Review Amantra – As It Should Have Been

Der Franzose Thierry Arnal scheint ein wirklich großer Verehrer von Justin Broadrick zu sein. Mit seinem 2013 gegründeten Soloprojekt AMANTRA huldigt er dessen Bands Godflesh und Jesu nämlich nicht nur stilistisch in Form von elektronisch durchdrungenem Shoegaze, sondern covert auf seinem zweiten Album „As It Should Have Been“ sogar jeweils einen Track der beiden Industrial-Post-Metal-Institutionen. Ist Thierry also nur ein identitätsloser Nachahmungstäter oder schafft es der Experimentalmusiker, seinem Vorbild in Sachen Kreativität nachzueifern, ohne dabei sich selbst zu vergessen?

Sich allzu sehr anzubiedern und möglichst schnell und einfach die Fans der genannten Genreidole anzulocken und so von deren Bekanntheit zu profitieren, scheint jedenfalls nicht der Sinn hinter AMANTRA zu sein. Unzugänglicher als mit dem noisigen „Dust“ könnte Thierry sein zweites Full-Length nämlich kaum beginnen. Extrem kratzige Sounds, brummende Gitarren und elektronische Spielereien machen den Opener zu einer harten Geduldsprobe. Beinahe das einzige, was bereits hier darauf hinweist, dass AMANTRA nicht nur krach macht, ist der sphärische, mit viel Hall unterlegte Gesang, der im späteren Verlauf vor allem in den sanfteren Clean-Gitarren-Passagen für träumerische Stimmung sorgt.
Ab dem anschließenden „Ghost“ halten sich die anstrengenden Noise-Stilmittel zum Glück in vernünftigen Grenzen, sodass sie von da an sogar durchaus stimmig zum Gesamteindruck beitragen. Obwohl das knapp dreiviertelstündige, von lässigen Beats geprägte Album weitgehend entschleunigt daherkommt, wird Abwechslung bei AMANTRA groß geschrieben. Mal ist man dazu angehalten, sich in ein Bett aus reduzierten, langgezogenen und hypnotischen Gitarrenmelodien fallen zu lassen („The Internal“), dann wiederum ziehen quirlige Electronica die Aufmerksamkeit auf sich („Kingdom“) und auf „Down“ lässt AMANTRA durch verschrobene Keyboardarrangements sogar einen abgründig düsteren Eindringling in seinen sonst so transzendenten Klangkosmos.
Was „As It Should Have Been“ letztlich viel von seinem Potential nimmt, ist – abgesehen davon, dass die Songs zum Ende hin langsam uninteressanter werden – das stetig anstrengende Dröhnen, dessen Ursprung mal die Gitarren, mal die flächendeckenden Synthesizer sind. Allzu oft verliert man dadurch den Blick für die an und für sich schönen Momente, die den Zweitling von AMANTRA andernfalls zu einem zutiefst atmosphärischen Kunstwerk gemacht hätten.

Dass AMANTRA mit seinen acht neuen Tracks einerseits ein phasenweise langatmiges, dann wiederum zum Teil sogar nervenaufreibendes Studioalbum geformt hat, ist gerade mit Blick auf die immer wieder zu bewundernden, stimmungsvollen Höhepunkte ein Jammer. „As It Should Have Been“ klingt professionell, bietet eine Menge Variation und folgt trotz aller Effekthascherei einem roten Faden. Bevor man am ersehnten Stimmungsziel in diesem aus teilweise fast schon irritierenden Synthesizerwänden bestehenden Labyrinth ankommt, ist das Album jedoch leider schon vorbei. Vielleicht findet man ja auf der nächsten Langrille den richtigen Weg.

Wertung: 6 / 10

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