Interview mit Marius von L’estard

Im Rahmen des Releases ihres zweiten Werkes „Driven Into Slaughter“ nahm sich Sänger Marius die Zeit, um uns in einem gemütlichen Interview Rede und Antwort zu stehen.

Hey! Danke für deine Zeit, wie geht es dir?
Grüß Dich! Bei mir ist soweit alles bestens, etwas stressig, da grade Prüfungsvorbereitungen, aber sonst passt alles. Hoffe bei dir ist auch alles klar?

Man kennt L’estard eher weniger. Ich persönlich habe euch bisher auch nur zweimal durch Zufall erlebt. Stellt euch doch mal vor.
OK, dann mal im Schnelldurchlauf: L’estard gibt’s seit Juli 2002, damals haben mich Markus (git) und Chris (drums) auf nem kleinen Festival aufgelesen und vom Fleck weg rekrutiert…2004 kamen dann Laki (drums) anstelle von Chris und Kai am Bass hinzu. Dieses Line-up war dann bis Ende 2006 stabil, unser Stil kristallisierte sich so langsam heraus. Ende 2004 trümmerten wir unsere erste Scheibe „Baptized in Blood“ ein, die im Alleingang vertrieben wurde. Livetechnisch waren wir bemüht, so viel wie möglich zu spielen, ist ja irgendwie auch der spaßigste Teil am Bandleben, hehe. Höhepunkte dabei waren sicherlich das Zabbaduschder Open Air 2006, das Baden in Blut Open Air 2007 und unsere Supportshow für die Metalfest Tour im Dezember 2007. Anfang 2007 mußte Laki aus beruflichen Gründen kürzer treten, weshalb Julian am Schlagzeug hinzu kam. Mit ihm nahmen wir dann auch Ende 2007 / Anfang 2008 die aktuelle Platte „Driven into Slaughter“ auf. Leider stellten sich dann auch bei ihm zeitliche Probleme ein, weshalb im April 2008 kurzerhand Laki wieder zu uns stieß, da er nun wieder mehr Zeit zur Verfügung hatte. So weit, so gut, da sind wir jetzt…

Wie kommt man eigentlich als deutsche Band auf einen doch eher untypischen Namen?
Der Name ist ne Mischung aus „Bastard“ und „Lestat“, der Vampirfigur aus den Anne Rice Romanen. Auf die Idee ist seinerzeit Markus gekommen…Irgendwie ne coole Sache, weil eigentlich bedeutet der Name ja nichts. Jede zweite Band sucht krampfhaft nach nem entweder möglichst brutalen Namen oder einem im Endeffekt dann doch gekünstelt wirkenden, bedeutungsschwangeren Namen. Da find ich L’estard dann doch prima, zumal sich die Leute ja dann auch fragen, was das bedeuten mag. Außerdem mag ich die „Bastard-Erklärung“: Die passt nämlich hübsch zu dem metallischen Bastard, den wir fabrizieren, finde ich, hehe.

Wie würdest du selbst eure Musik beschreiben? Wodurch unterscheidet ihr euch von anderen Bands aus euerem Genre?
Tja, das ist dann wohl meine Hassfrage, hehe. Ich würde sagen, wir spielen ziemlich reinrassigen Death Metal, eher amerikanischer Prägung. Trotzdem versuchen wir, den Songs auch immer nen Schuß Melodie beizugeben, damit die Sache nicht in eine stumpfe Prügelei ausartet. Somit hat man dann auch immer etwas, das sich (hoffentlich) im Ohr festsetzt. Darüber hinaus legen wir auch sehr viel Wert auf groovige Passagen, die das Geblaste etwas auflockern und auch prächtig zum mitbangen sind, hehe.

Da Death Metal dann doch ein eher seeehr breites Feld ist, fällt die Beantwortung der zweiten Frage schon schwerer. Angesichts der grassierenden Metal-/Death Core – Seuche würde ich sagen, dass wir uns von den ganzen corelastigen Bands eben darin unterscheiden, dass gesanglich ganz klar der brutale Death Metal herrscht und nicht nur rum geschrieen wird. Auch die ganzen Breakdowns und Moshparts aus der Core-Ecke wird man bei uns vergeblich suchen. Auch der sehr verbreitete ufta-ufta, Bass – Snare Grundschlag kommt bei uns nicht vor…Was uns von anderen puren Death Metal Bands unterscheidet, das mag der geneigte Hörer dann entscheiden und beantworten, hehe.

Gibt es irgendwelche Gründe, warum ihr noch keine Plattenfirma habt? Ihr spielt viele Festivals und kommt dort sehr gut an. Daran kann es wohl nicht liegen.
Nuja, mit der ersten Platte hatten wir uns zwar bei ein paar Labels beworben, aber das Ganze dann doch auch eher halblebig verfolgt. Und die Chance bei nem Liveauftritt von nem Talentscout oder nem kleineren Label entdeckt zu werden ist in unserem Genre nicht zuletzt aufgrund der Schwemme an Veröffentlichungen und Bands doch eher gering. Mal sehen, was sich mit der neuen Platte nun für Möglichkeiten ergeben.

Ihr habt in manchen Foren und Diskussionsrunden den Ruf, Live doppelt so gut zu sein, als auf Platte. Versteht ihr sowas als Ansporn, oder demotiviert soetwas bei der Arbeit an neuem Material?
Das habe ich auch schon oft gelesen, ja. Das mag einfach daran liegen, dass wir uns auch als Liveband vestehen und beim Songwriting sehr darauf achten, das der Song live zündet. Zum anderen mag das auch an dem erdigen, old-schooligen Sound der ersten Platte gelegen haben, der einfach nicht jedermanns Sache sein dürfte. Das viele Leute uns live sehr viel besser finden als auf Platte ist gewiß ein Ansporn: Nämlich dazu, weiterhin Live-Geschütze zu zimmern! Hehe. Natürlich haben wir bei „Driven into Slaughter“ versucht, unseren Live-Sound auch auf CD zu kriegen. Das dürfte uns diesmal besser gelungen sein, als noch auf der „Baptized in Blood“.

Spielt man dann mit der Idee eines Live Albums in Eigenproduktion?
Warum nicht, wäre sicherlich ne coole Sache. Ist angedacht, aber jetzt müssen wir erstmal sehen, dass wir „Driven into Slaughter“ gut an den Mann/ die Frau bringen können. Finanziell ist ein Livealbum momentan nicht realisierbar. Aber wer weiß, das wird sicher noch hinhauen, eines Tages…

Wie kam das neue Album bisher allgemein an?
Die Resonanzen bislang sind durchweg positiv, zumindest was das Feedback von Fans angeht. Was die Profischreiberlinge dazu sagen, steht noch aus, hehe.

Hast du auch einen persönlichen Favorit auf diesem Werk?
Hm, eigentlich nicht. Trotz unzähligem Spielen jedes einzelnen Songs live und in den Proben, finde ich noch immer jeden Song gut. Jeder einzelne von ihnen hat seine eigenen Stärken. Tendenziell am besten gefallen mir Domination und Gallery of Atrocities.

Wie lief die Produktion? Der Sound ist sehr gut. Wer macht das bei euch?
Die Produktion war wie immer recht entspannt, zumindest für mich hehe. Wir haben diesmal im Studio unseres Bassers Fabe aufgenommen. Der hat n Studio zuhause, oder besser: er hat n Bett und n Fernseher in seinem Studio, haha. Er ist zwar kein Anfänger mehr, was das Aufnehmen angeht, aber wir waren seine erste größere Produktion. Deswegen hat sich alles auch etwas hingezögert. Aber er hat einen großartigen Job gemacht, wir sind sehr zufrieden mit seiner Arbeit! Nächstes Mal wird er aber bestimmt noch ne Schippe drauflegen können, er macht in der Hinsicht gerade sehr viel.

