Konzertbericht: Dark Easter Metal Meeting 2017

15.04.2017 - 16.04.2017 München, Backstage

Die Tradition des DARK EASTER METAL MEETING mag nicht ganz so lange zurückreichen wie die der Ostermesse – dennoch gehört das Festival, das seit nunmehr sechs Jahren am Osterwochenende im Backstage München abgehalten wird, für Black- und Death-Metal-Fans als sakrosankter Termin in den Konzert-Kalender. In diesem Jahr erstmalig zweitägig, bietet das Indoor-Festival den Besuchern aus nah und fern ein so abwechslungsreiches wie hochkarätig besetztes Programm.

Samstag, 15.04.17

Eine halbe Stunde nach dem Einlass um 16:00 eröffnen AVSLUT den ersten Konzerttag. Erst im vergangenen Jahr gegründet, zählen die Black-Metaller aus Stockholm zu den absoluten Newcomern der Szene – als Greenhorns geben sich die Musiker aber definitiv nicht zu erkennen: Gerade Fronter Christian Jönsson weiß trotz anfänglicher Soundprobleme genau, wie er das Publikum im bereits jetzt mehr als gut gefüllten Backstage Club zu animieren hat: Massenweise gereckte Fäuste und ordentlich Applaus sind der Lohn. Ein gelungener Einstieg, der der Underground-Band gewiss den einen oder anderen neuen Fan beschert haben dürfte.

Musikalisch auch im Black Metal, geographisch jedoch im Schwarzwald und nicht in Schweden heimisch sind IMPERIUM DEKADENZ: Mit ihrem aktuellen Album „Dis Manibvs“ im Gepäck und wie gewohnt von den Vargsheim-Jungs unterstützt, liefern Horaz (Gesang) und Vespasian (Schlagzeug) als erste Band in der Backstage Halle den auch hier schon zahlreich erschienenen Fans genau, wonach diesen der Sinn steht. Entsprechend gut kommt der episch breite Black Metal des Quintetts beim Publikum an: Gleich vom Opener „Striga“ weg herrscht auf wie vor der Bühne Hochstimmung, woran sich auch im weiteren Verlauf des immerhin 50-minütigen Sets nichts ändert.

Während sich das Publikum etwas auf dem Gelände verteilt, stehen im Club die Münchner GILGAMESH auf dem Programm. Obwohl es im Zuschauerraum nicht mehr ganz so voll ist wie noch bei Avslut, können sich auch die Black-Deather nicht über mangelndes Interesse beklagen. Alle, die sich die Show entgehen lassen, strafen sie dafür mit einem bärenstarken Auftritt: Technisch astrein und mit jeder Menge Spielfreude bringen GILGAMESH ihre Musik, die mal an Behemoth, mal an Keep Of Kalessin erinnert, aber auch ihr altmesopotamisch ausgerichtetes Bandkonzept so souverän wie überzeugend rüber: Eine mitreißende Show der aufstrebenden Newcomer.  [MG]

In der Halle beginnen derweil die jungen Nachwuchs-Death-Metaller von DESERTED FEAR ihr Set. Warum die deutsche Formation momentan so durch die Decke geht und sogar von Century Media unter Vertrag genommen wurde, erschließt sich schon nach den ersten Sekunden. Der Death Metal, den sie spielen, ist zwar alles andere als neu, jedoch präsentieren sie ihn so kraftvoll, energiegeladen und vor allem gut gelaunt, dass das Publikum von der ersten Sekunde an seine Begeisterung in Form von lautem Jubel und kleineren Moshpits kundtut. Zwar wirkt das sich kein bisschen verändernde musikalische Konzept über eine Länge von 50 Minuten dann doch irgendwann ermüdend, bis dahin liefert die sympathische Truppe aber einen äußerst spaßigen Auftritt ab.

Letztes Jahr der große Geheimtipp und ein Festivalliebling der Zuschauer, kehren OUTRE aus Polen nun im Folgejahr gleich nochmal nach München und zum Dark Easter Metal Meeting zurück. Was das Publikum 2016 so zu begeistern wusste, kann heute jedoch bestenfalls erahnt werden. So macht der Sound der Band heute einen gewaltigen Strich durch die Rechnung: Die Gitarren sind in den zahlreich vorhandenen Blastbeat-Passagen im Zuschauerraum des Backstage Club quasi nicht hörbar. Und auch ganz allgemein springt der Funke bei der sich ansonsten sehr ins Zeug legenden Band leider nicht wirklich auf das Publikum über. Sehr schade, denn musikalisch hat die vergleichsweise junge Formation ja doch einiges zu bieten.

