metapher.

Was genau wollt ihr mit eurer Musik ausdrücken?
Ich denke, in erster Linie geht es uns darum, jemanden gefühlsmäßig zu berühren und nicht darum, technische Höchstleistungen zu präsentieren. Diesem Credo geschuldet können Songpassagen auch mal sehr simpel gehalten werden.

Früher habt ihr Dark Metal gespielt, inzwischen ist es Shoegaze. Warum dieser Wandel?
Ich hörte schon früher neben Metal auch Shoegaze und Post-Rock, die Band Dredg war damals schon ein Einfluss. Als dann Ende 2007 unser heutiger Sänger Benjamin Schenk zur Band stieß, hat er sich gleich von Anfang an maßgeblich am Songwriting beteiligt. Seine Vorliebe war damals vor allem Brit-Rock, ich zeigte ihm dann Katatonia, Anathema usw., welche er dann auch zu schätzen wusste. Unsere Soundästhetik ist wohl am ehesten von Slowdive beinflusst. Wir nennen unseren Stil selbstironisch „Shoegaze From The Woods“. Zum einen, weil wir nicht im „klassischen“ Sinne Shoegaze spielen, sondern unsere Metal-Wurzeln gern durchsickern lassen, zum anderen wohnen wir in einem Kuhdorf im Solothurner Jura und nicht in einem hippen Londoner Viertel. Stephan Wolf vom Sonic Seducer meinte mal: „Ihr spielt gar keinen Shoegaze, sondern Post-Rock verdichtet in Vier-Minuten-Songlänge“.

Habt ihr trotzdem noch einen Bezug zum Metal?
Oh, ja! Ich persönlich höre gerne atmosphärischen Black Metal, im Moment am liebsten die Österreicher Ellende. Unser Bassist Danny hört sich von Immortal über Edguy bis zu Babymetal alles an. Auch die restlichen Bandmitglieder hören u.a. auch Metal-Bands.

Ich gehe davon aus, dass Katatonia eines eurer Hauptvorbilder sind, richtig? Gibt es noch andere Bands, die euch beeinflusst haben? Und was genau begeistert euch daran?
Ja, Katatonia waren von Anfang an ein Einfluss und auch später für unseren Sänger Benjamin bei seinem Songwriting. Es sind aber letztlich viele Bands, die uns beeinflussen, bei Benjamin vor allem auch Bands aus dem Indie-Bereich wie z.B. The National oder 13 Senses. Bei mir sind es eher Sachen aus dem Post-Rock, Soundtracks und Ambient. An diesen Bands fasziniert uns, wie sie in großartigen Songs Gefühle transportieren können.

Wo siehst du deine Stärken und Schwächen als Musiker?
Meine Stärken liegen eher im Songschreiben und in der Soundgestaltung. Mein Gitarrenspiel ist eher zweckmäßig als virtuos.

Seit kurzem habt ihr mit Tobias Herzog einen neuen Drummer. Wie kam es dazu und inwiefern hatte das eine Auswirkung auf eure neue Platte?
Von unserem ehemaligen Schlagzeuger haben wir uns aufgrund persönlicher Differenzen getrennt. Tobias war vorher bereits in einer lokal angesehen Band, wo er ziemlich in die Felle gehauen hat, das hat uns gefallen. Da diese Band nicht mehr existiert, haben wir ihn einfach gefragt. Die Aufnahmen zu „Bright Wide Colder“ waren da aber bereits abgeschlossen. Wir hoffen natürlich, dass er auf dem nächsten Album zu hören sein wird.

Euer aktuelles Album heißt „Bright Wide Colder“. Was genau hat es thematisch damit auf sich?
Für uns beschrieb diese Wortcollage am besten das Spektrum der Platte. Die Songs sind allesamt nachdenklich, introvertiert bis melancholisch.

Worin siehst du die größten Unterschiede zwischen eurem Debüt und „Bright Wide Colder“?
Musikalisch hat das aktuelle Album ein paar „härtere“ Passagen. Wir wollten bis zum zweiten Album nicht zu viel Zeit vergehen lassen und hatten am Ende ziemlich Stress, den von uns mit der Plattenfirma vereinbarten Termin einzuhalten. Kurz: Wir haben uns diesmal viel weniger Zeit gelassen. „Fake Lights“ war durch die weiter nach hinten gemischte Stimme vielleicht noch ein wenig verträumter.

Die Platte ist schon einige Zeit draußen. Bist du immer noch damit zufrieden oder würdest du inzwischen etwas daran ändern wollen?
Im Nachhinein hätten wir vielleicht besser ein paar Stücke weniger aufs Album gepackt, da ich mit der Produktion einiger Tracks nicht ganz zufrieden bin.

Wie ist das allgemeine Feedback dazu ausgefallen?
Im Großen und Ganzen war das Feedback positiv, wenn auch ein bisschen weniger euphorisch als bei „Fake Lights“. Auch haben wir von einigen „großen“ Magazinen im Gegensatz zu unserem Debut keine Rezension erhalten. Uns überrascht, dass viele, auch die positiven Berichte der Platte eine gewisse Unzugänglichkeit attestieren. Also man brauche schon etwas Zeit, damit sich einem die Songs erschließen. Dies ist keine Absicht von uns, wir versuchen meistens eigentlich, möglichst zugängliche Musik zu schreiben. Auch wurde die von einigen oben angesproche lange Spielzeit bemängelt – also weniger wäre mehr.

Gibt es einen Track auf „Bright Wide Colder“, der dir besonders viel bedeutet? Falls ja, welcher und warum?
Alle Lieder haben eine persönliche Komponente, aber an „Not The Same“ habe ich sehr lange rumgeschraubt. Das Outro wollte ich zuerst zu einem eigenständigen Song machen, da mir dieser Part besonders gefällt.

Ist bereits ein nächstes Album geplant und falls ja, kannst du uns bereits etwas darüber erzählen?
Ja, wir haben bereits wieder einige Songs zusammen und hoffen, dass wir dort noch ein paar neue Gewürze einstreuen können. Für eine Aussage, wann das Album erscheinen soll, ist es jetzt aber noch zu früh.

Was ist sonst so als nächstes bei euch für LAST LEAF DOWN geplant?
Wir spielen am 21. Oktober am Gloomaar Festival in Neunkirchen mit u.a. God Is An Astronaut und Les Discrets. Nächstes Jahr im März spielen wir dann am Melting Sounds Festival in Essen. Weiters suchen wir noch mehr gute Auftrittsmöglichkeiten für die kommende Zeit.

Beenden wir das Interview mit unserem traditionellen Metal1.info-Brainstorming:
Clean- vs. Distortion-Gitarren: Verzerrt, im Hall ertränkt.
Post-Rock: Wurde mir durch Mogwai bekannt gemacht.
Schweiz: Ein guter Ort zum Leben.
Sonnenlicht: Sieht durch Nebel hindurch besonders hübsch aus.
Europäische Union: Unser kleiner Nachbar.
LAST LEAF DOWN in fünf Jahren: Hoffentlich im Wembley. (lacht)

Dann möchte ich mich zuletzt nochmal dafür bedanken, dass du uns zur Verfügung gestanden bist. Die letzten Worte sind die deinen:
Ich danke euch für die Plattenbesprechung und das Interview und hoffe, man sieht sich mal auf einem unserer Konzerte.

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