Review Ævangelist – Dream An Evil Dream III

  • Label: Dead Seed
  • Veröffentlicht: 2021
  • Spielart: Black Metal

Aufmerksame Follower der Facebook-Präsenz des amerikanischen Black-Metal-Projektes ÆVANGELIST wissen seit Ende 2018, dass es im Bandlager zu enormen Unstimmigkeiten und scharfen Anschuldigungen gekommen ist. Sängerin Ascaris veröffentlichte damals auf der Seite einen Post, laut dem Gitarrist, Bassist und Schlagzeuger Matron Thorn versuchte Vergewaltigung vorgeworfen wurde. Unter jenem Post fand sich wenig später ein Leserkommentar, der Gleiches wiederum Sängerin Ascaris zum Vorwurf machte – sie antworte daraufhin, dass jener Leser sie missbraucht habe (hier nachzulesen).

Matron Thorn, Gründer von ÆVANGELIST, erwiderte in einem persönlichen Statement, weswegen Ascaris nicht mehr Teil der Band sei, welche die Band fortan als aufgelöst betrachtete. Davon völlig unbeirrt macht Matron Thron unter gleichem Namen, aber mit neuem Sänger weiter und veröffentlichte vergangenes Jahr bereits zwei Alben, wohingegen Ascaris‘ Variante von ÆVANGELIST seit den Vorwürfen verstummt ist. Es ist beschämend, sich einander so derart widerliche Handlungen in Kommentarspalten von Social-Media-Kanälen vorzuwerfen und viel mehr noch ist es erschreckend, dass die Klage der potenziellen Opfer ihnen von den möglichen Tätern selbst zur Anklage gemacht worden ist. Recht und Unrecht blieb seit Ende 2018 auch weiterhin verborgen, sodass die Berührungsängste mit Matron Thorns neusten,Album nicht aus bleiben.

„Dream An Evil Dream III“ ist der Name des Albums und sogleich der Titels des einzigen, 46 Minuten langen Tracks. Unheilvoll mit spoken words aus einem x-beliebigen Slasher-Film eröffnet, beginnt der Song mit einem strukturlosen Gerumpel. Das nicht sonderlich gehaltvolle Riffing vermag ebenso wenig Akzente zu setzen wie die malträtierte Doublebass. Erst nach etwa elf Minuten öffnet sich der Track für einen kleinen Lichtblick: ein repetitives Riff, ein Grunzen von Neuzugang Stephane Gerbaud und ein Schlagzeugspiel, das kurzzeitig mal nicht nach einem chaotischen Frischling klingt. Ganze vier nervenraubende Minuten später der Versuch eines Motivwechseln, welcher leider doch nur wieder in einem Brei an wahllosen Akkorden, unspektakulären Geschnaube von Gerbaud und der fragwürdigen Verwendung des Ride-Beckens endet.

Einem vormals so facettenreichen Projekt wie ÆVANGELIST dabei zuhören zu müssen, wie es sich musikalisch selbst demontiert, schmerzt sehr – im Herzen und in den Ohren. Die Raffinesse eines „Omen Ex Simulacra“ (2013) oder „Writhes In The Murk“ (2014) ist gänzlich verloren gegangen, der Glaube daran, dass das die Band ist, die bei der 2016er Split „Codex Obscura Nomina“ von Blut Aus Nord mitwirkte, ebenfalls. An die guten Zeiten, in denen ÆVANGELIST  für ein Genre-Gemisch aus Black Metal, Dark Ambient, Doom, Experimental und Industrial standen, erinnert „Dream An Evil Dream III“ wenn überhaupt nur in den letzten sechs Minuten; die restlichen 87 Prozent dieser Platte sind schlichtweg Murks.

Was Matron Thorn allerdings hervorragend gelingt, ist, die Erinnerung daran zu wecken, wie nervig es ist, wenn ein unsauberes Recording auf ein liebloses Mixing trifft. Erschreckend daran ist, dass auch das dumpfe Mastering von Emptiness-Bassist Jeremie Bezier daran absolut nichts ändert; „Dream An Evil Dream III“ dürfte für jeden versierten Tontechniker wahrlich zu Alpträumen führen. Dass sich Gerbaud, ehemaliger Sänger des Symphonic-Black-Metal-Geheimtipps Anorexia Nervosa, für dieses Projekt hergegeben hat, ist unbegreiflich.

Der fragliche Leumund auf der einen Seite, das musikalische Outcome auf der anderen Seite: Anno 2021 machen es ÆVANGELIST einem schwer, sich mit der Band als solches und mit ihrer Musik auseinandersetzen zu wollen. Bei Matron Thorns Tatendrang ist allerdings zu befürchten, dass das nächste Album nicht allzu lange auf sich warten lassen wird – leider.

Wertung: 3 / 10

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