Mit RAVENCULT folgt dagegen nun ein echtes Highlight des ersten Festivaltages: Mit ihrer gekonnten, fetzigen Mischung aus brachialem Black Metal und klassischem Thrash Metal, die sie auch eindrucksvoll auf ihrem aktuellen Album „Force Of Profanation“ zelebrieren, verwandeln die Griechen die halbe Halle in einen Moshpit und ernten nach jedem Song wohlverdienten, lauten Beifall. Glücklicherweise ist der Tontechniker der Band wohlgesonnen oder schlicht kompetent, weshalb RAVENCULT auch in Sachen Sound heute positiv hervorstechen. Nach 50 Minuten beendet die Truppe pünktlich ihr Set und entlässt das erschöpfte, aber sichtlich sehr zufriedene Publikum zu den letzten zwei Bands des Abends. [SB]

Auch im Club wird weiter auf schwarz gesetzt: Obwohl SARKOM an der Black-Metal-Front heute sicherlich der bekannteste Name auf dem Billing sind, ist der Zuschauerraum dennoch nicht ganz so voll wie zuvor schon erlebt. Und auch die Darbietung bleibt trotz des rockigen Stils der Band eher unspektakulär: Im Gegensatz zu Outre oder Avslut zuvor bemühen sich die fünf blutüberströmten Recken aus Lørenskog gar nicht erst darum, das Publikum in die Show einzubinden. So bleibt der Auftritt der Schweden, verglichen mit den bis dahin durchweg mitreißenden Darbietungen im Club, insgesamt eher blass. Dass SARKOM ihre Spielzeit am Ende nicht ganz ausreizen, ist deswegen für die meisten Anwesenden in Ordnung – schließlich haben die fleißigen Hörer mittlerweile bereits sechs Stunden Metal hinter sich.

Keine Müdigkeit schützen unterdessen die am heutigen Tag noch nicht sehr verwöhnten Death-Metal-Fans vor: Bereits eine Viertelstunde vor Showbeginn füllen sich die Reihen vor der Bühne der Backstage Halle, auf der um 22:35 schließlich MEMORIAM ihr München-Debüt feiern sollen: Aus der Asche der aufgelösten Bolt Thrower und der derzeit inaktiven Benediction auferstanden, sind die Erwartungen an die „Death-Metal-Legende in Spe“ hoch. Den vielen Vorschusslorbeeren werden MEMORIAM jedoch nur bedingt gerecht: Zwar merkt man Fronter Karl Willets nicht nur in seinen durchweg sympathischen Ansagen, sondern auch an seinem ständigen Lächeln auf den Lippen an, wie viel Freude ihm der Auftritt macht. Musikalisch jedoch ist die Darbietung nicht ganz ausgegoren: Mit nur einer Gitarre gelingt es MEMORIAM live nicht, ihren fetten Albumsound zu reproduzieren. Auch spielerisch wirkt die Band – gerade Bassist Frank Healy, auf dem während der Soli die ganze Verantwortung für die Riffs liegt – alles andere als souverän. Der Stimmung in den vorderen Reihen tut das keinen Abbruch – zumal MEMORIAM ihr Set zur Freude der Fans mit drei Bolt-Thrower-Hits verstärken. [MG]

Das Konzept des zweitägigen DARK EASTER METAL MEETING scheint aufzugehen: Mit einem kurzweiligen Stilmix, durchweg hochwertigen Auftritten und gutgelaunten Fans kann Tag eins als voller Erfolg gewertet werden.

 

Sonntag, 16.04.17

Obwohl nach dem ersten Konzerttag auf dem gesamten Backstage-Areal kräftig weitergefeiert wurde, ist von Katerstimmung nichts zu merken: Bereits zum Einlass um 14:00 Uhr füllt sich das Gelände stetig, so dass der Zuschauerraum im Club wie schon am Vortag pünktlich zur ersten Show um 14:30 Uhr mehr als gut besetzt ist.

Als Opener dürfen die Bonner von VALBORG auf die Bretter. Im Mittelpunkt der Setlist stehen wie erwartet das aktuelle Album „Endstrand“ und die vorangegangene „Werwolf“-EP. Die Songs wachsen noch einmal deutlich durch den voluminösen, dabei glasklaren Sound im Club, der die ungeschlachte Grobheit der wenigen, maximal reduzierten Riffs bestens betont. Demgegenüber sorgen die von Christian Kolf und Jan Buckard intonierten Texte für ein Mindestmaß an Abwechslung und legen nahe, dass hinter dem aktuellen Material VALBORGs doch mehr steckt als das dominante Grundprinzip „Stumpf ist Trumpf“.

Nach Valborg können sich auch DÉCEMBRE NOIR kaum über zu geringen Publikumszuspruch beklagen, denn auch die Halle ist trotz des noch jungen Konzerttages bereits gut gefüllt. Obwohl die Erfurter diesen Vertrauensvorschuss mit den stimmungsvollen Songs des letzten Longplayers „Forsaken Earth“ (2016) rechtfertigen können, spielt ihnen der Sound zunächst nicht in die Hände. So wirkt der melodische Death/Doom Metal zu Beginn arg schwachbrüstig, was der Atmosphäre der Songs nur bedingt zugute kommt. Mit fortschreitender Spielzeit pendelt sich das Klangbild aber ein und DÉCEMBRE NOIR zeigen, wie man auch in einem altehrwürdigen Genre noch neue Akzente setzt.

MOURNING BELOVETH hingegen zählen schon seit langem zu den Koryphäen eben dieses Genres. Seit jeher werden hier tonnenschwere Riffs mit melodischen Leadgitarren zu Song-Monolithen eingeschmolzen, die trotz ihrer epischen Ausmaße stets den Kern dessen treffen, wofür die Iren seit den 1990ern stehen: Elegischer Death/Doom, bei dem es inhaltlich wie musikalisch immer ums Ganze geht. Bitterböse Growls im Kontrast mit pathetischem Klargesang sorgen für Spannung, die auch einen 13-minütigen Koloss wie „The Sickness“ wie im Flug vergehen lässt. Das Publikum feiert dementsprechend zu recht einen Auftritt, der auch abendfüllend(er) funktioniert hätte. [MM]

Das Konzept, Halle und Club gleichzeitig zu bespielen, um das Kapazitätsproblem zu lösen, das aus dem deutlich größeren Fassungsvermögen des Backstage Werk im Vergleich zur Backstage Halle resultiert, stößt bereits bei der zweiten Hallen-Band des Tages an seine Grenzen: Ist es zu Beginn der Show von FÄULNIS noch nur gut gefüllt, erfolgt im weiteren Verlauf der Show der erste Einlass-Stopp des Tages – wer zu spät kommt, muss jetzt leider draußen bleiben.

Vor einem Banner mit der liebenswürdigen Ansage „Fuck Off“ legen FÄULNIS direkt mit „Metropolis“, dem Opener ihres neuen Albums „Antikult“, los. Textsicher zeigt sich das Publikum zwar vor allem bei den Nummern vom Vorgänger „Snuff || Hiroshima“, nimmt aber auch die neuen Lieder begeistert auf. Dass der Sound extrem basslastig ist, wird durch die Energie und Spielfreude der Band um Fronter Seuche locker ausgeglichen: Mehr Punkrock auf einer Metalshow geht nicht. Mit Anomalie-Fronter und Harakiri-For-The-Sky-Gitarrist Marrok als Gastsänger beim Stück „Weiße Wände“ bringen FÄULNIS ein großartiges Konzert nach leider nur 40 Minuten zu einem würdigen Abschluss – die euphorischen Publikumsreaktionen inklusive Zugaberufen sprechen für sich: Ein absolutes Highlight des Festivals! [BL]

Die klassischen Death-Metal-Bands sind auf dem Dark Easter Metal Meeting in diesem Jahr an einer Hand abzuzählen – HAILSTONE aus München jedoch zählen definitiv dazu. Dass die Jungs ihre Fanbase gleich mitgebracht haben, wird sofort deutlich und kommt der euphorischen Stimmung im Club zugute. Von Anfang bis Ende sind die Köpfe in den ersten Reihen am Dauerrotieren, während die sympathische Band einen Death-Metal-Kracher nach dem anderen abliefert. Dass bis kurz vor Schluss der Bass nahezu unerträglich laut aus den Boxen schallt und jegliche Details überdeckt, ist aus musikalischer Sicht schade, schmälert aber für die meisten der Anwesenden die Freude an diesem Auftritt nicht wirklich.

Als eine bittere Enttäuschung entpuppt sich dagegen leider der darauffolgende Auftritt der beliebten deutschen Funeral-Doom-Formation AHAB. Die ersten Songs ihres Sets wirken durch ihre zwar soliden, aber doch recht austauschbaren Sludge-Einflüsse deutlich weniger außergewöhnlich als die hypnotischen, betörenden Doom-Songs ihrer früheren Werke und kommen beim Publikum nicht sonderlich gut an. Als dann nach „Ahab’s Oath“ mit „The Hunt“ das zweite Stück ihres meisterhaften Debüts folgt, erkennt man den Song dank eines grausig unpassenden Effektes auf der melodieführenden Cleangitarre fast nicht wieder. Dass Sänger Daniel Droste heute zudem permanent schief singt und seine Cleangitarre im Vergleich zum Rest der Band so leise ist, dass sie sich in Solopassagen nicht einmal gegen das Smalltalk-Gemurmel der Leute durchsetzt, gibt dem Ganzen dann noch den Rest. Sehr schade und vor allem sehr ungewöhnlich für die sonst so verlässlich abliefernde Truppe. [SB]

Als HARAKIRI FOR THE SKY ihr Set beginnen, ist die Backstage Halle bereits zu Showbeginn an ihre Kapazitätsgrenzen gekommen – so bleibt die Tür wie schon bei Fäulnis leider für viele Fans geschlossen. Während das draußen für Unmut sorgt, ist die Stimmung in der Halle dafür umso besser. Die vielgefeierte Band aus Österreich bedankt sich auf ihre eigene Art und Weise und liefert ein mitreißendes Post-Black-Metal-Set ab, das im gesteckt vollen Zuschauerraum für Bewegung und lauten Applaus sorgt. Dabei liegt der Fokus zwar auf dem neuen Album „III: Trauma“, doch auch alte Stücke finden ihren Weg ins Set. Dass die Show musikalisch auf Dauer dennoch ein wenig gleichförmig gerät, wird durch dieses imposante Setting und die Spielfreude der Band mehr als ausgeglichen. [BL]

Die für die Show mit diversen Tierschädeln geschmückte Bühne im Club betreten nun ASPHAGOR, (hörbar) aus Österreich. Der melodische, Moll-lastige Black Metal der Truppe kommt heute dank transparentem Sound gut beim Publikum an. Mit diversen neuen Songs und dem Auftritt eines Gastsängers hat die Band genug für das Münchner Publikum vorbereitet, um dieses knapp 50 Minuten lang gut zu unterhalten und wird dafür entsprechend mit Applaus belohnt. Wer bei Harakiri For The Sky keinen Platz mehr gefunden hat, wird hier also alternativ mit etwas härteren Klängen bedient. [SB]

Nach Memoriam am Vortag folgt nun mit ASPHYX die zweite Death-Metal-Größe im Billing des Dark Easter Metal Meeting 2017. Anders als ihre britischen Kollegen liefern die Niederländer mit ihrer ersten Show in München in 30 Jahren Bandgeschichte allerdings ein 50-minütiges Lehrbeispiel dafür ab, wie man mit nur einer Gitarre druckvollen Old-School-Death-Metal auf die Bühne bringt: Bereits vom ersten Ton an blasen ASPHYX in Sachen Sound und Druck alles bisherige weg. In Kombination mit den sympathischen Ansagen von Fronter Martin van Drunen, der sich, nachdem der Rest der Band vorgestellt ist, selbst scherzhaft als Udo Lindenberg ausgibt, ergibt das eine Darbietung, die vom ersten bis zum letzten Ton definitiv das Format einer Headlinershow hat. Entsprechend reagiert das Publikum: Wilde Moshpits während der Show, lauter Applaus nach der Show und eine lange Schlange bei der Singing-Session am Metal1.info-Stand später am Abend sind der Lohn für die beispiellose Hingabe der Band. [MG]