Etwas zur Lyrik. Verfolgt ihr auf euren Alben irgendwelche Konzepte? Oder entstehen die Songs einfach?
Konzepte gibt’s keine. Es dreht sich zwar inhaltlich immer um Krieg, menschliche Abgründe und Abartigkeiten, die unglaubliche Dummheit unserer Spezies, oder um eher kritische Texte zum „Zeitgeist“…aber nicht wirklich innerhalb eines konzeptionellen Ganzen. Eigentlich entsteht auch immer zuerst die Musik, auf die ich dann je nach Gefühl die Texte lege. Ich habe immer irgendwelche Ideen, zu was ich Texte machen könnte. Manchmal hab ich auch ein paar Zeilen schon im Kopf, die ich dann versuche, auf nen Song zu legen. Mal klappts, mal muss noch dran gedreht werden.

Was beeinflusst euch beim Songwriting am meisten? Habt ihr irgendwelche Vorbilder oder Orte die euch besonders inspirieren?
Das wäre ne Frage für den Markus, da er die meisten Songs erdenkt. Er kommt mit ein paar Riffs und Ideen in die Probe, dann wird das Schlagzeug komponiert und ich probiere verschiedene Gesangslinien, noch ohne konkreten Text. Da geht es erstmal um die Betonungen und Intonationsfolgen. Auf lege ich dann später den Text. Lieblingsort fürs Komponieren dürfte sein Sofa sein, haha. Aber er kommt auch öfters mal an und hat irgend ne Idee aufs Handy gepfiffen oder so, auch sehr lustig. Was Vorbilder angeht: Hm, schwer zu sagen, ob wir uns da konkret an einer anderen Band orientieren. Klar, das was man persönlich gut findet, das hat bestimmt in der ein oder anderen Form schon jemand zuvor gemacht. Demnach würde ich sagen, das Kataklysm (vor den beiden letzten Alben!) und Dying Fetus zu denen gehören, die wir alle klasse finden. Aber ob wir uns an ihnen orientieren, das weiß ich nicht wirklich.

Da ihr viel live spielt: Bevorzugt ihr eher Clubs, größeren Hallen oder Festivals?
Das klingt jetzt zwar wieder furchtbar wischiwaschi, aber alles hat seinen Reiz. Festivals sind cool, weil man eben draußen spielt, jede Menge andere coole Bands da sind und die Leute einfach nur da sind, um Party zu machen. Da kommt eine etwas andere Stimmung zustande, als in einem größeren Club. Wobei es da dann wieder klasse ist, auf ner großen Bühne zu stehen, ne mordsmäßige Lichtshow im Rücken und jede Menge Leute vor der Bühne zu haben. In kleinen Clubs hingegen ist es spitze, weil die Leute teilweise schon fast auf der Bühne stehen, man viel näher am Publikum ist, als in größeren Clubs oder Hallen. Favorit ist aber klar das Festival, auch weil man nach dem Auftritt noch ein paar Bierchen mit anderen Bands trinken kann, zelten und alles was eben dazu gehört zu nem coolen Festival!

Mit welcher Band würdest du gerne mal auf einer Bühne stehen?
Ganz klar: Dying Fetus! Die Band ist eine meiner absoluten Lieblingsbands.

Wie wichtig ist das Internet für eine Band wie L’estard? Gerade im Bezug auf Myspace und Filesharing?
Jaja, das Internet, Fluch und Segen. Zum einen ist es heutzutage natürlich klasse: Über das Internet kann man prima Werbung für Konzerte machen, Bands und Leute finden etc. Myspace und andere Seiten bieten eine gute Plattform, um sich zu präsentieren und neue Fans zu gewinnen. Gerade Webzines sind ein wichtiges Medium geworden: Bist du auf den Großen auf der Startseite, dann kriegst du sicherlich ein paar Klicks auf deine Homepage, oder auch ein paar CD Verkäufe mehr. Auf der anderen Seite jedoch ist es fast gar unmöglich, gerade auf MySpace in der riesigen Masse an Bands überhaupt aufzufallen. Hinzu kommt auch, die Fragmentierung der Webzine Leserschaft: Es gibt tausende Webzines, alle kannst du nicht bemustern, da musst du dich schon an die großen halten.

In Deutschland sprießen ja gerade zu überall kleine Festivals aus dem Boden. Jeder der einen Acker besitzt(oder auch nicht), startet meist ein Death Metal Festival. Das Problem dabei ist, dass sich diese gegenseitig die Besucher wegnehmen. Was denkt ihr darüber?
Das ist ja einerseits ein positives Zeichen für die Vitalität der Szene, andererseits hast Du natürlich vollkommen Recht: Man klaut sich gegenseitig die Besucher. Das beschränkt sich aber nicht nur auf den Festivalsektor, auch im Bereich der normalen Undergroundkonzerte lässt sich das beobachten. Ich weiß nicht, für wen das am ärgerlichsten ist, für den Veranstalter, der Miese macht, oder für die Bands, die vor 30 Nasen spielen müssen. Kurz: Es verlieren alle dabei! Hier fehlt es einfach an ner gewissen Solidarität, an der Bereitschaft zur Kommunikation! Man muss aber auch sehen, dass sich das Genre Metal enorm ausdifferenziert hat und mit ihm auch die Geschmäcker der Besucher. Als Veranstalter musst Du heute darauf achten, alle irgendwie zu bedienen. Dass man sich aber nie zwischen alle Stühle setzen kann, ist ja auch klar. Diejenigen, denen es nicht passt, machen dann einfach ihr eigenes Ding. Damit entsteht dann Konkurrenz…und alle jammern wieder.

Euer Album ist zwar gerade dabei sich den Weg durch die Presse zu bahnen, aber gibt es schon irgendwelche Pläne für die Zukunft? Eine ausgiebige Tour?
Eine größere Tour ist nicht geplant. Dafür sind wir alle zeitlich einfach noch zu gebunden im Moment. Ohne Label oder Booking-Agentur ist das auch logistisch und finanziell einfach zuviel für uns. Wir werden aber dennoch versuchen, unsere Live-Aktivitäten zu verstärken. Wir spielen generell überall! Ansonsten wollten wir demnächst mal ein Video angehen, wird sicher ein Mordsspaß! Wir arbeiten nun auch mit einer kleinen Bandagentur von ein paar Freunden zusammen, Spiderweb Records, die uns im Bereich Pomotion und Booking unterstützen werden. Mal sehen, was dabei noch für uns rauskommt!

Was habt ihr Euch für die nächste Zeit als Ziel gesteckt? Seid ihr zufrieden damit wie es für Euch als Band läuft?
Klar, momentan läuft alles gut. Wir verstehen uns prächtig, was ja der Grundstein für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist. Mit Laki und Fabe haben wir zwei motivierte, hungrige Neue an Bord, die Gas geben wollen. Das steckt natürlich auch ein wenig an! Wir arbeiten momentan noch am Design für neue T-Shirts, das dürfte aber auch bald fertig sein. Ansonsten haben wir bereits schon wieder angefangen, neues Material zu schreiben, die nächste Platte soll nicht erst wieder in drei Jahren erscheinen, hehe.

Nun kommt das obligatorische Metal1.Brainstorming. Ich nenne dir fünf Begriffe, und du schreibst, was dir als erstes in den Sinn kommt:

Hochsommer: Witzig, den bösen Schwarzmetaller verläuft ihre Schminke. Und die weibliche Bevölkerung zeigt Haut. hehe
Carcass: Ooooold-Schooool Alarm. Voll geil
Olympia 2008: Der Begriff Staublunge dürfte neu definiert werden.
Deutsche Bahn: Trotz aller Ärgernisse ein unverzichtbarer Bestandteil meines Lebens! An alle Jammerlappen: Fahrt mal in Afrika oder Großbritannien Zug!
Metal1.Info: Starkes Webzine, so muss das sein!

Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören dir:
Erstmal besten Dank für deine Fragen! Freut uns immer, wenn wir uns präsentieren dürfen. Die obligatorische Eigenwerbung darf ja nicht fehlen: Wer auf anständigen Death Metal steht, der geht auf unsere Homepage, hört sich die zwei Songs von „Driven into Slaughter“ an und holt sich die Platte für schlappe 10€ inkl. Versand! Alle anderen dürfen natürlich auch gern ein Ohr riskieren!

Ansonsten, wach bleiben, Hirn einschalten und kritisch bleiben. Besten Dank für die Aufmerksamkeit.

Geschrieben am von Metal1.info

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