Konzertbericht: Rock Meets Classic

06.03.2013 Olympiahalle, München


Die Szenarie glich dem Vorjahr: Wieder sollten fünf ehemalige Legenden des Rocks zusammen mit dem Bohemian Symphony Orchestra Prague unter der Leitung von Bernard Fabulja für eine Symbiose aus harten Riffs und sanfter Klassik sorgen. Und erneut ging dieses inzwischen etablierte Experiment in der Münchner Olympiahalle auf – allen voran in der ersten Hälfte der Show, die von einem einzigartigen Erlebnis gekrönt wurde.

Wie gewohnt eröffnete das Prager Orchester den Abend – dieses Jahr mit dem instrumentalen „Child’s Anthem“, welches Rockkennern vor allem von Toto bekannt sein dürfte. Auf eine Sangeseinlage von Musicalsänger Sascha Krebs wurde im Gegensatz zum Vorjahr verzichtet.


Stattdessen feierten die Rockfans in der bayerischen Landeshauptstadt ein erstes Wiedersehen mit CHRIS THOMPSON von Manfred Mann’s Earth Band. Das zweite folgte nach der Pause. In seinem ersten Block brachte der schwungvolle 65-jährige Brite die Menge mit Klassikern wie „For You“ und „Davey’s On The Road Again“ sofort auf eine erste niedrige Betriebstemperatur. Besonders bei Zweiterem merkte man auch dem Orchester die Erfahrung mit diesem Stück an, geriet die klassische Rockadaption doch wie aus einem Guss. Am Ende seines Sets schaltete Thompson mit „Questions“ einen Gang zurück und präsentierte eine stimmige Ballade, die er nach eigener Aussage mit Manfred Mann’s Earth Band nie zuvor live gespielt hatte.

Setlist:
01. For You
02. Davey’s On The Road Again
03. Questions

Die Pausen zwischen den einzelnen Künstlern fielen angenehm kurz aus: So hatte Thompson die Bühne gerade verlassen, als Mat Sinner auch schon Ex-Journey-Fronter STEVE AUGERI ankündigte. Dieser knüpfte – stimmlich ebenfalls bestens ausgerüstet und inszeniert – mit „Separate Ways“ da an, wo Thompson mit den Manfred Mann’s Earth Band-Klassikern aufgehört hatte. Wie gewohnt brauchte besonders das Münchner Publikum in der bestuhlten Arena, bis die ersten Begeisterungsstürme ertönten: „Wheels In The Sky“ erwies sich dabei als der Eisbrecher des Rock Meets Classic-Abends, wenngleich man das Gefühl bekam, dass sowohl von Seiten Augeris als auch in der Zuschauermenge bei diesem Welthit noch ein bisschen mehr drin gewesen wäre. Der Stimmungsdeckel lockerte sich nur langsam und schien während des Journey Best Ofs nie ganz zu verschwinden – selbst als Augeri nach dem gefühlvollen „Faithfully“ sein Set mit dem weltbekannten „Don’t Stop Believin'“ beendete. Hierbei bekam auch Keyboarder Jimmy Kresic einige Momente im Rampenlicht – völlig zurecht wie der fingerfertige Pianist an seinem Instrument bewies.

Setlist:
01. Separate Ways
02. Wheel In The Sky
03. Faithfully
04. Don’t Stop Believin‘

Die letzten Prozente holte ERIC BAZILIAN von The Hooters aus dem Münchner Publikum heraus. Mit einem simplen „Let’s Rock“ trat er ans Mikro, ehe er bereits bei „All You Zombies“ bewies, dass er seine Nummern immer noch so beherrscht wie früher – sowohl instrumental als auch gesanglich. So griff Bazilian im Laufe seines Auftritts abwechselnd zu Gitarre, Mandoline und Flöte. Abgesehen von der Musik punktete der Lockenkopf durch seine sympathische Art: Dies führte in Verbindung mit seiner hervorragenden Performance bei „All You Zombies“ und „500 Miles“ zu den ersten stehenden Ovationen des Abends.
Anschließend kam die Menge wieder zu Ruhe, ehe ein sichtlich angetaner Bazilian ans Mikro trat und von einem Song namens „One Of Us“ sprach, den er für Joan Osbourne komponiert und geschrieben hatte. Als er anschließend die ersten Takte zu spielen und singen begann, wussten nicht nur alle Anwesenden, welches Lied gemeint war, sondern auch, dass sie gerade Zeuge eines musikalischen Meisterwerks waren. Bazilian legte eine ungemeine Menge an Gefühl in diese Nummer, nur zart begleitet von Streichern. Als der Jubel in der Olyhalle immer weiter aufbrandete, griff der Vollblutsänger noch einmal in die Trickkiste und präsentierte eine eingedeutschte Strophe, die zusätzlich mit Humor und Wortwitz überzeugte. So hatte Rock Meets Classic anno 2013 bereits vor der Pause ein schwer zu überbietendes Highlight erreicht, welches allein das Eintrittsgeld wert war. Und Bazilian hatte sich in die Herzen aller Anwesenden gesungen, geredet und gespielt. Nach einem ebenfalls fulminanten „Johnny B.“ – eingeleitet von einem bombastischen Violinensolo von Orchestermitglied Lucas – verließ der Hooters-Sänger die Bühne zum lautesten Applaus des Abends und hatte damit mal eben seine beiden guten Vorgänger gnadenlos in den Schatten gestellt.