Dass PILLORIAN als noch taufrische Nachfolgeband der US-Black-Metal-Instanz Agalloch einen ordentlichen Startbonus haben, wird deutlich, als erneut gleich zu Beginn der Show die Türen der Backstage Halle wegen Überfüllung für weitere Zuschauer geschlossen werden. Wer es in die Halle geschafft hat, darf sich derweil über erfreulich klaren Sound und eine starke Leistung der Formation um Sänger John Haughm freuen. Der Fokus der Darbietung liegt dabei ganz auf dem erst im März erschienenen Debütalbum „Obsidian Arc“: Alle sieben Songs der CD finden ihren Weg ins 50-minütige Set, auf etwaige Agalloch-Hits warten die Fans hingegen vergeblich. Bei der gebotenen Qualität hält sich die Enttäuschung darüber jedoch in Grenzen, als PILLORIAN das Publikum um kurz vor 21:00 Uhr zu Marduk entlassen. [SB]

Im Club erkunden zeitgleich zu Pillorian die Grazer ELLENDE weitere Nuancen des Black Metal. Bei leider etwas dünnem Sound liefert die Band um Mastermind Lukas eine solide Performance, die interessante Einblicke in das aktuelle Album „Todbringer“ (2016) gewährt. Lediglich in Sachen Dynamik können die Österreicher heute nicht wirklich punkten, hier sorgen immer wieder eingespielte Streicherpassagen und bisweilen sehr vorhersehbare gesetzte Breaks für einen doch eher statischen Gesamteindruck. Dies tut der Stimmung im Publikum freilich keinen Abbruch, das den Club nicht nur bis zur Schmerzgrenze füllt, sondern ELLENDE auch reichlich Applaus spendet.

Nachdem MARDUK bereits zum Jubiläum von „Panzer Division Marduk“ (1999) Gefallen daran gefunden haben, die eigene Diskographie zu fleddern, wird diesmal „Heaven Shall Burn… When We Gathered“ (1996) komplett auf die Bühne gebracht. Im Gegensatz zum pointierten Statement, das sich mit ersterem schon aufgrund seiner brachialen Nonchalance machen ließ, durfte man sich im Vorfeld allerdings schon fragen, was mit der Neuauflage eines doch eher unausgegorenen Frühwerks zu dessen 21. Veröffentlichungsjubiläum eigentlich bezweckt werden sollte. Die Panzergeneräle lassen am Konzept des Abends allerdings keine Zweifel aufkommen: MARDUK standen schon immer primär für musikalisches Sperrfeuer, und dessen bedienen sie sich auch heute von der ersten Minute an. Bei bestem Sound und energetischer Performance wird so auch „Heaven Shall Burn…“ zu einer beispiellosen Abrissbirne, die wenig Zeit zum Durchatmen lässt. Obendrein finden MARDUK nach guten 35 Minuten Vollgas zum Abschluss der Show auch noch Zeit, mit „The Blond Beast“, „Frontschwein“ vom gleichnamigen, letzten Album und dem Band-Klassiker „Panzer Division Marduk“ den Sack endgültig zuzumachen. Auch mit Mitte-der-90er-Material demonstrieren die Schweden eindrucksvoll, dass ihnen im rabiaten Black Metal live kaum jemand das Wasser reichen kann. [MM]

Nachdem HELRUNAR sich in den letzten Jahren extrem rar gemacht hatten, ist im Vorhinein völlig ungewiss, was von dem durch drei Saiteninstrumentalisten verstärkten Duo aus Band- und Charakterkopf Skald Draugir und Songwriter Alsvartr heute zu erwarten ist. Die letzten, eher enttäuschenden Alben und die lange Live-Abstinenz haben die Münsteraner augenscheinlich einige Fans gekostet: So ist die Halle zwar gut gefüllt, jedoch deutlich leerer als am heutigen Tage schon erlebt. Mit einer musikalisch absolut souveränen Darbietung, die vom perfekt abgemischten Sound getragen wird, stellen HELRUNAR jedoch zumindest alle anwesenden Fans zufrieden und außerdem unter Beweis, dass sie noch nicht abzuschreiben sind. Wie sagt man so schön? Totgesagte leben länger! [MG]

Im Club liefern CARONTE derweil den letzten Auftritt vor dem Headliner Mayhem ab. Der mit Stoner-Metal-Anleihen versehene Doom Metal der Italiener ist allerdings definitiv Geschmackssache: Während einige Fans begeistert vor der Bühne stehen, ist die schwermütige, nicht sonderlich abwechslungsreiche Musik der Band aus Parma nach so einem anstrengenden Konzerttag für so manchen Zuschauer dann doch etwas zu viel, so dass man ebensoviele Besucher müde an der Seite sitzen sieht. Immerhin mit gutem Sound gesegnet, schlagen sich CARONTE für die fortgeschrittene Stunde nicht schlecht, wirklich in Erinnerung bleiben wird der Auftritt aber bei den meisten sicherlich nicht. [SB]

