Konzertbericht: Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra

28.02.2014 München, Hansa 39

Allmählich kann man schon fast von Regelmäßigkeit sprechen: Nachdem THEE SILVER MT. ZION MEMORIAL ORCHESTRA ihr letztes Album „Kollaps Tradixionales“ 2010 im Münchner Hansa 39 vorgestellt haben, waren sie Ende 2012 im Rahmen der Festivitäten zum 15. Geburtstag ihres Labels Constellation Records wieder in der bayerischen Landeshauptstadt und kehren nun Anfang 2014 zurück, um ihr neues Album „Fuck Off Get Free We Pour Light On Everything“ live zu präsentieren. Auch wenn es sicherlich einige Stimmen gibt, die sich über ein Münchenauftritt von Godspeed You! Black Emperor – welche zu Teilen aus Mitgliedern von SILVER MT. ZION bestehen – mehr freuen würden, ist ein Besuch des verschrobenen Fünfers aus Montreal Kanada dennoch Pflicht für alle Freunde anspruchsvoller Rockmusik.

Silver Mt Zion 03

Eine halbe Stunde vor dem angekündigten Beginn ist es noch relativ leer im Hansa 39, um 21 Uhr allerdings beginnen sich die Zuschauer enger vor die Bühne zu drängen. Dass die Band sich schließlich erst eine halbe Stunde später auf die Bühne begibt, lässt das Hansa schließlich zwar nicht randvoll, dennoch sehr gut gefüllt erscheinen. Wie immer stellen sich die fünf Bandmitglieder um Sänger und Sprachrohr Efrim im Halbkreis auf der Bühne auf, um – wie von mir gerade angedeutete – Bandhierarchien komplett zu untergraben. Vom Mikrophon abgewandt bedankt sich Efrim beim Publikum und stellt durch diesen unmittelbaren Kontakt eine nahezu familiäre Atmosphäre her, welche den ganzen Abend über anhalten wird. Ohne Umschweife beginnen THEE SILVER MT. ZION MEMORIAL ORCHESTRA mit dem Opener ihres neuen Albums. Während dieser schon in der Studioversion eine der sperrigsten Eröffnungen eines Albums darstellt, ist der Song auch im Livesetting eine Herausforderung. Der Sound ist die ersten Minuten über noch nicht perfekt, sodass die Geigen dominieren, die Gitarre allerdings noch weitestgehend im Hintergrund bleibt. Diese Schwierigkeiten werden allerdings schnell behoben und tauchen im Verlauf des Konzerts nur durch einige Bassübersteuerungen wieder auf, die weiter nicht ins Gewicht fallen. Der Sound ist ansonsten – wie man es im Feierwerk erwartet – druckvoll und laut.

Nachdem mit „Take Away These Early Grave Blues“ der wohl punkigste Song des Abends für begeisterten Applaus im Publikum gesorgt hat (auch wenn das Wort ‚Punk‘ bei dieser Band in einem ganz eigenen Kontext steht), eröffnet Efrim eine kleine Fragerunde, welche einmal mehr den Humor der Band unter Beweis stellt. Über Fragen nach dem Namen des Kontrabasses, nach der Meinung zu Hockey („Fuck all organized sports!“) bis hin zu Stoner-Geschichten über Curling ist auch hier wieder viel abgedeckt. Danach konzentrieren sich SILVER MT. ZION wieder auf das, was sie am besten können: Intensive, verschrobene Musik mit viel Leidenschaft darbieten. Besonders beeindruckend ist einmal mehr der – nun perfekt abgenommene – Gitarrensound, welcher so klingt, als würde der Verstärker jeden Moment Feuer fangen. Schließlich findet mit „All The Kings Are Dead“ auch ein ganz neuer Song Einzug in das Set, welcher sich als packender Rocksong nahtlos in den Abend einfügt und inhaltlich die linskpolitischen Einstellungen der Band verdeutlicht. Mit dem Highlight des aktuellen Albums, „What We Loved Was Not Enough“, endet schließlich ein mitreißendes Set, bevor SILVER MT. ZION noch einmal kurz auf die Bühne kommen und den Abend ruhig und ohne weitere Ausbrüche mit „Little Ones Run“ beenden.

Silver Mt Zion 02

Setlist THEE SILVER MT. ZION MEMORIAL ORCHESTRA:
01. Fuck Off Get Free (For the Island of Montreal)
02. Austerity Blues
03. Rains Thru the Roof at Thee Grande Ballroom (For Capital Steez)
04. Take Away These Early Grave Blues
05. Piphany Rambler
06. All The Kings Are Dead
07. What We Loved Was Not Enough

08. Little Ones Run

Silver Mt Zion 01FAZIT: Sicher, Efrims näselnder, oft schiefer Gesang, so wie der Hintergrundgesang der anderen Bandmitglieder ist nicht für jeden gemacht. THEE SILVER MT. ZION MEMORIAL ORCHESTRA versuchen nicht, auf Eingängigkeit zu setzen, sondern präsentieren ihre verschrobene Mischung aus Rock, Punk und Post-Rock ohne Rücksicht auf gewöhnliche Hörgewohnheiten. Dass das gesamte neue Album, ein ganz neuer Song und ein Song vom Vorgängeralbum gespielt werden und der gesamte frühe Bandkatalog ausgespart wird, ist in Anbetracht der musikalischen Entwicklung der Band nur folgerichtig. Freunde anspruchsvoller Musik bekommen mit diesem Konzert ein 90-minütiges Auf und Ab der Gefühle geboten, welches neben emotionalen und hypnotischen Momenten auch für einige Lacher sorgt. Auch wenn Godspeed You! Black Emperor gerne einmal in München vorbeischauen können: Gegen weiter regelmäßige Besuche von THEE SILVER MT. ZION MEMORIAL ORCHESTRA ist nichts einzuwenden.

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