Review Geist (2) – Für alle Zeit

Die Kölner Progrocker GEIST präsentieren mit „Für alle Zeit“ nach einer Eigenproduktion ihr Label-Debütalbum. Ein Blick auf die Songliste macht bereits klar: Die Texte des Albums sind durchgehend auf deutsch gehalten. Ein Fakt, der GEIST schon mal wohltuend von vielen anderen Bands abhebt. Und wie sieht es auf instrumentaler Ebene aus?

Auch hier bevölkert die Band ein eher seltenes Gebiet: Die zehn Nummern auf „Für alle Zeit“ klingen durch und durch nach Tool. Nicht, dass es heutzutage selten wäre, dass eine neue Band Einflüsse von Tool in ihren Sound aufnimmt – die sind ja schließlich das Bindeglied zwischen Prog und Alternative Rock und nebenbei auch noch ein Garant dafür, dass viele junge Leute die Platte des Newcomers kaufen, sobald nur ein „Sounds Like Tool“-Aufkleber auf der Hülle angebracht ist. Im Falle von Sänger Fares Rahmun & Co. ist es aber wirklich überdeutlich, Tool sind nicht nur die Paten, sondern die Väter ihrer Musik. Das vorliegende Album erinnert in Stimmung und Sound in etwa an „Aenima“, um mal den direkten Vergleich herzustellen. Die kompositorische Tiefe und Brillianz, die Tool erst mit ihren späteren Werken „Lateralus“ und vor allem „10.000 Days“ erreichten, fehlt demzufolge auch hier.

Dennoch sollte das keineswegs ein Grund sein, um die Band vorschnell abzustempeln. Die vier Jungs sind ziemlich raffiniert darin, atmosphärische Songs zu schreiben und diese recht tiefgehend klingen zu lassen, ohne technisch wirklich atemberaubende Kabinettstückchen zu vollführen. Großen Anteil an dieser Atmosphäre hat vor allem Fares Rahmun, der mit einer markanten, mal aggressiven und kreischenden, und mal zurückhaltenden und schmerzerfüllten Stimme der Musik der Band ihr lebhaftes Gesicht gibt. Sein Gesang erinnert durchaus an eine Mischung aus Heppner und Maynard James Keenan. Die Texte der Band beschäftigen sich mit den Problemen und dem Weltbild eines jungen Menschen, finden dabei stets lyrisch anmutende Worte – freilich auch mit dem ein oder anderen Ausfall wie „halt dein Maul“ wie in „Leider“. Allerdings sind diese Ausfälle nur Fares eigene Form, seinen Bedürfnissen, Wünschen und Träumen Nachdruck zu verleihen. Selbstzweifel, die verflossene Liebe, ein ganz eigenes Bild der Welt – all das thematisieren die Jungs auf „Für alle Zeit“, während musikalisch ein dominanter und prägnanter Bass, rohe und brachiale Gitarren und eine verspielte, eben toolige Rhythmussektion das musikalische Fundament für diese Gedanken bilden. Aber auch ruhige, psychedelische Passagen gibt es natürlich. Die Songs der Band bewegen sich dabei zwischen zwei bis acht Minuten, der letzte Track „Einssein“ ist leider nicht wie ursprünglich erwartet 19 Minuten lang; mich hätte wirklich interessiert, wie die Band mit einem solch langen Track umgehen würde. Stattdessen gibt es nach sieben Minuten Spielzeit das offizielle Ende und nach weiteren sechs Minuten Stille folgt ein Live-Bonustrack.

Insgesamt ist mir der Sound von GEIST zu roh und ungeschliffen, das ist natürlich nur mein persönlicher Geschmack. Am besten gefällt mir die Band dann, wenn sie die schroffen Gitarrenwände und den aufgewühlten Gesang einmal beiseite legt und wie in dem abschließenden „Einssein“ sich ganz darauf konzentriert, eine eindringliche Atmosphäre zu schaffen. Aber auch der Titeltrack weiß in dieser Hinsicht sehr zu gefallen. Weiterhin äußerst gelungen ist der Opener „Wer, wenn nicht ich“, der auch textlich enorm pointiert und treffend ist. Die Produktion kommt druckvoll und roh herüber – was sicherlich so gewollt ist – und fährt trotzdem viele kleine Details auf, die den Sound zusätzlich erweitern.

Eine klare Kaufempfehlung also für alle, die deutschsprachiger Rockmusik nicht abgeneigt sind, Tool oder ähnliches mögen und ihren Rock zudem gern groovig, bassig und trocken haben.

Wertung: 7 / 10

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