Um 22:50 Uhr steht schließlich der wohl mit der höchsten Spannung erwartete Auftritt des Festivals an: Die Norweger MAYHEM – bekannt für skurrile, oft aber auch schlicht schlechte Shows – präsentieren das wohl legendenträchtigste Black-Metal-Album aller Zeiten, „De Mysteriis Dom Satanas“, in ganzer Länge. Auch heute ist die Darbietung der Norweger ambivalent: Während sich der Sound im Laufe der Show von katastrophal zu absolut gelungen mausert, rutscht die zunächst stimmungsvolle Bühneninszenierung mit viel Nebel und wenig Licht im Verlauf des Auftritts einmal mehr fast ins Lächerliche ab: Attila zündelt an seinem Altar mit Kerzen, spielt mit einem Schädel, schwenkt Weihrauch. Dazu werden Zombie-Sidedrops in Brutal-Death-Metal-Ästhetik durchgewechselt und schließlich noch ein paar Skelett-Puppen auf die Bühne geschoben.

Unverständlich bleibt, warum sich MAYHEM bei einer Jubiläumsshow auf derlei Firlefanz überhaupt einlassen, hätte „De Mysteriis Dom Satanas“ doch wahrlich genug Potential, auch ohne großes Brimborium eine packende Atmosphäre zu kreieren. Doch mag das Stageacting auch irritieren, lenkt es glücklicherweise nicht gänzlich davon ab, dass die Norweger musikalisch eine absolut überzeugende Darbietung ihres Meisterwerkes abliefern. Nach dem letzten Ton von „De Mysteriis Dom Satanas“ findet diese jedoch überraschend ihr Ende: Obwohl 75 Minuten Spielzeit angekündigt waren, gibt es heute, durch überlange Intros und Interludes von einer dreiviertelten auf knapp eine Stunde gestreckt, ausschließlich besagtes Album zu hören. Mag das konzeptionell auch stimmig sein – über den einen oder anderen Hit von den anderen vier Alben hätten sich die Fans wohl trotzdem gefreut. Auch so zieht die Masse der Fans jedoch durchaus zufrieden in Richtung Backstage Halle.

Daraus jedoch entwickelt sich dort ein Problem: Bereits weit vor Showbeginn platzt die Halle nämlich aus allen Nähten, so dass sich neuerlich unzählige Fans vor verschlossener Tür statt vor der Bühne stehen sehen. Obwohl das den Death-Metallern REVEL IN FLESH im Club sicher noch ein paar zusätzliche Zuschauer beschert, offenbart sich hier die einzig gravierende Fehleinschätzung bei der Festival-Planung: Die derzeit extrem gehypten BATUSHKA hätten hier und heute problemlos das Werk mit neugierigen Jüngern gefüllt.

In der gesteckt vollen Halle liefern BATUSHKA, die großen Wert auf ihre Anonymität legen, im Folgenden eine Show ab, die in Sachen Atmosphäre und Inszenierung nicht zu toppen ist: Mit verhüllten Gesichtern, Kapuzenmänteln und allem, was zu einem orthodoxen Ritual gehört, erschaffen die Polen, was Black-Metaller sonst nur von Watain kennen: Ein Bühnenbild, das eher einer Theaterkulisse denn einer Konzertbühne gleicht. Während Attila von Mayhem noch eher uninspiriert wirkte, was den Umgang mit Altar und Weihwasser angeht, hält der Batushka vor einer hungrigen Meute Black-Metal-Fans eine glaubwürdig inszenierte Messe. Während die Musik – eine Kombination aus Black Metal, choralen Elementen und gelesener Messe – und das Konzept perfekt aufeinander abgestimmt sind und BATUSHKA im Billing einen ähnlichen Exotenstatus einnehmen wie im vergangenen Jahr die Kollegen von Root, ist es doch leicht befremdlich, zu sehen, wie eine Halle voller Black-Metaller am Ostersonntag einer Mariendarstellung mit Devilhorns huldigt und sich freudig mit Weihwasser bespritzen lässt. Am Ende geben die vermummten Kuttenträger mit ihrer außergewöhnlichen Darbietung nach zwei Tagen und 25 Shows trotz oder gerade wegen dieser geradezu absurden Situation einen mehr als gelungenen Ausstand für das sechste Dark Easter Metal Meeting, das somit ohne jegliche Verzögerung im Ablauf pünktlich um 1:00 Uhr sein Ende findet. [MG]

