Review A.C.T – Silence

“Wir sind die Backstreet Boys des Prog!” – dieses Zitat stammt von einem gewissen Neal Morse, der einst mit seiner Band Spock’s Beard die Speerspitze des Gute-Laune-Progrocks markierte. Nun hat er diesen Status ja aus religiösen Gründen abgegeben, und neben Frost sind es vor allem die Schweden A.C.T, die mit ihrem schon vierten Album „Silence“ ihr Debüt bei InsideOut Music feiern, denen man dieses Attribut am ehesten zuschreiben kann.

Auf ihren bisherigen Alben „Today’s Report“ (1999), „Imaginary Friends“ (2001) und „Last Epic“ (2003) schufen die fünf Jungs eine abwechslungsreiche, durch und durch mitreißende und fröhliche Mischung aus Melodic Rock, progressiven Elementen, jeder Menge Bombast, dem ein oder anderen Spritzer Metal und vor allem schnell ins Ohr gehenden Gesangslinien.Zwar mag der Gesang von Herman Saming bei weitem nicht jedem Hörer zusagen – seine Stimme ist schon ein wenig süßlich, wenig kraftvoll und durchaus kitschig – dennoch haben A.C.T einen eigenen, wiedererkennbaren Stil gefunden, der eben maßgeblich von den teilweise an Queen erinnernden Chorgesängen und dem omnipräsenten Spielwitz geprägt wird. Wer etwas gegen Theatralik und Kitsch hat, wird mit A.C.T wohl eher nicht warm werden.

Auch auf ihrem neuen Album „Silence“ bleibt sich die Band im Grunde treu, kleine Änderungen im Gesamtsound sind jedoch auszumachen. Erinnerte man auf den Vorgängeralben auf instrumentaler Ebene des öfteren an die kanadischen MelodicProgger Saga (mit denen sie auch schon auf Tour waren) und fügte ein wenig Dream Theater light hinzu, klingt man auf dem neuen Werk tendenziell etwas poppiger, luftiger und weniger rockig. Zudem ist man nicht mehr ganz so überkandidelt fröhlich. Man steckt zwar weiterhin locker fast jede andere Progband in die Tasche was Sunshine-Feeling angeht, dennoch gibt es auch einige sehr nachdenkliche Töne, vor allem im neunteiligen Longtrack „Consequences“, der sich textlich mit Joanna, einer Frau mit Babywunsch, die nach einem Streit mit ihrem Freund ein herannahendes Auto übersieht, beschäftigt. Besonders in diesem Track gibt es massig gelungene Passagen, allerdings wirkt der Track auf mich eher wie eine Aneinanderreihung von Einzelsongs, insofern klingt „Consequences“ eher nach einer Suite, als nach einem gelungenen Longtrack. Das ist etwas schade. Vor diesen Longtrack gibt es dann noch ganze zehn Nummern, von denen vor allem der Opener „Truth Is Pain“ und „This Wonderful World“ zu gefallen wissen. Insbesondere der Opener präsentiert uns A.C.T pur, wie ich sie gern hören möchte. Leider vermisse ich auf dem Rest des Albums die sauschnellen, trickreichen Instrumentalparts der Vorgänger, die einfach das Salz in der Prog-Pop-Suppe waren und nun wohl zugunsten von einfacheren, eingängigeren Songs unter den Tisch gefallen sind. Diese Entwicklung war sicher beabsichtigt, mir wirken die Tracks nun aber schlicht etwas zu kraftlos, es fehlen Überraschungen, lustige Einfälle, die die Platte zu einem Erlebnis machen.

Insofern landet „Silence“ bei mir klar hinter dem Vorgänger „Last Epic“, den ich für die bisher beste Arbeit der fünf Schweden halte. Ein schlechtes Album ist es dennoch nicht, denn A.C.T sind im Gegensatz zu so vielen anderen Prog-Bands immer noch originell und einzigartig. Somit empfehle ich ein Reinhören und kann es mir ruhigen Gewissens auch als Einstieg in die A.C.T-Welt vorstellen.

PS: Auf der Platte ist auch noch ein Multimedia-Part mit einem Live-Video zu dem Song „Landlord“ (von „Last Epic“), der schmerzhaft vor Augen führt, wozu A.C.T mal fähig waren. Auffällig ist zudem, dass die InsideOut-Version im Vergleich zur früher erhältlichen Japan-Version einen Track weniger aufweist. Vielleicht musste er für den Multimedia-Teil weichen?

Wertung: 7 / 10

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