Review Atramentus – Stygian

  • Label: 20 Buck Spin
  • Veröffentlicht: 2020
  • Spielart: Doom Metal

Intuitiv denkt man bei Musikern meist an extrovertierte Personen, die darauf brennen, ihr Werk mit den Fans und der Welt zu teilen. Vergessen wird dabei oft der introvertierte Musiker, der seine Musik – aus welchem Grund auch immer – gar nicht unbedingt herzeigen will. Philippe Tougas scheint eher in zweitere Kategorie zu fallen, immerhin blieb das von ihm geschriebene Debüt des Funeral-Doom-Metal-Projekts ATRAMENTUS sechs Jahre lang unaufgenommen, ehe „Stygian“ Ende 2018 endlich eingespielt wurde und nun über 20 Buck Spin erscheinen kann.

Tatsächlich wäre es eine Schande gewesen, wenn dieses Album auf einer Festplatte, auf Papier oder in einem Kopf geblieben wäre: Was ATRAMENTUS hier in einer knappen Dreiviertelstunde eingefangen haben, ist nicht nur die Quintessenz des Genres Funeral Doom, sondern auch qualitativ beeindruckend: Dass „Stygian“ in Eigenregie aufgenommen und produziert wurde, hört man dem Album zu keiner Sekunde an – vor allem aber sind die Songs weit komplexer, als man das von einem ersten Versuch erwartet.

So beinhaltet „Stygian“ nicht nur alle typischen Elemente des Funeral Doom – schleppende Gitarren, maximal entschleunigtes Drumming und gutturalen Gesang, der aus den tiefsten Tiefen der Erde heraufzugrollen scheint – sondern überzeugt darüber hinaus mit einer beeindruckenden Atmosphäre. Geschickt eingeflochtene Keyboards, die das Album zusammenhalten, gehören hier ebenso zu den Schlüsselelementen wie das gefühlvolle Piano, die melodischen Leadgitarren und der zwischendurch aufblitzende, melancholische Klargesang, der in Kombination mit den düsteren Growls – natürlich – an Ahab denken lässt.

Doch auch verglichen mit diesen Giganten des Funeral Doom brauchen sich ATRAMENTUS nicht zu verstecken: Gerade die sanften, auf Keyboards und Samples basierenden Passagen klingen nicht nur atmosphärisch stark, sondern auch sehr eigenständig. So gelingt es den Kanadiern in den gebotenen 45 Minuten (genretypisch auf nur zwei Songs und ein Interlude verteilt) nicht nur, musikalisch zu begeistern, sondern auch einen klaren Eindruck zu vermitteln, wer ATRAMENTUS sind und worauf sie musikalisch abzielen. Gerade der dritte Song auf der CD, „Stygian III: Perennial Voyage“, ist hier ein wahrer Augenöffner: In 23:17 Minuten exerzieren ATRAMENTUS hier vom klassischen Funeral Doom über Ambient Doom bis hin zu einem furiosen, schwarzmetallen angehauchten Finale mit Double-Bass alles durch, was zum stattlichen Repertoire der noch jungen Band gehört.

„Stygian“ ist eines der stärksten Debüts, die man im Funeral Doom Metal seit Langem gehört hat: Das Album ist schlüssig und doch abwechslungsreich, atmosphärisch dicht und doch nicht überladen, vor allem aber technisch extrem gut gemacht und musikalisch mit einer sehr klar erkennbaren, eigenen Vision. So kann man ATRAMENTUS nur jedem Genrefan wärmstens empfehlen – und hoffen, dass die Kanadier ihr nächstes Album nicht wieder erst sechs Jahre in der Schublade liegen lassen …

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Wertung: 9 / 10

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