Fazit:

Während die Organisation der Einlass-Situation in diesem Jahr merklich verbessert wurde, so dass lange Schlangen am Eingang der Vergangenheit angehören, stößt das Gelände mit dem restlos ausverkauften Event am zweiten Tag definitiv an seine Grenzen: Aufgrund der durchweg hochkarätigen Besetzung der Hallen-Slots und wohl nicht zuletzt auch wegen des Wetters, das wahrlich nicht zum Draußenstehen animiert, zerschlägt sich die Hoffnung, dass sich die Besucher während der Hallenkonzerte auf Halle, Club und Gelände verteilen, am Sonntag bereits bei der zweiten Band in der Halle. Den folgenden Shows in dieser Location können längst nicht mehr alle Fans beiwohnen, die das gerne täten.

Der Vorteil dieser Politik ist klar: Mit einem kaum zu übertreffenden Bandaufgebot sowie einem abwechslungsreichen und in Sachen Überschneidungen erfreulich wohldurchdachten Spielplan weiß das sechste DARK EASTER METAL MEETING bei durchweg gutem bis sehr gutem Hallensound musikalisch auf ganzer Linie zu überzeugen:  Vielversprechenden Newcomern wird hier ebenso ein Platz eingeräumt wie Szene-Geheimtipps und international führenden Genregrößen. Die Ausweitung auf zwei Tage kann dabei als voller Erfolg gewertet werden: Bereits der erste, durch die abwechselnde Bespielung von zwei Hallen sehr entspannte Konzerttag hat diverse Highlights zu bieten und verleiht dem DARK EASTER METAL MEETING (auch ohne Stoffbändchen) echten Festival-Charakter.

Einzig die Verpflegungssituation ist auch im sechsten Jahr ungenügend: Mit lediglich zwei Foodtrucks, die zu stolzen Preisen die überschaubare Auswahl zwischen Chili Con Carne (6,50€), Pulled-Pork-Toast (6,50€) oder Pommes (3€) zu bieten haben, ist das Essensangebot selbst für Nicht-Vegetarier nicht eben breit gefächert. Für ein Festival, das an zwei Tagen vom frühen Nachmittag bis in die Nacht geht, ist das schlicht zu wenig – zumal die Stände von der Nachfrage massiv überfordert sind und teils unzumutbar lange Wartezeiten in Kauf genommen werden müssen.

Sieht man davon ab, bietet das DARK EASTER METAL MEETING 2017 eine mehr als valide Alternative zu allen anderen Indoor-Festivals im In- und Ausland. Ostern 2018 kann kommen! [MG]

Publiziert am von , , Marius Mutz und Simon Bodesheim

4 Kommentare zu “Dark Easter Metal Meeting 2017

  1. Ich bin wirklich sehr begeistert vom Dark Easter. War in diesem Jahr das erste Mal dabei und überrascht von der guten Orga. Der Mangel an Kaffee ist mir tatsächlich auch aufgefallen :-D. Ich habe überall danach gefahndet – wahrscheinlich hauptsächlich, weil das Wetter den Durst auf ein warmes Getränk geweckt hat.

  2. Ich fand auch die Parkmöglichkeit für die Autos direkt am Backstage katastrophal.

    Außerdem gab’s nicht einmal Kaffee zu kaufen.

    1. Was die Parkmöglichkeiten angeht, magst du recht haben – das ist den Münchnern nur schon so ins Blut übergegangen, dass da kaum noch einer mit dem Auto anreist. Für Externe aber in der Tat ungünstig, wenn man nicht rechtzeitig kommt, um auf dem offiziellen Parkplatz noch einen Stellplatz zu finden.

      Was den Kaffee angeht… nungut. :D Das ist, soweit ich das beurteilen kann, aber auch nicht Standard auf Metal-Konzerten und Indoor-Festivals, oder? ;)

      Insofern: Wenn das alles ist, was dir nicht gefallen hat, wars doch trotzdem ein tolles Wochenende, oder?

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