Review Downscarred – The Flower And The Fall

Der Herbst neigt sich dem Ende zu und aus den fallenden Blättern wurde vielerorts mittlerweile schon fallender Schnee, auch wenn die große weiße Pracht bislang dieses Jahr noch ausgeblieben ist. Trotzdem kein Grund schon die Winterdepressionen auszupacken, aber für ein wenig Herbstmelancholie ist vielleicht noch etwas Zeit. Die liefern uns die Wittener Gothic Rocker DOWNSCARRED mit dem passend betitelten „The Flower And The Fall“, dem ersten Album der Band unter der Flagge des Labels Sparkling Light Records und Nachfolger der Eigenproduktion „Embracing The Horizon“ aus dem Jahre 2005, frei Haus. Elf Tracks in der Schnittmenge von Gothic Rock und Metal mit teils englischen, teils deutschen, teils gemischten Texten, hin und wieder einem minimal symphonischen Einschlag und einer großen Portion Pathos in der Hinterhand. Na ob das was taugt?

Wenn ich die Frage jetzt gleich beantworten würde, hätte ich wohl schon mein ganzes Pulver verschossen, deswegen zögere ich das lieber noch ein wenig heraus. Jedenfalls langt der Fünfer nach dem sehr stimmigen Intro „Prolog: The Flower“ (interessante Vermischung von Deutsch und Englisch, das raschelnde Laub, der böhende Wind und die sanfte Melodie im Hintergrund sind aber wirklich sehr nett anzuhören) gleich in die Vollen. Die Streicherarrangements, die aufgefahren werden, gefallen gut, die Drumeinlagen ebenfalls und auch für nette Gitarrenarbeit zeigen die Jungs sich offen. Klar, technisch ist das alles sehr durchschnittlich, aber es steckt einfach Gefühl dahinter und das ist mir tausendmal lieber als handwerklich extremes Gitarrengewichse ohne Herz und Verstand… ich hab das Gefühl, das erwähnte ich hin und wieder schon mal.

Allerdings zeigt sich hier auch schon das erste Manko der Scheibe: Das Soundbild ist etwas unausgewogen geraten. Die Gitarren hätten einen Tacken lauter gedreht werden können, denn so dominiert das Keyboard extrem (gemeinsam mit Marco Blums Gesang, der gut in den Vordergrund gemischt wurde) und wenn das dann mal in Schweigen verfällt, dann sieht es etwas leer aus. Trotzdem noch nichts, woraus man der Band einen Strick drehen könnte, bislang machen die Wittener sich sehr gut. Sie beweisen nämlich nicht nur ein feines Gespür für Melodien, sondern auch mit ihrem Sänger ein glückliches Händchen. Der Klargesang von Marco Blum ist große Klasse, da braucht der Mann sich keinen Tadel gefallen zu lassen.

Etwas weniger gut macht er sich bei den mehrstimmigen Gesangspassagen, die sich im späteren Verlauf des Openers „White Lilies on a Coffin“ finden, die klingen etwas „wackelig“, wenn man das so sagen darf, aber auch das bewegt sich noch in anhörbaren Gefilden, womit ich mich etwas schwer tue sind seine Growls. Der erste Einsatz derselben am Anfang von „I Have Brought the Tears“ geht noch, aber das gepresste Geröchel vor und im Refrain… damit kann ich mich irgendwie nur schwerlich anfreunden. Das klingt einfach mehr nach heftigen Halsschmerzen als nach beabsichtigten extremen Gesangslagen. Glücklicherweise bemüht Marco sein Organ nicht übermäßig auf diese Art und Weise und bei ein paar Tracks („Mondnacht“ zum Beispiel) weiß das Gegrowle sogar ziemlich zu gefallen, aber naja.

Genug von vokalistischen Verfehlungen, was treibt eigentlich der Rest der Band so? Die machen sich auch den Rest der Trackliste hindurch sehr gut. Hier ein paar nette Melodien (die zwar immer recht pathetisch aufgezogen sind, aber nur sehr selten in übermäßigen Kitsch verfallen, wenn dann aber bis zum Ellenbogen, wie bei „Agony of Love“ zum Beispiel), da ein extrem gefälliger und eingängiger Mitsing-Refrain und hier und da ein paar sehr coole Riffs, die – ja, ich muss es noch mal erwähnen – einfach etwas lauter durch die Boxen schallen sollten. Klar, was DOWNSCARRED hier abfeiern ist nicht das Nonplusultra schlechthin, sondern eher Easy-Listening-Zeug, das sich gut hören lässt ohne jetzt groß tiefer zu gehen, aber es ist einfach nette, gefühlvolle und verdammt ehrliche Musik. Die Jungs mögen was sie machen und machen was sie mögen, das merkt man der Scheibe zu jedem Augenblick an.

Tja, wer schon das eine oder andere DOWNSCARRED-Review in den Weiten des World Wide Web gelesen hat, der müsste wissen, was jetzt eigentlich noch zu kommen hat… Die gute alte „Für die Texte wären sich sogar Crematory zu schade“-Phrasendrescherei. Naja, sorry, ich muss euch enttäuschen. Einerseits, weil ich mich mit Crematory kaum auskenne (ich hab irgendwann vor Jahren mal das Video zu „Greed“ im Fernsehn gesehen, aber das war auch schon alles), zum anderen weil ich die Texte auf „The Flower and the Fall“ so übel nicht finde. Klar, ein paar kitschige Plattitüden über Liebe und Leid kriegt man hier um die Ohren gehauen (der Refrain von „Agony of Love“ wurde anderenorts schon eingehender gewürdigt, aber ich kann mir einfach nicht verkneifen, es noch einmal zu tun), das will ich nicht wegdiskutieren, aber ich hab nicht das geringste Problem damit. Denn – wie oben schon erwähnt – die Texte sind einfach richtig schön eingängig und animieren spätestens beim dritten Mal zum Mitsingen. Und ein paar durchdachtere Passagen wie der Refrain von „Mondnacht“ oder große Teile von „Lost“ (das mich stellenweise ziemlich an Sentenced erinnert) sind ja glücklicherweise auch mit dabei.

So weit so gut also? Ja, eigentlich schon. DOWNSCARRED ziehen sich letzten Endes sehr amtlich aus der Affäre. Die Jungs spielen einfachen, ehrlichen Gothic Metal, mit dem man einen Haufen Spaß haben kann, wenn man sich drauf einlässt. Mankos sind vorhanden, klar, aber die fallen nicht so sehr ins Gewicht, dass man die CD jetzt gleich verteufeln müsste. Und vielleicht bessert sich das ja auf der nächsten Scheibe, die ich mal gespannt erwarte.

Wertung: 8 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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