Setlist:
’01. All You Zombies
02. 500 Miles
03. One Of Us
04. Johnny B.

Eine kleine Chance auf „Rehabilitation“ erhielt CHRIS THOMPSON in seinem zweiten kurzen Block nach der Pause. Mit „The Voice“ und „Mighty Quinn“ (in einer extra langen Version) schloss er endgültig den Bogen zum Vorjahr und präsentierte wenig überraschend die beiden fehlenden Songs aus 2012. Diese wurden noch ein wenig besser angenommen als sein erster Auftritt an diesem Abend und Thompson erwies sich erneut als guter Auftakt und Einheizer für die beiden fehlenden Künstler. Lediglich bei „Mighty Quinn“ übertrieb Thompson etwas mit seinen stimmlichen Spielereien.

Setlist:
01. The Voice
02. Mighty Quinn


Den vorhandenen Schwung konnte Special Guest BONNIE TYLER wiederum nicht nutzen. Geplagt von einer Erkältung versagte der einzige weibliche Gast des Abends stimmlich (mit wenigen Ausnahmen) fast völlig. Dies fing bereits beim Opener „Total Eclipse Of My Heart“ an und zog sich wie ein roter Faden durch ihren gesamten Auftritt bis zum Abschlusssong „Holding Out For A Hero“. Entsprechend ihrer stimmlichen Verfassung wurde Tylers Setliste kurzfristig geändert und „It’s A Heartache“ ersatzlos gestrichen. Gemessen an ihrer teilweise katastrophalen Leistung eine kluge Entscheidung. Ihre neue Komposition namens „Believe In Me“, mit der Bonnie Tyler für Großbritannien beim Eurovision Song Contest antreten wird, blieb komplett blass im Vergleich zu ihren Hits und dürfte ein Kandidat für die hinteren Plätze sein. Lediglich ihrer angeschlagenen Stimme schien die neue Single merklich entgegen zu kommen. Insgesamt lebte der Auftritt der ehemaligen Rockgröße vom Nostalgiefaktor und einem hervorragenden Orchester mit Chor, die mit vereinten Kräften fehlende Einsätze und andere Schwächen von Frau Tyler, besonders bei hohen Tönen, halbwegs erfolgreich auffingen und damit die blonde Waliserin über die Zeit retteten.

Setlist:
01. Total Eclipse Of My Heart
02. Believe In Me
03. The Best
04. Holding Our For A Hero

Hätten die wenigsten Rock Meets Classic-Besucher ein Problem damit, einen Hit der ersten vier Künstler aufzuzählen – bei PAUL RODGERS wäre es wohl enger geworden. Demnach war es wenig erstaunlich, dass der Identifikationsfaktor der Anwesenden mit der Headlinerperformance sehr überschaubar ausfiel. Wurde zuvor fleißig mitgesungen, präsentierte Rodgers durchschnittliche Rocksongs von Free und Bad Company, die es abgesehen von „All Right Now“ nie zu einer merklichen Popularität gebracht haben. Warum dem so war, zeigte sich relativ schnell. Sowohl stimmlich als auch kompositorisch fehlte dem zeitweisen Freddy Mercury-Ersatz bei Queen das gewisse Etwas. Apropos Queen: Weder bei der Tourankündigung noch im Laufe der Veranstaltung wurde der Name der britischen Rockgrößen erwähnt. Von jedweden Songs ganz zu schweigen. Und ein „We Will Rock You“ oder „We Are The Champions“ wären die einzigen Möglichkeiten gewesen, um Paul Rodgers vor einer gewissen Bedeutungslosigkeit im Kontext der anderen Künstler zu schützen. So blieb die optische Mischung aus Chuck Norris, Peter Maffay und Hubert von Goisern den Beweis schuldig, warum er als krönender Abschluss des Abends serviert wurde.

Setlist:
’01. Wishing Well
02. Can’t Get Enough
03. Feel Like Makin‘ Love
04. All Right Now
05. Rock’n’Roll Fantasy

Unter dem Strich überzeugte ROCK MEETS CLASSIC 2013 mit Chris Thompson, Steve Augeri und allen voran Eric Bazilian. Nach der Pause zeigte sich allerdings, dass besonders Special Guest Bonnie Tyler ihre besten Jahre weit hinter sich hat. Und dass ein Headliner über Wiedererkennungswert verfügen sollte, so er nach vier größeren und vor allem bekannteren Rocklegenden spielt.
Ein besonders Lob gebührt neben dem Prager Orchester auch Mat Sinner und seiner Band in Form von der Primal Fear-Belegschaft (Drummer Randy Black, Sänger Ralf Scheepers und Gitarrist Alex Beyrod). Besonders Scheepers und Zweitsänger Sascha Krebs hätten wie im Vorjahr den ein oder anderen Solopart oder das ein oder andere Duett mit einem der Stars verdient gehabt. Gleiches gilt für die drei Damen. So lag der Fokus ausschließlich auf den Rocklegenden, die sich größtenteils in starker Verfassung präsentierten.

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