Festivalbericht: Pogorausch-Festival Vol. III

31.03.2012 München, Backstage Werk


Wenn ein Event schon „Pogorausch-Festival“ heißt, braucht man wohl nicht lange zu überlegen, worum es sich hier handelt – liest man dann noch das Billing quer, ist spätestens bei Namen wie Dritte Wahl, Mad Sin, Perkele oder The Exploited klar, wie der Hase läuft: In Schlangenlinien zwischen Bierstand und Bühne umher.


Nachdem das Nachmittagsprogramm absolviert ist, sind die schwedischen Oi-Helden PERKELE an der Reihe, dem zahlreich erschienenen Publikum einzuheizen.Als wäre die Tatsache, dass die Göteborger auf deutschen Bühnen äußerst rare Gäste sind, nicht Grund genug, hier kräftig zu feiern, nimmt das Trio am heutigen Abend nach der 2006 erschienenen DVD „Sound Of The Streets“ auch noch ihre nächste Live-DVD auf. Eine Entscheidung, die die drei Schweden wohl im Leben nicht bereuen werden – ist das Backstage Werk doch gesteckt voll und die Stimmung kaum zu überbieten: Im Pit feiern die zahlreichen Skins, Ois und Punks die Band mit einem kräftigen Pogo – doch auch das gemäßigtere Publikum am „Beckenrand“ lässt keinen Zweifel daran, dass PERKELE soetwas wie der heimliche Headliner des Abends sind. Egal ob aktuelle Hits wie „Forever“ oder „Heart Full Of Pride“, welches das Publikum noch als die Band die Bühne bereits verlassen hat, noch minutenlang weitersingt – besser könnte eine Band kaum ankommen.


Dass THE EXPLOITED nach einem Konzertabend voll Anarchie und Chaos (fast) pünktlich um viertel vor Zwölf beginnen, spricht nur für die Organisation des Pogorausch-Festivals – hilft den Schotten aber auch nur begrenzt weiter – gibt es doch tatsächlich dankbarere Slots, als nach einem langen Konzertabend sowie den Publikumslieblingen von Perkele auf die Bretter zu müssen. Die Punk-Legende lässt sich davon nicht beeindrucken: Auch wenn sich die Halle nach der Umbau- und Raucherpause zunächst nur schleppend füllt, und dauerhaft merklich leerer bleibt als beim schwedischen Support, wirken Punk-Koryphäre Wattie und Konsorten doch gut gelaunt und geben alles. Der wohl berühmteste Irokesen-Träger flitzt wie von der Tarantel gestochen über die Bühne, und auch seine Band steckt einige Energie in die Bühnenshow. Darüber, dass die Songs musikalisch an Stumpfsinnigkeit kaum zu überbieten sind und selten mit mehr als vier Akkorden glänzen können, täuscht das natürlich nicht hinweg – aber hey, auch das ist Punk.So richtig Party-Atmosphäre will dennoch nicht aufkommen: Wie man es von der Truppe kennt, hauen EXPLOITED einen Song nach dem anderen heraus, wobei sich Wattie ansagentechnisch auf das Allernötigste, Songnamen also, beschränkt – wohl nicht zuletzt, weil er genau weiß, dass ihn mit seinem schottischen Genuschel sowieso keiner verstanden hätte, hätte er mehr zu sagen. Zwar tanzen auch hier noch einige Skins und Punks im Pogo-Rausch, in vielen Fällen wäre es aber wohl passender, von einem „Rausch-Pogo“ zu sprechen: Unkoordiniert fliegen Körper durch die Luft und anschließend nicht selten auch mal auf den Boden. Das alles ändert jedoch nichts daran, dass die Songs, die hier zum Besten gegeben werden, kaum weniger als legendär sind: Sei es nun „Let’s Start A War“, „Punk’s Not Dead“, „Cop Cars“ oder „Troops Of Tomorrow“ – nicht wenige der Anwesenden dürften zum Releasedate der entsprechenden Alben noch nichteinmal in Planung gewesen sein.

Was nach 70 Minuten und dem finalen „Sex And Violence“ bleibt, ist die Erkenntnis, dass THE EXPLOITED trotz einer hochklassigen Show mit großem Engagement in München zum zweiten Mal in Folge von ihrer Vorband in den Sack gesteckt wurden – man erinnere sich nur an die mitreißende Show von The Adicts im Jahre 2010.

Mit dem dritten Pogorausch-Festival haben die Veranstalter erneut ein Event auf die Beine gestellt, wie es für diese Szene seinesgleichen sucht – hinsichtlich des Lineups, aber auch hinsichtlich der vortrefflichen Organisation. Und auch, wenn manch Fan am Veranstaltungsende einen anderen Eindruck vermittelt haben mag, ist die Quintessenz des dritten Pogorausch-Festivals doch wieder eine ziemlich abgedroschene: Punk’s not dead.

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert